• Treffer 4 von 49
Zurück zur Trefferliste

Kleinformatige Bilder der römischen "Kernfamilie": Untersuchungen zu Typen,Ikonographie und Bedeutungen

Small format portraits of the roman nuclear family: typology, iconography and interpretation

  • Die vorliegende Arbeit untersucht das Bild der "Kernfamilie", das hier definitorisch wie folgt umrissen wurde: Auf einem geschlossenen Bildträger müssen beide Elternteile mit mindestens einem Nachkommen dargestellt sein, in einem reduzierten, nicht-narrativen Kontext. Als Hypothese wurde als Bezeichnung für dieses Bild der Begriff des "dynastischen Familienbildes" gewählt. Der Schwerpunkt lag auf kleinformatigen, nicht-sepulkralen Denkmälern, da gerade bei Grabdenkmälern sowohl regionale Traditionen sowie eine völlig andere Bedeutungsebene zu untersuchen wären. Die Untersuchung der römischen Familie und ihre Beurteilung in literarischen, epigraphischen, juristischen, numismatischen und archäologischen Quellen von der Republik bis in die Spätantike hat ergeben, dass sich einige Entwicklungslinien vom weit gefassten Familienverband der gens hin zur Kernfamilie" fassen lassen. Anders als in der Sepulkralkunst, wo eine ununterbrochene Tradition der Bilder der 'Kernfamilie' von den spätrepublikanischen Freigelassenenreliefs bis zu den Grabmedaillons vor allem in Dakien und Pannonien bis ins 4. Jahrhundert n. Chr. hinein besteht, setzt in der Kleinkunst eine dichte Überlieferung für diese Bilder erst in severischer Zeit ein. Seit dem 3. Jahrhundert wurden nun aber neben den Goldgläsern vor allem Gemmen, Ringe und Kameen mit Bildern der "Kernfamilie" geschaffen. In der Kleinkunst sind Aussagen zur Identifizierung der meist nicht benannten Familien schwierig; trotzdem ist es in den meisten Fällen möglich, die Personen in den Verwandtschaftsverhältnissen zueinander sicher zu bestimmen. Die Bilder folgen klaren Regeln, die in vier Deutungsebenen herausgestellt wurden: Das Deutungsmuster des "formalisierten Familienbildes" verweist auf die Regelhaftigkeit der Bildtypen. Die Anordnung der Personen erfolgte nicht willkürlich, jedem wird der ihm gebührende Platz zugewiesen. Damit ist das Bild auf den ersten Blick erfassbar. Nutzbar gemacht hat man sich bei der Schaffung dieser Bilder bereits bestehende Bildtypen; sie zeigten nämlich Ehepaare, Väter mit Nachkommen, Mütter mit Nachkommen oder nur die Kinder. Die Kleinkunst und die Münzen zeigen die Personen sowohl en face als auch im Profil. Allen gemeinsam ist jedoch die Tatsache, dass die Personen weder mit dem Betrachter, noch untereinander Blickkontakt aufnehmen wollen. Es geht also nicht um die Darstellung einer liebevollen Familie, die sich dem Betrachter präsentieren will und die in irgend einer Form interagiert. Das Bild ist stark repräsentativ und nicht-narrativ; es sollen Werte und Tugenden dargestellt werden. Daher kann von einem "hieratischen Familienbild" gesprochen werden. Der "hierarchische" Charakter zeigt sich, wenn die Rangfolge innerhalb der Familie gezeigt werden sollte. Hierzu dienten nicht nur die Position im Bild, die Anordnung im Verhältnis zu den anderen Familienmitgliedern, sondern auch Tracht und Insignien. Insgesamt kulminieren die Deutungsansätze im "programmatischen Familienbild". Das Bild der "Kernfamilie" ist trotz der sehr reduzierten Form in der Lage, eine Vielzahl an Werten und allgemeingültigen Tugenden zu verdeutlichen; Concordia, aeternitas, fecunditas und pietas sind nur die wichtigsten. Der bedeutsamste hinter den Bildern stehende Gedanke ist der der "Dynastie". Diese Absicht bzw. diese Hoffnung auf Fortdauer der Familie konnte durch das Bild der "Kernfamilie" einfach und wirkungsvoll transportiert werden. Aus diesem Grunde kann von einem "dynastischen Familienbild" gesprochen werden. Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass die Bilder der "Kernfamilie" nicht nur als Bilder realer Familien zu deuten sind, sondern auch topischen Charakter haben konnten. Es wird häufig nur ein Familienmitglied benannt, andere Personen werden unter Begriffen wie "cum parentibus" subsummiert. In diesen Fällen ist eine Entscheidung, ob die konkrete Familie gezeigt wird oder ob nur der Wert der Familie allgemein angezeigt werden soll, quasi unmöglich. Nur selten zeigen die dargestellten Personen wirklich individuelle Züge. Es handelt sich dabei aber wohl eher nicht um Porträts, sondern vielmehr um Bilder der "Rolle", welche die jeweilige Person in der Familie inne hatte. Es war also wichtiger, die Eltern von den Kindern unterscheiden zu können, als exakte Gesichtszüge wiederzugeben. Daher scheint es mir legitim zu sein, von einem "Kernfamilientopos" zu sprechen, der aber sehr wohl auch eine reale Familie zeigen kann. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass es zwar keinen Begriff für die "Kernfamilie" gab, dass man aber nach Auswertung aller Quellen und des "Kernfamilientopos" davon ausgehen kann, dass diese Familieneinheit nicht nur die Lebenswirklichkeit der meisten Menschen darstellte, sondern auch als Symbol für eine ganze Anzahl von Kerntugenden dienen konnte, die für den Fortbestand der Dynastie, nicht nur im kaiserlichen, sondern auch im privaten Bereich, sowie für die Stabilität des Reiches von elementarer Bedeutung waren.
  • This thesis presents an analysis of the portraiture of the nuclear family, according the follwing definition: Both parents must be depicted together with at least one of their children within a defined picture and a restricted non-narrative context. The denomination of 'dynastic family portraiture' is used as a hypothesis for this. The main focus has been put on small-format, non-sepulchral monuments since the inclusion of sepulchral monuments would have involved the analysis of regional traditions as well as of a totally different level of meaning. Some different development directions from the family collective (gens) to the nuclear family have been identified as a result of the analysis of roman family and it's assessment in literary, epigrafic, legal,numismatical and archeological sources from republican period to late antiquity. Sepulchral art delivers a continuous tradition of nuclear family portraiture since late republican times up to 4th century AD, from the freedmen-reliefs (the so-called 'Freigelassenenreliefs') to the medaillons in Dacia and Pannonia. In contrast to that, tradition of these portraitures in small objects art starts only in severian times. Starting in 3rd century AD in addition to goldglasses, intaglios, fingerrings and cameos with portraits of the nuclear family are manufactured. The identification of the families portraited on small objects art is generally difficult since the portraited are mostly unnamed. Nonetheless the relationship between the portraited can be clearly identified in most cases. The portraits follow established canons related to four levels of meaning: The interpretative pattern 'formalised family portrait' is based on the strictly standardized potrait types.The portraited's arrangement is not arbitrary, each of them is duly placed. This allows to immediately determine the portrait as such. Preexisting portratiting canons such as the portrait of married couples, fathers or mothers with their children or just children have been integrated. On small art objects and coins en-face portraits can be found as well as in profile portraits. Both share the fact that the portraited do not engage in eye contact neither with other portraited nor with the beholder. The intent is not the presentation of a loving interacting family, the portrait is strongly representative and not narrative symbolising common values and virtues. The term 'hieratic family portrait' seems to be appropriate. The hierarchical aspect emerges when showing family rank. For this purpose, the position within the portrait and relative to other family members as well as costume and insignia are used. Overall these considerations lead to the definition of a "programmatic family portrait". Despite its minimalism, the nuclear family portrait symbolises a multitude of common values and virtues, among these Concordia, aeternitas, fecunditas and pietas. The leading thought behind these portraits is the representation of "Dynasty". The hope and will for persistence of the family could easily and efficiently be communicated though the portrait of nulear family. This allows the term 'dynastic family portrait' A common hypothesis interprets nuclear family portraits not only as portraiture of real existing families but also as a topical representation. In many cases only one family member is named, other portraited are subsumed in phrases like 'cum parentibus'. In these cases it is not possible to diffentiate between the portraiture of a real family and the symbolizations of the family itself. Only in some rare cases the portraits show realistic individual facial features, leading to the interpretation as the representation of the role within the family instead of a realistic portraiture. The primary aim was to distinguish e.g. parents and children, not to show real facial features. In my opinion these facts allow the definition of a 'nuclear-family-topos'. Finally summing up all these facts and sources some conclusions can be drawn from this. Although not existing as an own term the 'nuclear family' not only most probably was the common reality for most people but was also used as symbol for a multitude of cardinal virtues. These were essential to the continuity of dynasty, not only to the imperial family, but also for normal people and to the stability of the empire.

Volltext Dateien herunterladen

Metadaten exportieren

Weitere Dienste

Teilen auf Twitter Suche bei Google Scholar
Metadaten
Verfasserangaben:Barbara Weber-Dellacroce
URN:urn:nbn:de:hbz:385-9127
DOI:https://doi.org/10.25353/ubtr-xxxx-2df9-4d71/
Betreuer:Torsten Mattern
Dokumentart:Dissertation
Sprache:Deutsch
Datum der Fertigstellung:19.02.2015
Veröffentlichende Institution:Universität Trier
Titel verleihende Institution:Universität Trier, Fachbereich 3
Datum der Abschlussprüfung:15.12.2011
Datum der Freischaltung:19.02.2015
Freies Schlagwort / Tag:Kernfamilie; römisches Familienbild
family portrait; nuclear family; roman family
GND-Schlagwort:Familie; Familienbildnis; Kleinkunst; Spätantike
Institute:Fachbereich 3 / Archäologie
DDC-Klassifikation:9 Geschichte und Geografie / 93 Geschichte des Altertums (bis ca. 499), Archäologie / 930 Geschichte des Altertums bis ca. 499, Archäologie

$Rev: 13581 $