Filtern
Schlagworte
- intergenerational communication (3) (entfernen)
Institut
- Psychologie (3) (entfernen)
Die vorliegende Arbeit untersucht Effekte des Alters auf die Rezeption schmerzvoller Selbstenthüllungen in dialogischen Situationen. Schmerzvolle Selbstenthüllungen werden als verbales Kommunikationsverhalten verstanden, bei dem eine Person selbstbezogene, schmerz- oder leidvolle Erfahrungen preisgibt, beispielsweise gesundheitliche oder finanzielle Probleme. In der überschaubaren Anzahl von Studien zu dieser Thematik wurde ausschließlich die Rezeption schmerzvoller Selbstenthüllungen älterer Personen untersucht. Im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht die Frage, ob sich die Befunde dieser Studien auf alle Konstellationen des inter- und intragenerationellen Dialogs übertragen lassen. Über die Untersuchung altersdifferentieller Effekte hinaus wird angestrebt, einige vermittelnde Prozesse zu erhellen, die der Beurteilung schmerzvoller Selbstenthüllungen zugrunde liegen. Es wird eine empirische Studie beschrieben, an der ältere Probandinnen (M = 73.54 Jahre; n = 100) und jüngere Probandinnen (M = 34.24 Jahre; n = 101) teilnahmen. Diese bearbeiteten ein Fragebogeninventar mit Untersuchungsvignetten, in denen schmerzvolle Selbstenthüllungen einer älteren (ca. 75- bis 80jährigen) oder jüngeren (35- bis 40jährigen) Protagonistin beschrieben wurden. Inhaltlich wurden die schmerzvollen Selbstenthüllungen dahingehend variiert, dass sie von einer nonnormativen vs. normativen belastenden Lebenslage handelten. Nach jeder Vignette schrieben a) die Probandin-nen der Protagonistin Eigenschaften zu, sie schätzten b) die Angemessenheit der Selbst-enthüllung ein sowie c) die vermutlichen Motive und Ursachen für die Selbstenthüllung. Als Personmerkmal wurde die Ausprägung der dispositionellen Empathie erfasst und mit Eigenschaftszuschreibungen an die Protagonistin in der Vignette in Beziehung gesetzt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Rezeption schmerzvoller Selbstenthüllungen in erster Linie mit dem Alter der urteilenden Probandin variierte und weniger in Abhängigkeit vom Alter der Protagonistin in der Vignette oder von der dyadischen Alterskomposition von Probandin und Protagonistin. Darüber hinaus war die Preisgabe einer nonnormativen verglichen mit einer normativen belastenden Lebenslage insgesamt mit einer positiveren Beurteilung der Protagonistin und ihrer Äußerungen assoziiert. Eine hohe Ausprägung der dispositionellen Empathie war mit positiveren Eigenschaftszuschreibungen an die Protagonistin in der Vignette assoziiert. Dieser Zusammenhang erwies sich zum einen in der Teilstichprobe der älteren Probandinnen als bedeutsam, zum anderen dann, wenn die Protagonistin in der Vignette eine ältere Person war.
Kompetenzeinbußen und Abhängigkeit im Alter können durch die soziale Umwelt mitbedingt werden. Altersstereotypbasierte Negativerwartungen bezüglich mangelnder Kompetenzen alter Menschen beeinflussen das Kommunikationsverhalten jüngerer gegenüber älteren Personen (z.B. Ryan, Giles, Bartolucci & Henwood, 1986) sowie das Interaktionsverhalten im Pflegekontext (Baltes, M. M., 1996). Margret Baltes (1996) zeigte in Beobachtungsstudien, dass die Interaktionen zwischen alten Menschen und ihren Pflegepersonen durch ein spezifisches Muster gekennzeichnet sind: Unselbständiges Verhalten der alten Menschen wird durch vermehrte Hilfe unterstützt, selbständiges Verhalten ignoriert. Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach, ob es sich bei diesem Abhängigkeitsunterstützungsskript im Pflegesetting um einen Effekt mit universellem Geltungsbereich handelt, oder ob es situative und personale Moderatoren gibt, welche die Reaktionen der Pflegepersonen auf selbständiges bzw. unselbständiges Verhalten der von ihnen betreuten Menschen beeinflussen. Mithilfe einer experimentellen Methode - unter Verwendung von Text-Vignetten - wurde an einer Stichprobe von Studierenden (Studie 1; N=172) sowie professionellen Pflegekräften aus Altenheimen bzw. einem Krankenhaus (Studie 2; N=214) die Hypothese überprüft, dass Pflegekräfte vor allem in solchen Situationen skriptkonform handeln, in denen sie unter Zeitdruck stehen. Des Weiteren wurde untersucht, ob es sich um einen spezifischen Effekt im Umgang mit alten Menschen handelt, oder ob der Befund vielmehr auf bestimmte Rollenerwartungen im Pflegesetting (Altenheim bzw. Krankenhaus) unabhängig vom Alter der gepflegten Person zurückzuführen ist. Als Persönlichkeitsvariablen wurden Geduld, Direktivität und die individuelle Ausprägung des Altersstereotyps erhoben. Die Ergebnisse sprechen für ein relativ hohes Maß an aktivierenden, die Selbständigkeit fördernden Pflegeabsichten. Diese sind vermindert bei hohem Zeitdruck und mangelnder Geduld der Pflegeperson. Die Hypothese, das Abhängigkeitsunterstützungsskript zeige sich vor allem in der Interaktion mit alten Menschen bzw. werde durch ein individuell stark ausgeprägtes negatives Altersstereotyp verstärkt, fand keine eindeutige Bestätigung. Es zeigten sich aber Unterschiede zwischen den Pflegesettings: Im Altenheim wurden mehr selbständigkeitsunterstützende Pflegeabsichten geäußert als bei alten Patienten im Krankenhaus.
Alt und Jung im Dialog
(2001)
Besonderheiten, die den intergenerationellen Dialog innerhalb wie auch außerhalb von Familien kennzeichnen, wurden in zwei empirischen Studien untersucht. Im Anschluß an eine umfangreiche Übersicht der einschlägigen Forschungsliteratur werden die Studien präsentiert, in denen Zusammenhänge zwischen Merkmalen dyadischer Beziehungskontexte und Aspekten des Dialogs, der in ihnen stattfindet, explorativ analysiert wurden. In der quasi-experimentellen Studie A wurde geprüft, ob Wahrnehmungen und Bewertungen eines fiktiven intergenerationellen Dialogs in Abhängigkeit seines Beziehungskontexts variieren. Jüngere (M = 22 Jahre; n = 164) und ältere Erwachsene (M = 74 Jahre; n = 139) bearbeiteten Textvignetten, in denen ein Dialog zwischen einer älteren Frau und ihrer Tochter oder aber einer professionellen Altenpflegerin wiedergegeben wurde. Die jüngere Protagonistin zeigte dabei entweder ein bevormundendes oder ein aufgabenorientiertes Sprechverhalten. Das Verhalten einer (fiktiven) Tochter wurde als respektvoller und wertschätzender beurteilt als das einer professionellen Altenpflegerin. Dies galt in der Stichprobe der älteren Erwachsenen vor allem für bevormundendes, in der Stichprobe der jüngeren Erwachsenen für aufgabenorientiertes Sprechverhalten. Im Einklang mit bisherigen Studien urteilten ältere Erwachsene generell milder über die Vignetten als jüngere, und bevormundendes Sprechverhalten wurde negativer bewertet als aufgabenorientiertes. Der Funktionsstatus der älteren Protagonistin erwies sich hingegen als irrelevant für Urteile über das an sie gerichtete Sprechverhalten. In der zweiten, explorativ angelegten Fragebogenstudie B wurden Aspekte der inhaltlichen Gestaltung des intergenerationellen Dialogs und deren systematische Zusammenhänge mit Indikatoren der Qualität intrafamilialer Generationenbeziehungen analysiert. In unabhängigen Stichproben von Erwachsenen im mittleren ("Kinder"; M = 45 Jahre, n = 299) und im höheren Lebensalter ("Eltern"; M = 71 Jahre, n = 244) wurde die perzipierte Häufigkeit erfaßt, mit der 15 ausgewählte Themen (z.B. "politische und gesellschaftliche Fragen", "Lebensführung des Kindes") im Gespräch mit einer der beiden Elternpersonen resp. mit dem ältesten Kind zur Sprache kommen. Aufgrund exploratorischer Faktorenanalysen wurden diese Angaben zu den Dimensionen "Narrativer Austausch" und "Regulativer Austausch" aggregiert. In multivariaten Auswertungen erwies sich ein häufiger narrativer Austausch als charakteristisch für "gute" Eltern-Kind-Beziehungen, die durch Zuneigung und hohe erlebte Wertschätzung seitens der anderen Generation gekennzeichnet waren. Ein häufiger regulativer Austausch deutete hingegen - vor allem in Verbindung mit einem reduzierten narrativen Austausch - auf eine eher konflikthafte Eltern-Kind-Beziehung hin.