Modellierung, Visualisierung und Ausführung wissensintensiver Prozesse unter Verwendung Semantischer Technologien
Modeling, Visualization and Execution of Knowledge-intensive Processes using Semantic Technologies
- In vielen Branchen und vor allem in großen Unternehmen gehört eine Unterstützung von Geschäftsprozessen durch Workflow-Management-Systeme zum gelebten Alltag. Im Zentrum steht dabei die Steuerung kontrollflussorientierter Abläufe, während Prozesse mit einem Schwerpunkt auf Daten, Informationen und Wissen meist außen vor bleiben. Solche wissensintensive Prozesse (engl.: knowledge intensive processes) (KiPs) sind Untersuchungsgegenstand in vielen aktuellen Studien, welche ein derzeit aktives Forschungsgebiet formen.
Im Vordergrund solcher KiPs steht dabei das durch die mitwirkenden Personen eingebrachte Wissen, welches in einem wesentlichen Maß die Prozessausführung beeinflusst, hierdurch jedoch die Bearbeitung komplexer und meist hoch volatiler Prozesse ermöglicht. Hierbei handelt es sich zumeist um entscheidungsintensive Prozesse, Prozesse zur Wissensakquisition oder Prozesse, die zu einer Vielzahl unterschiedlicher Prozessabläufe führen können.
Im Rahmen dieser Arbeit wird ein Ansatz entwickelt und vorgestellt, der sich der Modellierung, Visualisierung und Ausführung wissensintensiver Prozesse unter Verwendung Semantischer Technologien widmet. Hierzu werden als die zentralen Anforderungen zur Ausführung von KiPs Flexibilität, Adaptivität und Zielorientierung definiert. Daran anknüpfend werden drei zentrale Grundprinzipien der Prozessmodellierung identifiziert, welche in der ersten Forschungsfrage aufgegriffen werden: „Können die drei Grundprinzipien in einem einheitlichen datenzentrierten, deklarativen, semantischen Ansatz (welcher mit ODD-BP bezeichnet wird) kombiniert werden und können damit die zentralen Anforderungen von KiPs erfüllt werden?”
Die Grundlage für ODD-BP bildet ein Metamodell, welches als Sprachkonstrukt fungiert und die Definition der angestrebten Prozessmodelle erlaubt. Darauf aufbauend wird mit Hilfe von Inferenzierungsregeln ein Verfahren entwickelt, welches das Schlussfolgern von Prozesszuständen ermöglicht und somit eine klassische Workflow-Engine überflüssig macht. Zudem wird eine Methodik eingeführt, die für jede in einem Prozess mitwirkende Person eine maßgeschneiderte, adaptive Prozessvisualisierung ermöglicht, um neben dem Freiheitsgrad der Flexibilität auch eine fundierte Prozessunterstützung bei der Ausführung von KiPs leisten zu können. All dies erfolgt innerhalb einer einheitlichen Wissensbasis, die zum einen die Grundlage für eine vollständige semantische Prozessmodellierung bildet und zum anderen die Möglichkeit zur Integration von Expertenwissen eröffnet. Dieses Expertenwissen kann einen expliziten Beitrag bei der Ausführung wissensintensiver Prozesse leisten und somit die Kollaboration von Mensch und Maschine durch Technologien der symbolischen KI ermöglichen. Die zweite Forschungsfrage greift diesen Aspekt auf: „Kann in dem ODD-BP Ansatz ontologisches Wissen so integriert werden, dass dieses in einer Prozessausführung einen Beitrag leistet?”
Das Metamodell sowie die entwickelten Methoden und Verfahren werden in einem prototypischen, generischen System realisiert, welches grundsätzlich für alle Anwendungsgebiete mit KiPs geeignet ist. Zur Validierung des ODD-BP Ansatzes erfolgt eine Ausrichtung auf den Anwendungsfall einer Notrufabfrage aus dem Leitstellenumfeld. Im Zuge der Evaluation wird gezeigt, wie dieser wissensintensive Ablauf von einer flexiblen, adaptiven und zielorientierten Prozessausführung profitiert. Darüber hinaus wird medizinisches Expertenwissen in den Prozessablauf integriert und es wird nachgewiesen, wie dieses zu verbesserten Prozessergebnissen beiträgt.
Wissensintensive Prozesse stellen Unternehmen und Organisationen in allen Branchen und Anwendungsfällen derzeit vor große Herausforderungen und die Wissenschaft und Forschung widmet sich der Suche nach praxistauglichen Lösungen. Diese Arbeit präsentiert mit ODD-BP einen vielversprechenden Ansatz, indem die Möglichkeiten Semantischer Technologien dazu genutzt werden, eine eng verzahnte Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine bei der Ausführung von KiPs zu ermöglichen. Die zur Evaluation fokussierte Notrufabfrage innerhalb von Leitstellen stellt zudem einen höchst relevanten Anwendungsfall dar, da in einem akuten Notfall in kürzester Zeit Entscheidungen getroffen werden müssen, um weitreichenden Schaden abwenden und Leben retten zu können. Durch die Berücksichtigung umfassender Datenmengen und das Ausnutzen verfügbaren Expertenwissens kann so eine schnelle Lagebewertung mit Hilfe der maschinellen Unterstützung erreicht und der Mensch beim Treffen von richtigen Entscheidungen unterstützt werden.
- In many industries and especially in large companies, supporting business processes with workflow management systems are part of everyday life. The focal point is mainly on control-flow-oriented processes, while processes focusing on data, information, and knowledge are usually left out. Such knowledge-intensive processes (KiPs) are the subject of investigation in many current studies, which form an active field of research.
In the foreground of such KiPs, there is the knowledge brought in by the persons involved, which influences the execution of a process to a significant degree, but on the other hand enables the handling of complex and often highly volatile processes. These are mostly decision-intensive processes, processes for knowledge acquisition, or processes that can lead to many different process flows.
In the context of this thesis, an approach is developed and presented, which is dedicated to the modeling, visualization, and execution of knowledge-intensive processes by using semantic technologies. For this purpose, the major requirements to execute KiPs are defined as flexibility, adaptivity, and goal orientation. Based on this, three fundamental principles of process modeling are identified, which are addressed with the first research question: „Can the three fundamental principles be combined into a unified data-centric, declarative, semantic approach (which will be labeled ODD-BP) and thus meet the central requirements of KiPs?"
The foundation for ODD-BP is a metamodel that acts as a language construct and allows the definition of the envisioned process models. Based on this, a procedure is developed using inferencing rules, which allow to deduce process states and thus makes a classical workflow engine superfluous. In addition, a methodology is introduced to provide a customized adaptive process visualization for each person involved in a process, thus providing not only the degree of freedom of flexibility, but also process support for the execution of KiPs. All this is done within a unified knowledge base, which forms the basis for a complete semantic process modeling on the one hand and, on the other hand, opens the possibility to integrate expert knowledge. This expert knowledge directly contributes to the execution of knowledge-intensive processes, thus enabling human-machine collaboration through symbolic AI technologies. The second research question addresses this aspect: „Can ontological knowledge be integrated into the ODD-BP approach so that it contributes to a process execution?"
The metamodel as well as the developed methods and procedures will be implemented in a prototypical generic system, which is basically suitable for all application areas with KiPs. For the validation of the ODD-BP approach, the use case of an emergency call is focussed within the environment of an emergency control center. The evaluation course shows how this knowledgeintensive process benefits from a flexible, adaptive, and goal-oriented process execution. Furthermore, medical expert knowledge is integrated into the process flow and it is demonstrated how this contributes to improved process outcomes.
Knowledge-intensive processes challenge companies and organizations in all industries while academia and research are dedicated to find practical solutions. This work presents ODD-BP, a promising approach by leveraging the power of semantic technologies to enable tightly integrated human-machine collaboration in the execution of KiPs. The emergency call procedure within an emergency control center represents a highly relevant use case, since in an acute emergency, decisions have to be made in the shortest possible time to avert far-reaching damage and save lives. By taking into account extensive amounts of data and exploiting available expert knowledge, a rapid assessment of a situation can be achieved with the help of machine support, while humans can be assisted in making the right decisions.