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Methoden regionalisierter dynamischer Mikrosimulationen

  • Das Ziel dynamischer Mikrosimulationen ist es, die Entwicklung von Systemen über das Verhalten der einzelnen enthaltenen Bestandteile zu simulieren, um umfassende szenariobasierte Analysen zu ermöglichen. Im Bereich der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften wird der Fokus üblicherweise auf Populationen bestehend aus Personen und Haushalten gelegt. Da politische und wirtschaftliche Entscheidungsprozesse meist auf lokaler Ebene getroffen werden, bedarf es zudem kleinräumiger Informationen, um gezielte Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Das stellt Forschende wiederum vor große Herausforderungen im Erstellungsprozess regionalisierter Simulationsmodelle. Dieser Prozess reicht von der Generierung geeigneter Ausgangsdatensätze über die Erfassung und Umsetzung der dynamischen Komponenten bis hin zur Auswertung der Ergebnisse und Quantifizierung von Unsicherheiten. Im Rahmen dieser Arbeit werden ausgewählte Komponenten, die für regionalisierte Mikrosimulationen von besonderer Relevanz sind, beschrieben und systematisch analysiert. Zunächst werden in Kapitel 2 theoretische und methodische Aspekte von Mikrosimulationen vorgestellt, um einen umfassenden Überblick über verschiedene Arten und Möglichkeiten der Umsetzung dynamischer Modellierungen zu geben. Im Fokus stehen dabei die Grundlagen der Erfassung und Simulation von Zuständen und Zustandsänderungen sowie die damit verbundenen strukturellen Aspekte im Simulationsprozess. Sowohl für die Simulation von Zustandsänderungen als auch für die Erweiterung der Datenbasis werden primär logistische Regressionsmodelle zur Erfassung und anschließenden wahrscheinlichkeitsbasierten Vorhersage der Bevölkerungsstrukturen auf Mikroebene herangezogen. Die Schätzung beruht insbesondere auf Stichprobendaten, die in der Regel neben einem eingeschränktem Stichprobenumfang keine oder nur unzureichende regionale Differenzierungen zulassen. Daher können bei der Vorhersage von Wahrscheinlichkeiten erhebliche Differenzen zu bekannten Totalwerten entstehen. Um eine Harmonisierung mit den Totalwerten zu erhalten, lassen sich Methoden zur Anpassung von Wahrscheinlichkeiten – sogenannte Alignmentmethoden – anwenden. In der Literatur werden zwar unterschiedliche Möglichkeiten beschrieben, über die Auswirkungen dieser Verfahren auf die Güte der Modelle ist jedoch kaum etwas bekannt. Zur Beurteilung verschiedener Techniken werden diese im Rahmen von Kapitel 3 in umfassenden Simulationsstudien unter verschiedenen Szenarien umgesetzt. Hierbei kann gezeigt werden, dass durch die Einbindung zusätzlicher Informationen im Modellierungsprozess deutliche Verbesserungen sowohl bei der Schätzung der Parameter als auch bei der Vorhersage der Wahrscheinlichkeiten erzielt werden können. Zudem lassen sich dadurch auch bei fehlenden regionalen Identifikatoren in den Modellierungsdaten kleinräumige Wahrscheinlichkeiten erzeugen. Insbesondere die Maximierung der Likelihood des zugrundeliegenden Regressionsmodells unter der Nebenbedingung, dass die bekannten Totalwerte eingehalten werden, weist in allen Simulationsstudien überaus gute Ergebnisse auf. Als eine der einflussreichsten Komponenten in regionalisierten Mikrosimulationen erweist sich die Umsetzung regionaler Mobilität. Gleichzeitig finden Wanderungen in vielen Mikrosimulationsmodellen keine oder nur unzureichende Beachtung. Durch den unmittelbaren Einfluss auf die gesamte Bevölkerungsstruktur führt ein Ignorieren jedoch bereits bei einem kurzen Simulationshorizont zu starken Verzerrungen. Während für globale Modelle die Integration von Wanderungsbewegungen über Landesgrenzen ausreicht, müssen in regionalisierten Modellen auch Binnenwanderungsbewegungen möglichst umfassend nachgebildet werden. Zu diesem Zweck werden in Kapitel 4 Konzepte für Wanderungsmodule erstellt, die zum einen eine unabhängige Simulation auf regionalen Subpopulationen und zum anderen eine umfassende Nachbildung von Wanderungsbewegungen innerhalb der gesamten Population zulassen. Um eine Berücksichtigung von Haushaltsstrukturen zu ermöglichen und die Plausibilität der Daten zu gewährleisten, wird ein Algorithmus zur Kalibrierung von Haushaltswahrscheinlichkeiten vorgeschlagen, der die Einhaltung von Benchmarks auf Individualebene ermöglicht. Über die retrospektive Evaluation der simulierten Migrationsbewegungen wird die Funktionalität der Wanderdungskonzepte verdeutlicht. Darüber hinaus werden über die Fortschreibung der Population in zukünftige Perioden divergente Entwicklungen der Einwohnerzahlen durch verschiedene Konzepte der Wanderungen analysiert. Eine besondere Herausforderung in dynamischen Mikrosimulationen stellt die Erfassung von Unsicherheiten dar. Durch die Komplexität der gesamten Struktur und die Heterogenität der Komponenten ist die Anwendung klassischer Methoden zur Messung von Unsicherheiten oft nicht mehr möglich. Zur Quantifizierung verschiedener Einflussfaktoren werden in Kapitel 5 varianzbasierte Sensitivitätsanalysen vorgeschlagen, die aufgrund ihrer enormen Flexibilität auch direkte Vergleiche zwischen unterschiedlichsten Komponenten ermöglichen. Dabei erweisen sich Sensitivitätsanalysen nicht nur für die Erfassung von Unsicherheiten, sondern auch für die direkte Analyse verschiedener Szenarien, insbesondere zur Evaluation gemeinsamer Effekte, als überaus geeignet. In Simulationsstudien wird die Anwendung im konkreten Kontext dynamischer Modelle veranschaulicht. Dadurch wird deutlich, dass zum einen große Unterschiede hinsichtlich verschiedener Zielwerte und Simulationsperioden auftreten, zum anderen aber auch immer der Grad an regionaler Differenzierung berücksichtigt werden muss. Kapitel 6 fasst die Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick auf zukünftige Forschungspotentiale.
  • The goal of dynamic microsimulation is to simulate the development of complex systems through the behavior of the individual components therein in order to enable comprehensive scenario-based analyses. In economic and social sciences, the focus is usually on populations consisting of individuals and households. Since political and economic decision-making processes are usually made at a local level, detailed information is also needed at the small-scale level to derive targeted recommendations. However, this poses challenges for researchers in conducting regionalized microsimulation models. This includes generating suitable initial data sets, measuring and simulating dynamic processes, evaluating the results, and quantifying uncertainties. This work describes and systematically analyzes selected components that are particularly relevant for regionalized dynamic microsimulations. Chapter 2 provides an overview of key concepts and techniques used in dynamic microsimulation modeling. Specifically, it covers the methodological basics of modeling and simulating states and state changes, as well as the related structural aspects in the simulation process. For both the generation of population dynamics and the extension of the initial dataset, logistic regression models are primarily used to measure and predict population structures at the micro level. Estimation is typically based on sample data, which, in addition to limited sample sizes, often do not allow for regional differentiations. As a result, differences to known total values can arise when predicting probabilities. To obtain harmonization with the total values, methods for adjusting probabilities -- so-called alignment methods -- are applicable. Although different possibilities are described in the literature, little is known about the effects of these procedures on the quality of the models and predictions. Therefore, in chapter 3, comprehensive simulation studies are conducted under various scenarios to compare different techniques. It can be shown that incorporating additional information in the modeling process using appropriate techniques leads to significant improvements in both parameter estimation and probability prediction. This enables the generation of small-area probabilities even when regional identifiers are not available in the modeling data. In particular, maximizing the likelihood of the underlying regression model under the constraint that the known totals are met shows exceptionally good results in all simulation studies. The implementation of regional mobility proves to be one of the most influential components in regionalized models. However, in many microsimulations, migration movements are either not considered at all or only inadequately accounted for, leading to strong biases in population structure. While for global models, accounting for migration across national borders is sufficient, internal migration has to be reproduced in regionalized models. In chapter 4, concepts for a migration module are developed, which allow for independent simulations on regional subpopulations and comprehensive replication of migration movements within the population. To account for household structures and ensure the plausibility of the data, an algorithm for calibrating household probabilities is proposed, which allows to meet individual level benchmarks. The functionality of the migration concept is demonstrated using retrospective evaluation of simulated migration movements. Furthermore, by simulating the population into future periods, divergent developments in population numbers are analyzed under different implementations of the migration processes. A major challenge in the field of dynamic microsimulations is the measurement of uncertainties. Due to the complexity of the entire structure and the heterogeneity of the components, the application of well-established variance estimation methods is often not feasible. For the quantification of different influencing factors, variance-based sensitivity analyses are proposed in chapter 5, which allow comparisons among a wide variety of components due to their enormous flexibility. In this context, sensitivity analyses prove to be suitable not only for the quantification of uncertainties, but also for the direct analysis of different scenarios, especially for the detection of joint effects. Simulation studies illustrate the application in the context of dynamic models. This demonstrates that, on the one hand, large differences occur with regard to different target values and simulation periods, and, on the other hand, the degree of regional differentiation must always be considered. Chapter 6 summarizes the findings of this thesis and provides an outlook on further research potentials.

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Verfasserangaben:Simon Schmaus
URN:urn:nbn:de:hbz:385-1-20497
DOI:https://doi.org/10.25353/ubtr-xxxx-512e-3257
Gutachter:Ralf Münnich, Johannes Kopp
Betreuer:Ralf Münnich
Dokumentart:Dissertation
Sprache:Deutsch
Datum der Fertigstellung:06.07.2023
Datum der Veröffentlichung:06.07.2023
Veröffentlichende Institution:Universität Trier
Titel verleihende Institution:Universität Trier, Fachbereich 4
Datum der Abschlussprüfung:24.02.2023
Datum der Freischaltung:10.07.2023
Freies Schlagwort / Tag:Demographische Simulationen; Kleinräumige Analysen; Mikrosimulationsmethoden; Mikrosimulationstheorie; Zeitdiskrete Mikrosimulationen
GND-Schlagwort:Migration; Mikrosimulation; Region; Regionale Mobilität; Unsicherheit; Wahrscheinlichkeit
Seitenzahl:xxxii, 426
Erste Seite:vi
Letzte Seite:426
Institute:Fachbereich 4 / Wirtschaftswissenschaften
DDC-Klassifikation:3 Sozialwissenschaften / 31 Statistiken / 310 Sammlungen allgemeiner Statistiken
Lizenz (Deutsch):License LogoCC BY-NC-SA: Creative-Commons-Lizenz 4.0 International

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