Diese Arbeit betrachtet die formalen, semantischen und pragmatischen Eigenschaften produktiv gebildeter Partikelverben mit präpositionenähnlichen Verbzusätzen. Der empirische Teil basiert auf zahlreichen Belegen für mehr als 2500 Partikelverb-Neubildungen mit "ab-", "an-", "auf-", "aus-" und "ein-", die im Zuge einer exhaustiven Korpusstudie mitsamt ihren Kontexten in einem pressesprachlichen Korpus erhoben wurden. Im Zentrum steht die Untersuchung von mehr als 500 neologistischen Partikelverben mit "an-". Zunächst anhand von formalen Kriterien (vorrangig der Argumentstruktur) in fünf Gruppen sortiert, werden die semantischen und pragmatischen Eigenschaften dieser Gruppen mittels einer Betrachtung der einzelnen Verbvorkommen in ihren authentischen Gebrauchskontexten untersucht. Dabei wird insbesondere eine pragmatische Funktionalisierung der ursprünglichen Richtungssemantik nachvollzogen. Zwei offene Fragen der Partikelverb-Forschung werden in ergänzenden Fallstudien detailliert untersucht. Die erste widmet sich sogenannten "Kontaminationsbildungen" und zeigt, dass diese im Bereich der Partikelverben präzise angebbaren Regularitäten folgen. Die zweite beleuchtet anhand von 99 neologistischen Analogiebildungen zum lexikalisierten Verb "aufwerten" formale und semantisch-pragmatische Aspekte der Bildung von Partikelverben und revidiert damit das problematische Verhältnis von Analogie und Produktivität in der Wortbildungstheorie. Die an den Neubildungen gewonnenen Erkenntnisse werden schließlich auf den Wortschatzausschnitt der etablierten, lexikalisierten Partikelverben abgebildet. Dabei wird gezeigt, wie die Untersuchung produktiver Schemata anhand von Neubildungen zur Entwicklung von Objektivierungsheuristiken führen kann, die auch bei den lexikalisierten Formen die systematisch-regelhaften von den irregulär-idiosynkratischen zu trennen vermögen. Von unmittelbarem praktischem Nutzen ist das beispielsweise für die Sprachdidaktik, wie abschließend erläutert wird.
Die Arbeit setzt sich mit den theoretischen und praktischen Aspekten der Analyse und Edition eines literarisch wichtigen Textes mit Methoden der Digital Humanities sowie der Korpus- und Computerlinguistik auseinander. Als Materialgrundlage dient das luxemburgischsprachige Werk des Michel Rodange. Hierzu gehören die Werke "Renert oder de Fuuss am Frack an a Maansgréisst" - ca. 35.000 Tokens, "Dem Léiweckerche säi Lidd" - ca. 5.000 Tokens, "Dem Grof Sigfrid seng Goldkuemer" - ca. 10.000 Tokens und zwei Gedichte - ca. 500 Tokens. Auf der empirischen Seite handelt es sich um die Erstellung eines elektronischen Korpus mit historisch-kritischen und linguistischen Annotationen und dessen Darstellung im Internet als Webportal. Dabei entsteht eine Wechselwirkung zwischen Theorie und Praxis, so werden die erstellten Annotationen verwendet, um das Werk aus sprach- und literaturwissenschaftlicher Perspektive zu untersuchen; diese Erkenntnisse können dann wiederum bei der Implementierung der Tools eingesetzt werden, um den Korrektheitsgrad der automatischen Annotation zu erhöhen. Die historisch-kritischen Annotationen beinhalten beispielsweise Lesarten, Korrekturen sowie Worterklärungen, wohingegen die linguistischen Annotationen die Orthographie, Morphologie (Wortklassen und Lemmata) und Phraseologie betreffen. Die Annotationen werden in der Markup-Sprache XML kodiert. Der erste Schritt der Erstellung eines elektronischen Korpus ist die Digitalisierung der Texte. Bei den Handschriften geschah dies mithilfe einer manuellen Transkription, bei den Drucken wurde auf eine OCR-Software zurückgegriffen. Es empfiehlt sich, bereits in dieser Phase den Text gut zu strukturieren und mit Annotationen zu versehen. Dabei wurden zunächst Metadaten festgehalten. Anschließend wurden Informationen wie Seitenzahl, Zeilenumbrüche etc. als Annotationen hinzugefügt. Von besonderer Bedeutung für die Erstellung eines Korpus aus einem historisch und literarisch wichtigen Text ist jedoch seine Anreicherung mit historisch-kritischen Kommentaren. Die Untersuchung und Berücksichtigung der literarischen bzw. wissenschaftlichen Gattung historisch-kritische Edition stellt die theoretische Grundlage für solche Annotationen dar. Alle für die Editionswissenschaft relevanten Texthinweise, -bruchstücke und vom Autor durchgestrichene und gelöschte Stellen wurden dokumentiert. Bei schlecht lesbaren Stellen wurden Lesemöglichkeiten vorgeschlagen und die anderer Editionen diskutiert. Die Text Incoding Initiative (TEI) bietet eine Fülle von XML-Elementen, um solche Annotationen zu speichern. Um diese Arbeit nicht manuell ausführen zu müssen, wurde auf Tools wie TUSTEP, oXygen oder Skriptsprachen wie beispielsweise Perl zurückgegriffen. Diese können u. a. die Such- und Ersetzen-Arbeiten mithilfe der Regulären Ausdrücke bedeutend erleichtern. Den nächsten Schritt der Korpus-Erstellung stellt die Tokenisierung dar. Hierbei gehen die historisch-kritischen Annotationen in linguistische Annotationen über. Die Grenzen eines Wortes werden festgelegt und jedes Wort mit seinem eigenen Element versehen. Aus der digitalen Verarbeitung nicht wegzudenken ist dabei die Berücksichtigung und Untersuchung der Sprache des Autors. In diesem Fall wurde auf Aspekte wie die Dichtungsstile des Luxemburgischen im 19. Jahrhundert, die literarischen Gattungen der Texte sowie die Schreibung des Autors geachtet. Der empirische Anteil der Analyse mit EDV-technischen Methoden und die Speicherung der Ergebnisse als Annotationen stellt die wissenschaftliche Basis für die spätere digitale Präsentation dar. In der Arbeit werden die Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Analyse der Sprache des Werks mithilfe von selbstimplementierten Programmen diskutiert. Dabei werden die vorhandenen Theorien sowohl der klassischen Linguistik z. B. aus der Morphologie oder der Phraseologieforschung, als auch der Korpuslinguistik besprochen und evaluiert. Die Implementierung und Ergebnisse folgender Programme für das Michel Rodange Korpus werden thematisiert: Tokeniser, FreqList, POS-Trainer, POS-Tagger, Lemmatisierer und Programme zur morphologischen und phraseologischen Analyse des Korpus. Der POS-Tagger kann die Wortarten im Korpus bestimmen. Grundlage dafür sind die sogenannten Hidden Markov Modelle, die auf der Wahrscheinlichkeitstheorie basieren. Der Lemmatisierer und das Programm zur morphologischen Analyse arbeiten hauptsächlich regelbasiert, wohingegen das Programm für die phraseologische Analyse anhand statistischer Verfahren wie dem Z-Test, dem Chi-Quadrat-Test und dem Exakten Test von Fisher implementiert wurde. So widmet sich beispielsweise Kapitel 3.4 dem Output der morphologischen Analyse und diskutiert die Wortbildung. Kapitel 3.6 beschäftigt sich mit der Interpretation der Phraseologismen. Hierbei zeigte sich, dass viele der automatisch identifizierten Phraseologismen aus Michel Rodanges Werken in der Tat ein fester Bestandteil nicht nur der luxemburgischen Sprache und Kultur sind, sondern sich auch in der gesamten westlichen Kultur wiederfinden.