Refine
Document Type
- Doctoral Thesis (3) (remove)
Language
- German (3) (remove)
Has Fulltext
- yes (3) (remove)
Keywords
- Geschlechterforschung (3) (remove)
Institute
- Anglistik (1)
- Ethnologie (1)
- Germanistik (1)
In dieser Dissertation wird das bürgerliche Trauerspiel von Lessing bis Hebbel aus Sicht der Gender Studies und der Kulturwissenschaft untersucht. Zuerst lässt sich das Folgende über den Zusammenhang von Geschlechterdifferenz und bürgerlichem Trauerspiel erschließen: Die dramatis personae in den bürgerlichen Dramen inkarnieren in extremer Weise die männlich-orientierte Geschlechterdifferenz der bürgerlichen Zeit und demonstrieren deutlich die allumfassende Bedeutung von Vaterschaft und Männlichkeit. Trotzdem ist es von Nöten, die Tochterfiguren, die in Konflikt mit diesen Vaterfiguren geraten, hinsichtlich ihrer Bestrebung die männlich-dominierte Geschlechterdifferenz zu überwinden und ihrer aufklärerischen Ideale wie Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein zu betrachten. Die abwesenden, unmündigen und gesellschaftsorientierten Mütter (mater societastis) sowie die grausamen Mütter bzw. bösen Frauen (mater et mulier male) werden in extremer Weise durch die männlich-orientierte Tradition und Kultur dargestellt. Deshalb gilt es bei allem emanzipatorischem Potenzial, das durch die Darstellungen der guten Mutterschaft (mater domestica) durch die Ersatzmutterfiguren und die Adoptionsidee verwirklicht wird, zu betonen, dass diese neuen Verwandtschaftsformen nicht aus neutraler Sicht bzw. nicht aus dem Interesse des Weiblichen, sondern aus männlicher Sicht dargestellt und vorgestellt werden.
Die Dissertation illustriert die Entwicklung der angelsächsischen Sittenkomödie von den Theaterstücken der englischen Restoration Comedy der 1660er Jahre zu den Tonfilmen der Screwball Comedy in Hollywoods Glanzzeit der 1930er Jahre und deren Nachfolgern bis in das neue Jahrtausend. Zugleich wird die Genre-Evolution der hier erstmals so bezeichneten "Screwball Comedy of Manners" aufgezeigt und anhand zweier prototypischer Filmbeispiele (The Awful Truth, 1937 und Bringing up Baby, 1938) exemplarisch veranschaulicht. Die Arbeit entwirft also ein interdisziplinäres Panorama eines kommerziellen dramatischen Genres, dessen interkulturelle und intermediale Zusammenhänge bisher, insbesondere von der US-amerikanischen Filmgeschichtsschreibung, ignoriert oder als peripher abgewertet wurden. Die ungebrochene Aktualität und Attraktivität des Genres liegt im zentralen Sujet des Geschlechterkampfes begründet, der hier als spielerisches Kräftemessen zweier gleichberechtigter Gegner entworfen wird. Vor dem Hintergrund einer kultivierten, privilegierten Gesellschaft entfaltet sich das exzentrische Liebeswerben des elitären "gay couple" (des "heiteren", glücklichen Paares) als engagierter, nicht jedoch aggressiv-destruktiver "Wettkampf". Die "Kontrahenten" erleben ihren Antagonismus als Symptom, Motor und Basis des gegenseitigen Interesses - "Verlierer" sind nur die Rivalen des Paares, deren Mangel an Witz, Tempo und Flexibilität gnadenlos bloßgestellt wird. Die Transformationen, die die englischsprachige Sittenkomödie in mehr als drei Jahrhunderten naturgemäß durchläuft, sind jeweils Ergebnisse politischer, kulturhistorischer und medienästhetischer Gegebenheiten und widerlegen keineswegs eine literarhistorische Kontinuität des Genres. Interessanter als die offensichtlichen Unterschiede zwischen Restoration- und Screwball Comedy sind die frappierenden generischen Gemeinsamkeiten, die die Bezeichnung "Screwball Comedy of Manners" rechtfertigen. Das Genre bleibt für Zuschauer und Wissenschaftler nicht zuletzt ob seiner Fähigkeit interessant, sozio-kulturelle Konflikte (männliche vs. weibliche Dominanz, Individualität vs. Integration) scheinbar mühelos auszubalancieren. Liebe, Ehe, Partnerschaftlichkeit und Humor werden hier unsentimental, geistreich, psychologisch komplex und dennoch zutiefst optimistisch als untrennbare Komponenten individuellen und gesellschaftlichen Glücks präsentiert.
Die vorliegende Arbeit ist eine Fallstudie zu Gender- und ethnischen Identitäts- und Differenzkonstruktionen in einer indigenen Gemeinde im Tiefland Ecuadors. Sie sucht folgende Fragen zu beantworten: I. Wie wird Gender im sog. "Oriente" Ecuadors verhandelt und performativ produziert? Existieren Gegenstimmen und Subversionen zu dominanten Genderrollen, und wenn ja, in welcher Form? II. Wie entwerfen die Napo Runa von der sogenannten Peripherie aus ihre nationale und ethnische Identität? Welche Diskurse und praktischen Strategien entwickeln sie im Umgang mit den ethnisch "Anderen" innerhalb des nationalen, ecuadorianischen Kontextes? III. Auf welche Art und Weise sind die Kategorien Gender, Ethnizität und Nation ineinander verwoben? Wie werden Männlichkeiten und Weiblichkeiten in Abgrenzung und Anziehung zum ethnisch "Anderen" konstruiert? Wie werden dabei hegemoniale Gender-, ethnisch-rassische und nationale Diskurse und Praxen von den Runa aufgenommen, verarbeitet und umgedeutet? In der feministisch ausgerichteten Gender-Forschung dienen "nicht-westliche" Beispiele häufig dazu, Alternativen zur euro-amerikanischen binären, heteronormativen Geschlechterordnung aufzuzeigen und letztere somit zu dekonstruieren. Diese Fallstudie zu den Tiefland-Runa in Ecuador kann dazu nur sehr bedingt einen Beitrag leisten: Die Runa bestehen auf der Dichotomie weiblich-männlich, die nach dem biologischen Geschlecht des Kindes bei der Geburt bestimmt wird. Und dennoch erfordert das Herausbilden der "richtigen" Genderidentität aus indigener Perspektive von Kindheit an beständige Formung, was sich besonders in der früh einsetzenden Arbeitsteilung äußert, welche Wissen in den Körper "einschreibt". Wer die gegenderten, alltagspraktischen Techniken in seinen/ihren Körperhabitus übernommen hat, gilt als "richtiger Mann" resp. "richtige Frau", als erwachsen. Der biologischen Reifung des Körpers wird dagegen weniger Bedeutung beigemessen. Explizit ausformuliert wird die für gesellschaftliches Leben als unerlässlich angesehene Komplementarität beider Geschlechter. Die jüngere ethnographische Literatur zum Amazonastiefland tendiert mehrheitlich zur Gleichsetzung dieser Komplementarität mit einem egalitären Geschlechterverhältnis. Meine Daten deuten jedoch auf ein unausgeglichenes Machtverhältnis zwischen Männern und Frauen hin. Eine klare Hierarchie lässt sich in verschiedenen Bereichen ablesen, wie z.B. dem unterschiedlichen Zugang zu politischer Macht, spirituellem Wissen, ökonomischen Möglichkeiten, Arbeitszeitaufteilung, Bewegungsfreiheit und Verfügungsgewalt über den eigenen und fremde Körper. Auch in der Abgrenzung der Runa gegenüber anderen ethnischen Gruppen spielt die Kategorie Geschlecht eine zentrale Rolle. Entlang der Runa-Ideale von geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung und Verhaltensidealen werden Grenzen gezogen. Dabei sind es die MestizInnen, welche die wichtigste Rolle in diesem fortwährenden identitätszeichnenden und -versichernden Prozess als direkte und dominanteste Gegenüber spielen. Einerseits sucht man sich gegen mestizische Dominanz und Vereinnahmung durch Betonung der eigenen, ethnisierten Kraft und Stärke und einer "reinen" Heiratspraxis zu erwehren. Andererseits eifert insbesondere die jüngere Generation, auch in ihren Genderentwürfen, einem mestizischen Lebensstil als Inbegriff von "Zivilisation", Modernität, Urbanität und Fortschrittlichkeit nach und versucht, dies besonders durch Bildung zu erreichen. Speziell in den Feminitätsentwürfen der ruralen, traditionellen runa warmi und ihrem Gegenstück "urbane Mestizin" findet dieser Widerspruch seinen Ausdruck. Für Männer stellt das Militär den größten außerdörflichen Einfluss auf jugendliche maskuline Runa-Identitätsbildung dar und drängt diese zusehends in die Richtung eines mestizisch-virilen Männlichkeitsideals, das eng verbunden ist mit einer nationalen Identität als Ecuadorianer. Beruhend auf Viveiros de Castros" Multinaturalismus-Theorie findet man in der wissenschaftlichen Literatur zum Amazonastiefland immer wieder die Darstellung äußerst aufnahmefähiger, flexibler Gesellschaften, welche starren ethnischen Grenzen mit größter Skepsis zu begegnen wüssten. Die Inkorporierung "Fremder", seien sie Affinalverwandte oder ethnisch different, geschehe über die konstante gemeinsame Produktion entlang der gegenderten Arbeitsteilung und den Konsum der gleichen Nahrung, die zusehends und fortlaufend die Unterschiede zwischen Menschen nivellieren. Ich halte diese Einschätzung amazonischen Gemeinschaftslebens für idealisiert. Sie mag partiell richtig sein, jedoch wird "Fremdartigkeit" nie ganz vergessen. Eine gewisse "fremde" Essenz, welcher Art diese auch immer sein möge, bleibt bestehen " unabhängig davon, ob die Betreffenden die geschlechtsspezifischen Runa-Körpertechniken erlernt haben. Es stehen hier m. E. zwei Diskurse nebeneinander.