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Interindividuelle Variabilität von Makro- und Mikrostruktur des Corpus callosum: Determinanten und funktionelle Relevanz

Interindividual variability in macro- and microstructure of the corpus callosum: its determinants and functional relevance

  • Das Corpus callosum spielt, als die größte interhemisphärische Verbindung, eine entscheidende Rolle bei der Integration und der Koordination von Verarbeitungsprozessen der beiden Großhirnhemisphären. Betrachtet man das Corpus callosum auf mediansagittalen Gehirnschnitten verschiedener Individuen, so wird eine hohe interindividuelle Variabilität in Größe und Form dieser Struktur deutlich, welche die Frage nach der funktionellen Relevanz dieser Differenzen nahe legt. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, mögliche Determinanten und Korrelate dieser Variabilität zu bestimmen und funktionelle Folgen der interindividuellen Unterschiede zu untersuchen. Zur Bearbeitung dieser Fragestellung wurden vier empirische Studien durchgeführt, in denen die interindividuellen Unterschiede im Aufbau des Corpus callosum mit einer Kombination aus herkömmlicher morphologischer Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT) und Diffusions-Tensor-Bildgebung (DT-MRT) erfasst wurden. Die Anwendung der DT-MRT ermöglicht es, über die Beschreibung der Diffusion von Wassermolekülen im Gehirngewebe, Aussagen auch über den mikrostrukturellen Aufbau des Gehirngewebes abzuleiten. Der gewählte methodische Ansatz ging somit über die traditionell makroanatomische Vermessung hinaus und führte zur Erfassung der callosalen Variabilität sowohl auf makro- als auch auf mikrostruktureller Ebene. In Studie 1 wurde der Effekt von Geschlecht und Händigkeit auf die Variabilität des Corpus callosum untersucht, da von beiden Variablen bekannt ist, dass sie mit Unterschieden in der funktionellen Organisation und Lateralisierung des Gehirns assoziiert sind. Dabei konnte bei Männern im Vergleich zu Frauen bzw. bei Rechts- im Vergleich zu Linkshändern eine größere mediansagittale Schnittfläche gefunden werden. Zudem sprechen die Unterschiede in den gemessenen Diffusionsparametern für eine höhere Dichte von Gewebekomponenten, wie Axone und Oligodendroglia, im Corpus callosum von Männern und Linkshändern. Die Ergebnisse liefern somit einen indirekten Hinweis auf eine mögliche Bedeutung callosaler Variabilität im Kontext der funktionellen Lateralisierung des Gehirns. Direkte Befunde hierzu liefert Studie 2. Hier konnte ein eigenständiger Einfluss der funktionellen Asymmetrie der Großhirnhemisphären auf den Aufbau des Corpus callosum nachgewiesen werden. Am Beispiel der Sprachproduktion wurde gezeigt, dass eine Zunahme der Asymmetrie von aufgabenbezogener Gehirnaktivität (gemessen mit funktioneller MRT) mit einem stärkeren Vorhandensein von Diffusionshindernissen assoziiert ist. Dies kann sowohl als Anzeichen einer dichteren Packung als auch einer stärkeren Myelinisierung der callosalen Axone interpretiert werden. In den Studien 3 und 4 wurden schließlich deutliche Hinweise auf die Bedeutung der interindividuellen callosalen Variabilität für den Informationsaustausch zwischen den Großhirnhemisphären gefunden. Die Transferzeit, gemessen als interhemisphärische Latenzunterschiede in der ereigniskorrelierten Gehirnaktivität nach lateralisierter visueller Stimulation, korrelierte negativ mit der Stärke der Diffusion im posterioren Corpus callosum (Studie 3). Zudem konnte unter Verwendung der Methode der dichotischen Stimulation demonstriert werden, dass die Qualität des interhemisphärischen Transfers auditiver Informationen substanziell von der Größe und vom mikrostrukturellen Aufbau des Corpus callosum abhängig ist (Studie 4). Des Weiteren spricht die Analyse der Diffusionsparameter für eine bedeutsame Rolle der mikrostrukturellen callosalen Variabilität auch bei der aufmerksamkeitsabhängigen Verarbeitung sensorischer Informationen. In den hier berichteten Arbeiten konnten somit gezeigt werden, dass nicht nur die Schädigung des Corpus callosum (z.B. nach chirurgischer Durchtrennung), sondern auch dessen natürlich auftretende interindividuelle Variabilität eine funktionelle Relevanz besitzt. Vor allem die Betrachtung der mikrostrukturellen Eigenschaften des Corpus callosum hat sich dabei als sehr nützlich erwiesen. Daraus folgt, dass die DT-MRT-Parameter eine wertvolle methodologische Ergänzung darstellen und in Kombination mit der klassischen makrostrukturellen Größenmessung eine umfassende Beurteilung des Corpus callosum erlauben.
  • The corpus callosum, as the major commissural tract, has proven to play an important role in the functional integration and coordination of the cerebral hemispheres. Looking at midsagittal slices of anatomic magnetic resonance imaging (MRI) obtained from different individuals, it becomes evident that there exists a great interindividual variability in size and shape of the corpus callosum. From this observation, the question arises whether this structural variability may possess a functional significance. The present work was realized to further examine this question by looking for determinants, correlates, and functional consequences of the callosal variability. Therefore, four studies were conducted, in which interindividual variability of the corpus callosum was assessed by applying a combination of conventional morphological and diffusion-tensor MRI (DTI). Measuring the diffusion of water molecules, the DTI technique provides indirect information about the microstructural architecture of brain tissue. Thus, the chosen methodological approach extended earlier studies by characterizing the corpus callosum on both macro- and microstructural level. Study 1 was designed to analyze the effect of sex and handedness on the corpus callosum since both variables are known to be associated with differences in the functional organization and lateralization of the brain. A larger corpus callosum was found in males as compared to females and in right- as compared to left-handed subjects. Additionally, the DTI analysis provided evidence for a stronger presence of diffusion barriers (such as axon membrane and oligodendroglia) in the corpus callosum of male and left-handed subjects. While these results gave only an indirect evidence for the relevance of callosal variability in cerebral lateralization, a more direct association was revealed in study 2. Here, a stronger lateralization of language production (determined by a functional MRI paradigm) was found to be positively related to the presence of more diffusion barriers within the corpus callosum. This result may be interpreted to reflect more or stronger myelinated axons in stronger lateralized subjects. In the studies 3 and 4 substantial correlations between callosal variability and properties of the information transfer between the hemispheres were detected. Callosal transfer time, estimated from interhemispheric latency differences in evoked potentials in response to lateralized visual stimulation, correlated negatively with the strength of the diffusion in the posterior corpus callosum (study 3). Applying the method of dichotic listening, study 4 showed the quality of interhemispheric transfer of auditory information to be dependent of the callosal microstructure. Furthermore, this study also revealed that microstructural variations of the corpus callosum are likely to be of functional importance in the (top-down) attentional modulation of sensory input. Taken together, the four presented studies demonstrated that not only the destruction of the callosal pathways (e.g., in callosotomized subjects) but also its naturally occurring variability in healthy subjects is of functional significance. Thereby, the analyses especially benefited from the inspection of the microstructural corpus callosum properties derived from DTI. Thus, quantitative DTI parameters have proven to be a valuable supplement to the classical macrostructural approach to obtain a comprehensive assessment of corpus callosum architecture.

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Metadaten
Verfasserangaben:René Westerhausen
URN:urn:nbn:de:hbz:385-3757
DOI:https://doi.org/10.25353/ubtr-xxxx-32ed-7c28/
Betreuer:René Westerhausen
Dokumentart:Dissertation
Sprache:Deutsch
Datum der Fertigstellung:16.08.2006
Veröffentlichende Institution:Universität Trier
Titel verleihende Institution:Universität Trier, Fachbereich 1
Datum der Abschlussprüfung:11.07.2006
Datum der Freischaltung:16.08.2006
Freies Schlagwort / Tag:Diffusions-Tensor-Bildgebung; interhemisphärischer Transfer
brain asymmetry; copus callosum; diffusion tensor imaging; interhemispheric transfer; magnetic resonance imaging
GND-Schlagwort:Corpus callosum; Hemisphärendominanz; NMR-Tomographie
Institute:Fachbereich 1 / Psychologie
DDC-Klassifikation:1 Philosophie und Psychologie / 15 Psychologie / 150 Psychologie

$Rev: 13581 $