Filtern
Erscheinungsjahr
Dokumenttyp
- Dissertation (493) (entfernen)
Sprache
- Deutsch (493) (entfernen)
Schlagworte
- Deutschland (24)
- Stress (13)
- n.a. (10)
- Bodenerosion (9)
- Tourismus (8)
- Fernerkundung (7)
- Geschichte (7)
- Modellierung (7)
- Motivation (6)
- Nachhaltigkeit (6)
Institut
- Psychologie (117)
- Raum- und Umweltwissenschaften (98)
- Wirtschaftswissenschaften (34)
- Geschichte, mittlere und neuere (28)
- Germanistik (25)
- Kunstgeschichte (21)
- Mathematik (18)
- Politikwissenschaft (15)
- Soziologie (15)
- Fachbereich 1 (11)
- Informatik (10)
- Philosophie (9)
- Fachbereich 3 (8)
- Romanistik (8)
- Anglistik (6)
- Computerlinguistik und Digital Humanities (6)
- Fachbereich 2 (6)
- Fachbereich 4 (6)
- Fachbereich 6 (6)
- Medienwissenschaft (6)
- Geschichte, alte (5)
- Allgemeine Sprach- und Literaturwissenschaft (4)
- Fachbereich 5 (4)
- Klassische Philologie (4)
- Pädagogik (4)
- Ethnologie (3)
- Archäologie (2)
- Japanologie (2)
- Rechtswissenschaft (2)
- Sinologie (2)
- Phonetik (1)
- Slavistik (1)
Intensiv diskutierte Aspekte der Politikwissenschaft heben zunehmend die Bedeutung von Strategiefähigkeit zur erfolgreichen Durchführung von Wahlkämpfen für Parteien hervor. Der Widerspruch der mit den Implikationen der modernen Mediengesellschaft eingehergehenden unterstellten Akteursfähigkeit der Parteien und ihrer kollektiven heterogenen Interessens- und Organisationsvielfalt bleibt dabei bestehen. Die Fokussierung der Parteien auf das Ziel der Stimmenmaximierung bringt unter den sich wandelnden Rahmenbedingungen Veränderungen der Binnenstrukturen mit sich. So diskutieren Parteienforscher seit Längerem die Notwendigkeit eines vierten Parteitypus als Nachfolger von Kirchheimers Volkspartei (1965). Verschiedene dieser Ansätze berücksichtigen primär die Wahlkampffokussierung der Parteien, während andere vor allem auf den gesteigerten Strategiebedarf abzielen. Auch die Wechselwirkungen mit den Erfordernissen der Mediengesellschaft sowie Auswirkungen des gesellschaftlichen Wandels stehen im Vordergrund zahlreicher Untersuchungen. Die Arbeit von Uwe Jun (2004), der mit dem Modell der professionalisierten Medienkommunikationspartei auch die organisatorischen und programmatischen Transformationsaspekte des Parteiwandels beleuchtet, liefert einen bemerkenswerten Beitrag zur Party-Change-Debatte und bietet durch die angeschlossene vergleichende exemplarische Fallstudie eine praxisnahe Einordnung. Die geringe empirische Relevanz, die Jun seinem Parteityp anhand der Untersuchung von SPD und New Labor zwischen 1995 und 2005 bestätigt, soll in dieser Arbeit versucht werden zu relativieren, in dem der Parteiwandel der deutschen Großparteien seit der Wiedervereinigung durch die Untersuchung ihrer Wahlkampffähigkeit aufgezeigt wird. Anhand eines längsschnittlichen Vergleiches der Bundestagswahlkämpfe von SPD und CDU zwischen 1990 und 2013 soll die Plausibilität dieses vierten Parteitypus überprüft werden. Hierdurch soll die Entwicklung der Strategie- und Wahlkampffähigkeit beider Großparteien in den Bundestagswahlkämpfen seit 1990 untersucht und die Ergebnisse miteinander verglichen und in Bezug auf den Parteiwandel eingeordnet werden.
Dass sich Parteien genau wie ihre gesellschaftliche und politische Umwelt im Wandel befinden, ist nicht zu bestreiten und seit Langem viel diskutierter Gegenstand der Parteienforschung. „Niedergangsdiskussion“, Mitgliederschwund, Nicht- und Wechselwähler, Politik- und Parteienverdrossenheit, Kartellisierung und Institutionalisierung von Parteien sind nur einige der in diesem Kontext geläufigen Schlagwörter. Prozesse der Individualisierung, Globalisierung und Mediatisierung führen zu veränderten Rahmenbedingungen, unter denen Parteien sich behaupten müssen. Diese Veränderungen in der äußeren Umwelt wirken sich nachhaltig auf das parteipolitische Binnenleben, auf Organisationsstrukturen und Programmatik aus. Die Parteienforschung hat daher schon vor zwanzig Jahren begonnen, ein typologisches Nachfolgemodell der Volkspartei zu diskutieren, das diesen Wandel berücksichtigt. Verschiedene typologische Konstruktionen von z. B. Panebianco (1988), Katz und Mair (1995) oder von Beyme erfassen (2000) wichtige Facetten des Strukturwandels politischer Parteien und stellen mehrheitlich plausible typologische Konzepte vor, die die Parteien in ihrem Streben nach Wählerstimmen und Regierungsmacht zutreffend charakterisieren. Die Parteienforschung stimmt bezüglich des Endes der Volksparteiära mehrheitlich überein. Bezüglich der Nachfolge konnte sich unter den neueren vorgeschlagenen Typen jedoch kein vierter Typ als verbindliches Leitmodell etablieren. Bei genauerer Betrachtung weichen die in den verschiedenen Ansätzen für einen vierten Parteitypen hervorgehobenen Merkmale (namentlich Professionalisierung des Parteiapparates, die Berufspolitikerdominanz, Verstaatlichung und Kartellbildung sowie die Fixierung auf die Medien) wenig von jüngeren Modellvorschlägen ab und bedürfen daher mehr einer Ergänzung. Die in der Regel mehrdimensionalen entwicklungstypologischen Verlaufstypen setzten seit den 1980er Jahren unterschiedliche Schwerpunkte und warten mit vielen Vorschlägen der Einordnung auf. Einer der jüngsten Ansätze von Uwe Jun aus dem Jahr 2004, der das typologische Konzept der professionalisierten Medienkommunikationspartei einführt, macht deutlich, dass die Diskussion um Gestalt und Ausprägungen des vierten Parteityps noch in vollem Gang und für weitere Vorschläge offen ist – der „richtige“ Typ also noch nicht gefunden wurde. Jun bleibt in seiner Untersuchung den zentralen Transformationsleitfragen nach der Ausgestaltung der Parteiorganisation, der ideologisch-programmatischen Orientierung und der strategisch-elektoralen Wählerorientierung verhaftet und setzt diese Elemente in den Fokus sich wandelnder Kommunikationsstrategien. Die bisher in parteitypologischen Arbeiten mitunter vernachlässigte Komponente der strukturellen Strategiefähigkeit als Grundlage zur Entwicklung ebensolcher Reaktionsstrategien wird bei Jun angestoßen und soll in dieser Arbeit aufgegriffen und vertieft werden.
Der aktuellen Partychange-Diskussion zum Trotz scheint die Annahme, dass Parteien, die sich verstärkt der Handlungslogik der Massenmedien unterwerfen, deren strategischen Anforderungen durch interne Adaptionsverfahren auch dauerhaft gerecht zu werden vermögen, nicht immer zutreffend. Die Veränderungen der Kommunikationsstrategien als Reaktion auf gesamtgesellschaftliche Wandlungsprozesse stehen zwar im Zentrum der Professionalisierungsbemühungen der politischen Akteure, bleiben aber in ihrer Wirkung eingeschränkt. Wenngleich das Wissen in den Parteien um die Notwendigkeiten (medialer) Strategiefähigkeit besteht und die Parteien hierauf mit Professionalisierung, organisatorischen und programmatischen Anpassungsleistungen und der Herausbildung strategischer Zentren reagieren, so ist mediengerechtes strategisches Agieren noch lange keine natürliche Kernkompetenz der Parteien. Vor allem in Wahlkampfzeiten, die aufgrund abnehmender Parteibindungen und zunehmender Wählervolatilität für die Parteien zum eigentlich zentralen Moment der Parteiendemokratie werden, wird mediengerechtes Handeln zum wesentlichen Erfolgsfaktor. Strategiefähigkeit wird hierbei zur entscheidenden Voraussetzung und scheint zudem in diesen Phasen von den Parteien erfolgreicher umgesetzt zu werden als im normalen politischen Alltag. Die wahlstrategische Komponente findet in Juns typologischer Konstruktion wenig Beachtung und soll in dieser Arbeit daher als ergänzendes Element hinzugefügt werden. Arbeitshypothese Die beiden deutschen Großparteien berufen sich auf unterschiedliche Entstehungsgeschichten, die sich bis in die Gegenwart auf die Mitglieder-, Issue- und Organisationsstrukturen von SPD und CDU auswirken und die Parteien in ihren Anpassungsleistungen an die sich wandelnde Gesellschaft beeinflussen. Beide Parteien versuchen, auf die veränderten sozialen und politischen Rahmenbedingungen und den daraus resultierenden Bedeutungszuwachs von politischer Kommunikationsplanung mit einem erhöhten Maß an Strategiefähigkeit und kommunikativer Kompetenz zu reagieren. Diese Entwicklung tritt seit der deutschen Wiedervereinigung umso stärker in Augenschein, als dass nach 1990 die Bindekraft der Volksparteien nochmals nachließ, sodass die Parteien sich zunehmend gezwungen sehen, die „lose verkoppelten Anarchien“ in wahlstrategische Medienkommunikationsparteien zu transformieren. Diesen vierten Parteityp kennzeichnet vor allem die zunehmende Bemühung um Strategiefähigkeit, die mittels Organisationsstrukturen und programmatischer Anpassungsleistungen die Effizienz der elektoralen Ausrichtung verbessern soll. Insgesamt geht die Party-Change-Forschung davon aus, dass die Parteien sich zunehmend angleichen. Dies gilt es in dieser Studie zu überprüfen. Unter Berücksichtigung unterschiedlicher Entwicklungspfade kann vermutet werden, dass auch die Transformationsprozesse bei SPD und CDU in unterschiedlicher Weise verlaufen. Wenngleich die SPD über einen höheren Strategiebedarf und die größere Innovationsbereitschaft zu verfügen scheint, werden auf Seiten der Union potentiell strategiefähigere Strukturen vermutet, die die erfolgreiche Umsetzung von Wahlkampfstrategien erleichtern. Die historische Entwicklung und der Aspekt der Historizität spielen in diesem Kontext eine Rolle.
Zusätzlich spielen individuelle Führungspersönlichkeiten eine zentrale Rolle in innerparteilichen Transformationsprozessen, welche für die Ausprägung strategiefähiger Strukturen oftmals von größerer Bedeutung sind als institutionalisierte Strukturen. Im Vordergrund steht die Untersuchung des Parteiwandels anhand der Veränderung der Kommunikationsstrategien der Parteien im Allgemeinen sowie der Strategiefähigkeit in Wahlkämpfen im Besonderen, da diese als zentrale Merkmale für den vierten Parteityp in Anlehnung an die Professionelle Medienkommunikationspartei (Jun 2004) gewertet werden sollen. Strategiefähigkeit soll dabei anhand der Kriterien des Umgangs der Parteien mit Programmatik, Organisation und externen Einflussfaktoren in Wahlkämpfen operationalisiert werden. Die Analyse untersucht sowohl das Handeln einzelner Personen wie auch die Rolle der Partei als Gesamtorganisation. Die Arbeit besteht aus zehn Kapiteln und gliedert sich in zwei Blöcke: einen theoretisch konzeptionellen Teil, der die in der Perspektive dieser Arbeit zentralen Grundlagen und Rahmenbedingungen zusammenführt sowie die sich daran anschließende Untersuchung der Konzeption und Implementation von Kommunikationskampagnen im Wahlkampf seit 1990. Das aktuell in die politikwissenschaftliche Diskussion eingebrachte Feld der politischen Strategiefähigkeit (Raschke/Tils 2007) wird in ausführlicher theoretischer Grundlegung bisher zwar mit den Implikationen der Medienkommunikation und damit einhergehend auch den organisatorischen und programmatischen Strukturmerkmalen der Parteien verknüpft, diese erfolgte allerdings oft ohne vertiefte Berücksichtigung des Parteiwandels. Dies soll in diesem Beitrag daher versucht werden. Der Diskursanalyse des Strategiebegriffes in Wahlkampfsituationen folgt die detaillierte Darstellung der drei Operationalisierungsparameter, die in die Festlegung des Parteityps münden. Die Diskussion idealtypischer Wahlkampfmodelle als theoretischer Bezugsrahmen für die Bewertung der Wahlkampagnen ergänzt den theoretisch-konzeptionellen Bezugsrahmen. Die insgesamt in der Literatur in ihren Ausführungen oftmals normativ gestalteten Darstellungen idealtypischer politischer Strategie sollen im letzten Teil der Arbeit auf ihre Umsetzbarkeit im parteipolitischen Alltag überprüft werden und dies nicht nur anhand einzelner, mit einander nicht in Zusammenhang stehender Ereignisse, sondern anhand der sich periodisch unter vergleichbaren Bedingungen wiederholenden Wahlkämpfe. Dafür werden die jeweiligen Ausgangs- und Rahmenbedingungen der einzelnen Wahlkämpfe sowie die zuvor dargelegten Elemente professionalisierter Wahlkampagnen für die Wahlkampagnen von SPD und CDU seit 1990 dargestellt. Aus diesen Gegenüberstellungen soll im Anschluss der längsschnittliche Vergleich der Strategiefähigkeit und Kommunikationskompetenz von SPD und CDU abgeleitet werden
Das Ziel dynamischer Mikrosimulationen ist es, die Entwicklung von Systemen über das Verhalten der einzelnen enthaltenen Bestandteile zu simulieren, um umfassende szenariobasierte Analysen zu ermöglichen. Im Bereich der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften wird der Fokus üblicherweise auf Populationen bestehend aus Personen und Haushalten gelegt. Da politische und wirtschaftliche Entscheidungsprozesse meist auf lokaler Ebene getroffen werden, bedarf es zudem kleinräumiger Informationen, um gezielte Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Das stellt Forschende wiederum vor große Herausforderungen im Erstellungsprozess regionalisierter Simulationsmodelle. Dieser Prozess reicht von der Generierung geeigneter Ausgangsdatensätze über die Erfassung und Umsetzung der dynamischen Komponenten bis hin zur Auswertung der Ergebnisse und Quantifizierung von Unsicherheiten. Im Rahmen dieser Arbeit werden ausgewählte Komponenten, die für regionalisierte Mikrosimulationen von besonderer Relevanz sind, beschrieben und systematisch analysiert.
Zunächst werden in Kapitel 2 theoretische und methodische Aspekte von Mikrosimulationen vorgestellt, um einen umfassenden Überblick über verschiedene Arten und Möglichkeiten der Umsetzung dynamischer Modellierungen zu geben. Im Fokus stehen dabei die Grundlagen der Erfassung und Simulation von Zuständen und Zustandsänderungen sowie die damit verbundenen strukturellen Aspekte im Simulationsprozess.
Sowohl für die Simulation von Zustandsänderungen als auch für die Erweiterung der Datenbasis werden primär logistische Regressionsmodelle zur Erfassung und anschließenden wahrscheinlichkeitsbasierten Vorhersage der Bevölkerungsstrukturen auf Mikroebene herangezogen. Die Schätzung beruht insbesondere auf Stichprobendaten, die in der Regel neben einem eingeschränktem Stichprobenumfang keine oder nur unzureichende regionale Differenzierungen zulassen. Daher können bei der Vorhersage von Wahrscheinlichkeiten erhebliche Differenzen zu bekannten Totalwerten entstehen. Um eine Harmonisierung mit den Totalwerten zu erhalten, lassen sich Methoden zur Anpassung von Wahrscheinlichkeiten – sogenannte Alignmentmethoden – anwenden. In der Literatur werden zwar unterschiedliche Möglichkeiten beschrieben, über die Auswirkungen dieser Verfahren auf die Güte der Modelle ist jedoch kaum etwas bekannt. Zur Beurteilung verschiedener Techniken werden diese im Rahmen von Kapitel 3 in umfassenden Simulationsstudien unter verschiedenen Szenarien umgesetzt. Hierbei kann gezeigt werden, dass durch die Einbindung zusätzlicher Informationen im Modellierungsprozess deutliche Verbesserungen sowohl bei der Schätzung der Parameter als auch bei der Vorhersage der Wahrscheinlichkeiten erzielt werden können. Zudem lassen sich dadurch auch bei fehlenden regionalen Identifikatoren in den Modellierungsdaten kleinräumige Wahrscheinlichkeiten erzeugen. Insbesondere die Maximierung der Likelihood des zugrundeliegenden Regressionsmodells unter der Nebenbedingung, dass die bekannten Totalwerte eingehalten werden, weist in allen Simulationsstudien überaus gute Ergebnisse auf.
Als eine der einflussreichsten Komponenten in regionalisierten Mikrosimulationen erweist sich die Umsetzung regionaler Mobilität. Gleichzeitig finden Wanderungen in vielen Mikrosimulationsmodellen keine oder nur unzureichende Beachtung. Durch den unmittelbaren Einfluss auf die gesamte Bevölkerungsstruktur führt ein Ignorieren jedoch bereits bei einem kurzen Simulationshorizont zu starken Verzerrungen. Während für globale Modelle die Integration von Wanderungsbewegungen über Landesgrenzen ausreicht, müssen in regionalisierten Modellen auch Binnenwanderungsbewegungen möglichst umfassend nachgebildet werden. Zu diesem Zweck werden in Kapitel 4 Konzepte für Wanderungsmodule erstellt, die zum einen eine unabhängige Simulation auf regionalen Subpopulationen und zum anderen eine umfassende Nachbildung von Wanderungsbewegungen innerhalb der gesamten Population zulassen. Um eine Berücksichtigung von Haushaltsstrukturen zu ermöglichen und die Plausibilität der Daten zu gewährleisten, wird ein Algorithmus zur Kalibrierung von Haushaltswahrscheinlichkeiten vorgeschlagen, der die Einhaltung von Benchmarks auf Individualebene ermöglicht. Über die retrospektive Evaluation der simulierten Migrationsbewegungen wird die Funktionalität der Wanderdungskonzepte verdeutlicht. Darüber hinaus werden über die Fortschreibung der Population in zukünftige Perioden divergente Entwicklungen der Einwohnerzahlen durch verschiedene Konzepte der Wanderungen analysiert.
Eine besondere Herausforderung in dynamischen Mikrosimulationen stellt die Erfassung von Unsicherheiten dar. Durch die Komplexität der gesamten Struktur und die Heterogenität der Komponenten ist die Anwendung klassischer Methoden zur Messung von Unsicherheiten oft nicht mehr möglich. Zur Quantifizierung verschiedener Einflussfaktoren werden in Kapitel 5 varianzbasierte Sensitivitätsanalysen vorgeschlagen, die aufgrund ihrer enormen Flexibilität auch direkte Vergleiche zwischen unterschiedlichsten Komponenten ermöglichen. Dabei erweisen sich Sensitivitätsanalysen nicht nur für die Erfassung von Unsicherheiten, sondern auch für die direkte Analyse verschiedener Szenarien, insbesondere zur Evaluation gemeinsamer Effekte, als überaus geeignet. In Simulationsstudien wird die Anwendung im konkreten Kontext dynamischer Modelle veranschaulicht. Dadurch wird deutlich, dass zum einen große Unterschiede hinsichtlich verschiedener Zielwerte und Simulationsperioden auftreten, zum anderen aber auch immer der Grad an regionaler Differenzierung berücksichtigt werden muss.
Kapitel 6 fasst die Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick auf zukünftige Forschungspotentiale.
Stress gilt als zentrales Gesundheitsrisiko des 21. Jahrhunderts und wird in der Forschung als multidimensionales Konstrukt auf psychologischer und biologischer Ebene untersucht. Wäh-rend die subjektive Wahrnehmung von Stress nicht mit der biologischen Stressreaktivität zu-sammenhängen muss, ist der negative Einfluss stressassoziierter biologischer Prozesse auf Wohlbefinden und Gesundheit gut belegt. Bereits im Grundschulalter zeigen Kinder eine mit Erwachsenen vergleichbare Stressbelastung und gesundheitliche Folgen, Bewältigungsstrategien sind in diesem Alter allerdings noch nicht vollständig entwickelt. Präventionsprogramme im Grundschulalter sollen Kinder in ihren sich entwickelnden Stressbewältigungsfähigkeiten fördern, wobei sowohl emotionsfokussierte und problemorientierte Ansätze als auch soziale Unterstützung wichtige Faktoren darstellen könnten.
Das einleitende Literatur-Review evaluiert bisherige Stresspräventionsstudien und verdeutlicht, dass zwar die Wirksamkeit und Anwendbarkeit von mehrfaktoriellen Stresspräventionsprogrammen im Rahmen psychometrischer Erhebungen gezeigt werden konnten, biologische Prozesse in der Forschung bisher allerdings nicht erhoben und außer Acht gelassen wurden.
Die empirische Untersuchung in Studie 1 zeigt, dass eine multidimensionale psychobiologische Betrachtungsweise sinnvoll ist, indem sowohl die Psychometrie, als auch psychobiologische Prozesse der Stressreaktion miteinbezogen und die Auswirkungen von Stressprävention auf den verschiedenen Ebenen untersucht wurden. Zwei Kurzinterventionen wurden dazu miteinander verglichen und ihre Wirkung auf psychophysiologischen Ebenen (z.B. Kortisol, α-Amylase und Herzrate) in einem Prä-Post Design geprüft. Eine statistisch signifikante Abnahme psychophysiologischer Stressreaktivität, sowie stressassoziierter psychologischer Symptome verdeutlichte die multidimensionale Wirksamkeit von Stressmanagementtrainings.
Studie 2 wurde im Rahmen der Covid-19-Pandemie entworfen. Die in Studie 1 trainierten Kinder wurden mittels Online-Fragebogenerhebung mit einer Kontrollgruppe hinsichtlich ihrer Stressbelastung verglichen. Die Ergebnisse zeigten eine geringere Belastung und vermehrte günstige Bewältigungsstrategien trainierter Kinder im Vergleich zur Kontrollgruppe.
Diese Ergebnisse heben die Relevanz einer multidimensionalen Betrachtung kindlichen Stresses hervor. Es wurde gezeigt, dass Stresspräventionsprogramme auf den unterschiedlichen Ebenen der Stressreaktion wirken und sogar in gesamtgesellschaftlichen Krisensituationen stresspro-tektiv wirken können. Zukünftige Studien sollten Stresspräventionen im Grundschulalter psychophysiologisch evaluieren und deren Wirkung in Längsschnittstudien beurteilen, um das Verständnis der zugrundeliegenden Mechanismen zu verbessern.
Die endemischen Arganbestände in Südmarokko sind die Quelle des wertvollen Arganöls, sind aber durch bspw. Überweidung oder illegale Feuerholzgewinnung stark übernutzt. Aufforstungsmaßnahmen sind vorhanden, sind aber aufgrund von zu kurz angelegten Bewässerungs- und Schutzverträgen häufig nicht erfolgreich. Das Aufkommen von Neuwuchs ist durch das beinahe restlose Sammeln von Kernen kaum möglich, durch Fällen oder Absterben von Bäumen verringert sich die kronenüberdeckte Fläche und unbedeckte Flächen zwischen den Bäumen nehmen zu.
Die Entwicklung der Arganbestände wurde über den Zeitraum von 1972 und 2018 mit historischen und aktuellen Satellitenbildern untersucht, ein Großteil der Bäume hat sich in dieser Zeit kaum verändert. Zustandsaufnahmen von 2018 zeigten, dass viele dieser Bäume durch Überweidung und Abholzung nur als Sträucher wachsen und so in degradiertem Zustand stabil sind.
Trotz der Degradierung einiger Bäume zeigt sich, dass der Boden unter den Bäumen die höchsten Gehalte an organischer Bodensubstanz und Nährstoffen auf den Flächen aufweist, zwischen zwei Bäumen sind die Gehalte am niedrigsten. Der Einfluss des Baumes auf den Boden geht über die Krone hinaus in Richtung Norden durch Beschattung in der Mittagssonne, Osten durch Windverwehung von Streu und Bodenpartikeln und hangabwärts durch Verspülung von Material.
Über experimentelle Methoden unter und zwischen den Arganbäumen wurden Erkenntnisse zur Bodenerosion gewonnen. Die hydraulische Leitfähigkeit unter Bäumen ist um den Faktor 1,2-1,5 höher als zwischen den Bäumen, Oberflächenabflüsse und Bodenabträge sind unter den Bäumen etwas niedriger, bei degradierten Bäumen ähnlich den Bereichen zwischen den Bäumen. Die unterschiedlichen Flächenbeschaffenheiten wurden mit einem Windkanal untersucht und zeigten, dass gerade frisch gepflügte Flächen hohe Windemissionen verursachen, während Flächen mit hoher Steinbedeckung kaum von Winderosion betroffen sind.
Die Oberflächenabflüsse von den unterschiedlichen Flächentypen werden in die Vorfluter abgeleitet. Die Sedimentdynamik in diesen Wadis wird hauptsächlich von Niederschlag zwischen den Messungen, Einzugsgebiet und Wadilänge und kaum von den verschiedenen Landnutzungen beeinflusst.
Das Landschaftssystem Argan konnte über diesen Multi-Methodenansatz auf verschiedenen Ebenen analysiert werden.
Insekten stellen die artenreichste Klasse des Tierreichs dar, wobei viele der Arten bedroht sind. Das liegt neben dem Klimawandel vor allem an der sich in den letzten Jahrzehnten stark verändernden landwirtschaftlichen Nutzung von Flächen, was zu Lebensraumzerstörung und Habitatfragmentierung führt. Die intensivere Bewirtschaftung von Gunstflächen einerseits, sowie die Flächenaufgabe unrentabler Flächen andererseits, hat schwerwiegende Folgen für Insekten, die an extensiv genutzte Kulturflächen angepasst sind, was besonders durch den abnehmenden Anteil an Spezialisten deutlich wird. Eine Region, die aufgrund des kleinräumigen Nebeneinanders von naturnahen Bereichen und anthropogen geschaffenen Kulturflächen (entlang eines großen Höhengradienten) eine wichtige Rolle für die Biodiversität besitzt, speziell als Lebensraum für Spezialisten aller Artengruppen, sind die Alpen. Auch hier stellt der landwirtschaftliche Nutzungswandel ein großes Problem dar, weshalb es einen nachhaltigen Schutz der extensiv genutzten Kulturlebensräume bedarf. Um zu klären, wie eine nachhaltige Berglandwirtschaft zukünftig erhalten bleiben kann, wurden im ersten Kapitel der Promotion die Regelungsrahmen der internationalen, europäischen, nationalen und regionalen Gesetze näher betrachtet. Es zeigt sich, dass der multifunktionale Ansatz der Alpenkonvention und des zugehörigen Protokolls „Berglandwirtschaft“ nur eine geringe normative Konkretisierung aufweisen und daher nicht im ausreichenden Maße in der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU sowie im nationalen Recht umgesetzt werden; dadurch können diese einer negativen Entwicklung in der Berglandwirtschaft nicht ausreichend entgegenwirken. Neben diesen Rechtsgrundlagen fehlt es jedoch auch an naturwissenschaftlichen Grundlagen, um die Auswirkungen des landwirtschaftlichen Nutzungswandels auf alpine und arktische Tierarten zu beurteilen. Untersuchungen mit Charakterarten für diese Kulturräume sind somit erforderlich, wobei Tagfalter aufgrund ihrer Sensibilität gegenüber Umweltveränderungen geeignete Indikatoren sind. Deshalb wurden im zweiten Kapitel der Promotion die beiden Schwestertaxa Boloria pales und B. napaea untersucht, die für arktische und / oder alpine Grünlandflächen typisch sind. Die bisher unbekannte Phylogeographie beider Arten wurde daher mit zwei mitochondrialen und zwei Kerngenen über das gesamte europäische Verbreitungsgebiet untersucht. In diesem Zusammenhang die zwischen- und innerartlichen Auftrennungen analysiert und datiert sowie die ihnen unterliegenden Ausbreitungsmuster entschlüsselt. Um spezielle Anpassungsformen an die arktischen und alpinen Lebensräume der Arten zu entschlüsseln und die Folgen der landwirtschaftlichen Nutzungsänderung richtig einordnen zu können, wurden mehrere Populationen beider Arten freilandökologisch untersucht. Während B. pales über den gesamten alpinen Sommer schlüpfen kann und proterandrische Strukturen zeigt, ist B. napaea durch das Fehlen der Proterandie und ein verkürztes Schlupfzeitfenster eher an die kürzeren, arktischen Sommer angepasst. Obwohl beide Arten die gleichen Nektarquellen nutzen, gibt es aufgrund verschiedener Bedürfnisse Unterschiede in den Nektarpräferenzen zwischen den Geschlechtern; auch innerartliche Unterschiede im Dispersionsverhalten wurden gefunden. Populationen beider Arten können eine kurze Beweidung überleben, wobei der Zeitpunkt der Beweidung von Bedeutung ist; eine Nutzung gegen Ende der Schlupfphase hat einen größeren Einfluss auf die Population. Daneben wurde ein deutlicher Unterschied zwischen Flächen mit langfristiger und fehlender Beweidung gefunden. Neben einer geringen Populationsdichte, gibt es auf ganzjährig beweideten Flächen einen größeren Druck, den Lebensraum zu verlassen und die zurückgelegten Flugdistanzen sind hier auch deutlich größer.
Die Effekte diverser Hormone auf das Sozialverhalten von Männern und Frauen sind nicht vollständig geklärt, da eine genaue Messung dieser, sowie eine Ableitung kausaler Zusammenhänge, die Forschung seither vor Herausforderungen stellt. Umso wichtiger sind Studien, welche versuchen für konfundierende Aspekte zu kontrollieren und die hormonellen oder endokrinen Effekte auf das Sozialverhalten und die soziale Kognition zu untersuchen. Während Studien bereits Effekte von akutem Stress auf Sozialverhalten zeigten, sind die zugrundeliegenden neurobiologischen Mechanismen nicht vollständig bekannt, da hierfür ein rein pharmakologischer Ansatz von Nöten wäre. Die wenigen Studien, die einen solchen wählten, zeigen konträre Befunde. Bisherige Untersuchungen mit psychosozialen Stressoren lassen jedoch prosoziale Tendenzen nach Stress sowohl für Männer als auch für Frauen vermuten. Darüber hinaus sind auch Untersuchungen zu weiblichen Geschlechtshormonen und ihrem Einfluss auf Sozialverhalten sowie die soziale Kognition bei Frauen besonders herausfordernd durch die hormonellen Schwankungen während des Menstruationszyklus oder auch Veränderungen durch die Einnahme oraler Kontrazeptiva. Studien die sowohl Zyklusphasen als auch die Effekte von oralen Kontrazeptiva untersuchten, deuten aber bereits auf Unterschiede zwischen den verschiedenen Phasen, sowie Frauen mit natürlichem Zyklus und Einnahme oraler Kontrazeptiva hin.
Der theoretische Teil beschreibt die Grundlagen zur Stressreaktion des Menschen und die hormonellen Veränderungen weiblicher Geschlechtshormone. Folgend, soll ein Kapitel zur aktuellen Forschungslage zu Effekten von akutem Stress auf Sozialverhalten und die soziale Kognition einen Überblick über die bisherige Befundlage schaffen. Die erste empirische Studie, welche die Effekte von Hydrocortison auf das Sozialverhalten und die Emotionserkennung untersucht, soll anschließend in diese aktuelle Befundlage eingeordnet werden und zu der weniger erforschten Sparte der pharmakologischen Studien beitragen. Die zweite empirische Studie befasst sich folgend mit den Effekten weiblicher Geschlechtshormone auf Sozialverhalten und Empathie, genauer wie auch Zyklusphasen und orale Kontrazeptiva (über Hormone vermittelt) einen Einfluss bei Frauen nehmen. Abschließend sollen die Effekte von Stresshormonen bei Männern, und modulierende Eigenschaften weiblicher Geschlechtshormone, Zyklusphasen und oraler Kontrazeptiva bei Frauen, jeweils in Hinblick auf Sozialverhalten und die soziale Kognition diskutiert werden.
Algorithmen als Richter
(2022)
Die menschliche Entscheidungsgewalt wird durch algorithmische
Entscheidungssysteme herausgefordert. Verfassungsrechtlich besonders
problematisch ist dies in Bereichen, die das staatliche Handeln betreffen.
Eine herausgehobene Stellung nimmt durch den besonderen Schutz der
Art. 92 ff. GG die rechtsprechende Gewalt ein. Lydia Wolff fragt daher danach, welche Antworten das Grundgesetz auf digitale Veränderungen in diesem Bereich bereithält und wie sich ein Eigenwert menschlicher Entscheidungen in der Rechtsprechung angesichts technischen Wandels darstellen lässt.
Das Werk erörtert hierzu einen Beitrag zum verfassungsrechtlichen
Richterbegriff und stellt diesen etablierten Begriff in einen Kontext neuer digitaler Herausforderungen durch algorithmische Konkurrenz.
Modellbildung und Umsetzung von Methoden zur energieeffizienten Nutzung von Containertechnologien
(2021)
Die Nutzung von Cloud-Software und skalierten Web-Apps sowie Web-Services hat in den letzten Jahren extrem zugenommen, was zu einem Anstieg der Hochleistungs-Cloud-Rechenzentren führt. Neben der Verbesserung der Dienste spiegelt sich dies auch im weltweiten Stromverbrauch von Rechenzentren wider, der derzeit etwas mehr als 1% (entspricht etwa 200 TWh) beträgt. Prognosen sagen für die kommenden Jahre einen massiven Anstieg des Stromverbrauchs von Cloud-Rechenzentren voraus. Grundlage dieser Bewegung ist die Beschleunigung von Administration und Entwicklung, die unter anderem durch den Einsatz von Containern entsteht. Als Basis für Millionen von Web-Apps und -Services beschleunigen sie die Skalierung, Bereitstellung und Aktualisierung von Cloud-Diensten.
In dieser Arbeit wird aufgezeigt, dass Container zusätzlich zu ihren vielen technischen Vorteilen Möglichkeiten zur Reduzierung des Energieverbrauchs von Cloud-Rechenzentren bieten, die aus
einer ineffizienten Konfiguration von Containern sowie Container-Laufzeitumgebungen resultieren. Basierend auf einer Umfrage und einer Auswertung geeigneter Literatur werden in einem ersten Schritt wahrscheinliche Probleme beim Einsatz von Containern aufgedeckt. Weiterhin wird die Sensibilität von Administratoren und Entwicklern bezüglich des Energieverbrauchs von Container-Software ermittelt. Aufbauend auf den Ergebnissen der Umfrage und der Auswertung werden anhand von Standardszenarien im Containerumfeld die Komponenten des de facto Standards Docker untersucht. Anschließend wird ein Modell, bestehend aus Messmethodik, Empfehlungen für eine effiziente
Konfiguration von Containern und Tools, beschrieben. Die Messmethodik sollte einfach anwendbar sein und gängige Technologien in Rechenzentren unterstützen. Darüber hinaus geben die Handlungsempfehlungen sowohl Entwicklern als auch Administratoren die Möglichkeit zu entscheiden, welche Komponenten von Docker im Sinne eines energieeffizienten Einsatzes und in Abhängigkeit vom Einsatzszenario der Container genutzt werden sollten und welche weggelassen werden könnten. Die resultierenden Container können im Sinne der Energieeffizienz auf Servern und gleichermaßen auf PCs und Embedded Systems (als Teil von IoT und Edge Cloud) eingesetzt werden und somit nicht nur dem zuvor beschriebenen Problem in der Cloud entgegenwirken.
Die Arbeit beschäftigt sich zudem mit dem Verhalten von skalierten Webanwendungen. Gängige Orchestrierungswerkzeuge definieren statische Skalierungspunkte für Anwendungen, die in den meisten Fällen auf der CPU-Auslastung basieren. Es wird dargestellt, dass dabei weder die tatsächliche Erreichbarkeit noch der Stromverbrauch der Anwendungen berücksichtigt werden. Es wird der Autoscaler des Open-Source-Container-Orchestrierungswerkzeugs Kubernetes betrachtet, der um ein neu entwickeltes Werkzeug erweitert wird. Es wird deutlich, dass eine dynamische Anpassung der Skalierungspunkte durch eine Vorabauswertung gängiger Nutzungsszenarien sowie Informationen über deren Stromverbrauch und die Erreichbarkeit bei steigender Last erreicht werden kann.
Schließlich folgt eine empirische Untersuchung des generierten Modells in Form von drei Simulationen, die die Auswirkungen auf den Energieverbrauch von Cloud-Rechenzentren darlegen sollen.
Die Dissertation weist nach, dass der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) das mitgliedstaatliche Ausgestaltungsermessen bei der Umsetzung von Richtlinien i. S. d. Art. 288 Abs. 3 AEUV, die weitreichendste Form richtlinieninhaltlich vorgesehener Umsetzungsspielräume der Mitgliedstaaten, in unterschiedlicher Art und Weise beschränkt und dabei teilweise gegen Vorgaben des primären Unionsrechts verstößt. Soweit Rechtsverstöße festgestellt werden, macht die Dissertation weiterführend Vorschläge für eine Korrektur der betroffenen unionsgerichtlichen Begrenzungsansätze im Hinblick auf das mitgliedstaatliche Ausgestaltungsermessen bei der Richtlinienumsetzung. Hierzu geht die Dissertation wie folgt vor: Ausgehend von vier in der Einleitung (Kapitel 1) aufgeworfenen Forschungsleitfragen stellt die Dissertation in Kapitel 2 die untersuchungsrelevanten unionsrechtlichen Grundlagen der Rechtsaktsform der Richtlinie dar. Dabei wird insbesondere auf die unionsvertragliche Verteilung der Kompetenzen zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten bei der kooperativ-zweistufigen Richtlinienrechtsetzung eingegangen und eine restriktive Auslegung des Terminus‘ „Ziel“ i. S. d. Art. 288 Abs. 3 AEUV entwickelt (sog. kompetenzinhaltsbestimmender modifiziert-enger Zielbegriff). In Kapitel 3 arbeitet die Dissertation die in der Richtlinienpraxis vorkommenden Grundformen richtlinieninhaltlich vorgesehener mitgliedstaatlicher Entscheidungsbefugnisse bei der Richtlinienumsetzung heraus und bestimmt das Ausgestaltungsermessen begrifflich als die weitreichendste Form mitgliedstaatlicher Umsetzungsspielräume. Kapitel 4 widmet sich zunächst der Ermittlung der Ansätze des EuGH zur Begrenzung des mitgliedstaatlichen Ausgestaltungsermessens. Dabei wird deutlich, dass das Unionsgericht durch seine Rechtsprechung nicht nur die Entstehung mitgliedstaatlichen Ausgestaltungsermessens begrenzt. Eine exemplarische Analyse der EuGH-Rechtsprechung zu Art. 4 Abs. 2 UAbs. 1 S. 1 und S. 2 lit. b der UVP-Richtlinie 2011/92/EU und seiner Vorgängernormen zeigt vielmehr, dass und wie der EuGH auch den Umfang des nach dem auslegungserheblichen Wortlaut einer Richtlinie bestehenden mitgliedstaatlichen Ausgestaltungsermessens begrenzt. Die hiernach ermittelten Begrenzungsansätze werden sodann einer rechtlichen Bewertung im Hinblick auf die Vorgaben des primären Unionsrechts einschließlich des in Kapitel 2 entwickelten restriktiven Zielbegriffs i. S. d. Art. 288 Abs. 3 AEUV unterzogen. Da einzelne Begrenzungsansätze des EuGH sich mit dem primären Unionsrecht als nicht vereinbar erweisen, werden insoweit schließlich Vorschläge für eine unionsrechtskonforme Korrektur dieser Rechtsprechung gemacht. Die Zusammenfassung der Forschungsergebnisse in Form einer thesenartigen Beantwortung der in der Einleitung aufgeworfenen vier Forschungsleitfragen findet sich in Kapitel 5.