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Die Vermittlung des Grauens
(2018)
Im Rahmen meiner zweiteiligen Dissertation „Die Vermittlung des Grauens“ untersuchte ich das Einsatzpotential von Multimedia-Technologien an museal aufbereiteten Originalschauplätzen des Opfergedenkens in Frankreich und Deutschland. Vordergründig stand die Klärung der Frage, ob die heute verfügbaren technischen Hilfsmittel die traditionelle Vermittlungsarbeit sinnvoll ergänzen können. Die Forts Douaumont und Vaux in Verdun und die Alte Synagoge Essen schienen mir aufgrund ihrer stark divergierenden Musealisierungen für eine dahingehende Analyse besonders geeignet. Vor Ort widmete ich mich zum einen dem Prozess der „Vergegenwärtigung der Vergangenheit am nahezu originalbelassenen Erinnerungsort durch Multimediaguides“ und begab mich ebenso auf „Spurensuche in der Alten Synagoge Essen“, da die Neukonzeptionierung der Stätte sämtliche Erinnerungen an das örtliche Geschehen im Nationalsozialismus überzeichnet hat. Diese Umstände wirken sich dementsprechend auch unterschiedlich auf die Authentizität des jeweiligen Ortes aus, worauf das dortige Konzept reagieren und für einen angemessenen Ausgleich sorgen muss. Um die Aussagekraft demgemäß zu fördern, bieten sich heutzutage insbesondere Technologien wie Audio- und Multimediaguides an, deren Potential anhand der genannten Objekte überprüft wurde. Neben diese mittlerweile schon traditionellen Maßnahmen, traten im Laufe der Zeit weitere Präsentationsmöglichkeiten wie die Touchscreen-, Virtual oder Augmented Reality-Technologien, der QR-Code, die Nahbereichskommunikation NFC und die sogenannten Museums-Apps, die ebenso zur Sprache kamen. Dieser Umstand trägt sich nicht zuletzt dadurch, dass bei der musealen Vermittlungsarbeit das Zusammenwirken von formalen Bildungsträgern und informellen Lernorten immer mehr an Bedeutung gewinnt. Die große Herausforderung hierbei ist die altersgerechte Darbietung der Inhalte.
Die Kunstgewerbeschule Pforzheim nimmt innerhalb der Bildungsanstalten, die zur künstlerischen Förderung der Gewerbe im 19. Jahrhundert gegründet worden waren, eine Sonderstellung ein. Lehrplan und Ausbildungsgang orientierten sich vorrangig an den Bedürfnissen der in Pforzheim seit 1767 ansässigen Schmuckindustrie, die maßgeblich an der Gründung und Förderung der Kunstgewerbeschule beteiligt war. In der Dissertation werden die Rahmenbedingungen, die zur Gründung der Pforzheimer Kunstgewerbeschule im Jahr 1877 führten, sowie die Qualität und die Methoden der dort angebotenen künstlerisch-technischen Ausbildung unter Berücksichtigung zeitgenössischer Bildungsideale analysiert. Im Anschluss wird das Ansehen der Kunstgewerbeschule unter Zeitgenossen beurteilt sowie die Bedeutung dieser Institution für die Pforzheimer Schmuckindustrie herausgearbeitet. Der Betrachtungszeitraum erstreckt sich von 1877, dem Gründungsjahr der Kunstgewerbeschule, bis 1911, dem Todesjahr ihres ersten Direktors, Alfred Waag. Zeitgenössische Berichte und Archivmaterialien sowie der kontinuierlich erweiterte Lehrmittelbestand der Kunstgewerbeschule bilden die Grundlage für die Untersuchungen. Ein Großteil der Musterstücke, viele Bücher und Vorlagenwerke, die zur künstlerischen Ausbildung der Schüler angeschafft wurden, sind bis heute in Archiven und Museen erhalten und zeugen von der Qualität und der Fortschrittlichkeit der Ausbildungsstätte. Vor allem in den Bereichen Entwurf und Technik setzte man an der Kunstgewerbeschule Pforzheim Maßstäbe. Unter dem Einfluss der Schule entstanden Entwürfe für die lokale Schmuckindustrie, die speziell auf die serielle Fertigung zugeschnitten waren und damit beispielhaft für eine gelungene Allianz von Kunst, Technik und Wirtschaftlichkeit stehen. Die Zusammenarbeit der lokalen Schmuckhersteller mit Lehrern oder Absolventen der Kunstgewerbeschule ließ sich ebenso belegen wie die erfolgreiche Teilnahme verschiedener Schüler an überregionalen Wettbewerben für Schmuckentwürfe. Dank der quellengestützten Recherche konnten Beziehungen zwischen den als mustergültig empfundenen Vorbildern, der Entwurfsarbeit an der Schule und dem in Pforzheim industriell hergestellten Schmuck aufgezeigt werden. Der häufig geäußerte Vorwurf, Pforzheimer Firmen hätten vor allem fremde Schmuckentwürfe kopiert und durch maschinelle Fertigungstechniken billig produziert, verkennt den eigenen künstlerischen Anspruch einer Industrie, die zur ästhetisch-technischen Ausbildung ihrer Arbeiter und Lehrlinge eine Kunstgewerbeschule ins Leben rief, die bis heute unter dem Namen Hochschule Pforzheim - Gestaltung, Technik, Wirtschaft und Recht Bestand hat.
Im Zentrum der Dissertation steht der in Augsburg geborene Maler Joseph Heintz d.J. (1600-1678), der Anfang der 1620er Jahre nach Venedig auswanderte, wo er über fünfzig Jahre bis zu seinem Tod lebte und arbeitete, und zum Hauptvertreter der venezianischen Festmalerei des 17. Jahrhunderts avancierte. Der erste Teil widmet sich der Rekonstruktion der bisher nahezu unbekannten Biographie Joseph Heintz' d.J., sowie seines Kunden- und Auftraggeberkreises, und somit der sozialen Verortung des Künstlers in Venedig. Im zweiten Teil erfolgt die Analyse der Festmalerei Joseph Heintz' d.J. unter besonderer Berücksichtigung der venezianischen Festkultur als Manifestation der Staatsidentität. Heintz d.J. stellte in seinen Gemälden festliche Prozessionen und die Investiturzeremonien des Dogen ebenso dar wie weltliche Spektakel und volkstümliche Wettkämpfe. Durch die quellenbasierte Recherche, sowie die Kontextualisierung der Festgemälde, konnte eine Neubewertung Joseph Heintz" d.J. als bedeutender, gut vernetzter Künstler erfolgen, dessen Werke einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die venezianischen Vedutisten des 18. Jahrhunderts hatten.
Zu Beginn der Frühen Neuzeit stand die Verehrung der hl. Anna, der Anna Selbdritt und der Hl. Sippe in höchster Blüte; der Großmutter Christi wurden sogar die positiven Eigenschaften der Gottesmutter Maria zugeordnet. Meine Dissertation untersucht ca. dreitausend Artefakte unter interdisziplinären Aspekten und verschiedenen Ansätzen und erbringt so eine kulturelle Disposition der Zeit, auch unter Berüksichtigung einer breiten Quellenlage der damaligen Literatur. Die Kontinuität erweist sich bei Anna Selbdritt in erster Linie durch die angewandte Attributformation, was bis weit in den Barock hinein ein eindeutiges Identifizierungspotential für Anna Selbdritt darstellt; bei den traditionellen Kunstwerken mit der Hl. Sippe ist die Verwendung des Motives des Hortus conclusus obligat. Der Wandel erfolgte bereits um 1475, bei welchem eine horizontale Dreierstruktur an Stelle der vordem pyramidalen Anordnung nach Masaccio tritt; somit konnte in prägnanter Weise eine Gegenüberstellung der himmlischen, vertikalen Trias der Hl. Dreifaltigkeit und der irdischen, horizontal aufgefassten Trias der Anna Selbdritt erfolgen. Diese neue Konstellation mit Realitätsnähe durch Lebendigkeit verbreitete sich rasch im gesamten Alten Reich. Eine Zäsur als Indiz der Änderung der familiären Verhältnisse lässt sich bereits vorreformatorisch mit Kunstwerken von Cranach und Dürer belegen, die Verbreitung durch Kupferstiche erfuhren: Es lässt sich eine männliche Dominanz ausmachen. Daneben fällt aber ein überaus harmonisches Familiengefüge ins Auge, das die Relation der Personen durch Kommunikation und Interaktion visualisiert, womit die vordem additive Reihung nun durch eine Symbolik des psychologischen Verhaltens aufgehoben wird: Einheit durch Harmonie. Dies beruht nicht zuletzt auf der psychologischen Selbstdefinition des Menschen, der in der Frühen Neuzeit sein Selbstbewußtsein entdeckt und dieses durch Zugehörigkeit zu einem Kollektiv verstärkt. Durch zeitgenössische Aspekte und durch die Verwendung von Landschafts- und Architekturelementen werden die Artefakte nicht nur dem neuen kunsthistorischen Focus der Ästhetik gerecht, sondern wirken auch affektiv auf den Rezipienten, eine Forderung, die ebenso von der Musiktheorie gestellt wurde. Das Kultbild wird zum Andachtsbild, zum Kulturobjekt, zum Narrativ, zum Historienbild. In der Verkörperung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bieten Anna Selbdritt und die Hl. Sippe eine gegenwarts- und zukunftsorientierte soziologische wie soteriologische Perspektive an; sie bilden mithin ein mediales Spektrum ab, das interdisziplinär die Kultur des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit reflektiert und einen von Theologie und Gesellschaft determiniterten Handlungskanon in konventioneller wie innovativer Art bereitstellt.
Nicht von einer Hand Fallbeispiele der künstlerischen Zusammenarbeit in der Gemäldeproduktion vom 17. bis 19. Jahrhundert Das Phänomen der künstlerischen Zusammenarbeit mehrerer Maler auf einem Bildträger wurde in den vergangenen zehn Jahren in der Forschung und in der praktischen Museumsarbeit mit immer größerem Interesse betrachtet. Das hängt mit dem generellen Wandel in der Wahrnehmung von historischen Sammlungen und der Hinterfragung von tradierten Wahrnehmungsmustern in der Kunstgeschichte zusammen. Diese Dissertation hat sich die Frage nach der Entstehung dieser Form der Zusammenarbeit in verschiedenen Regionen und deren Rezeption im 18. und 19. Jahrhundert gestellt. Wenngleich in der Forschung die Kooperationstätigkeiten einzelner Künstler zunehmend Beachtung finden, so war es mein Anliegen, das Phänomen der Kooperationspraxis umfassend anhand verschiedener Fallbeispiele zu beschreiben. In vielen Fällen können diese Beispiele ergänzt und erweitert werden. Im Kern aber bleibt die Feststellung, dass die Kooperationspraxis als künstlerische Produktionsweise eine Entwicklung vollzogen hat. Kooperationen im beschriebenen Umfang hat es immer gegeben. Die produktive Phase der niederländischen und flämischen Malerei wäre im 17. Jahrhundert nicht möglich gewesen, hätten sich vor allem in Antwerpen die Maler nicht zu Kooperationsgemeinschaften zusammengeschlossen. Die Entwicklung der Genres, der Transfer unterschiedlichster Bildthemen und Motive hängt im engen Maße mit der Kooperationstätigkeit zusammen. Entscheidend für die horizontale Kooperation, also die Kooperation unter (mehr oder minder) gleichgestellten autonomen Meistern, war die Entwicklung dieser verschiedenen Genres. Einige dieser Gattungen eigneten sich besonders gut für die Praxis der Künstlerkooperation. Sie wurden zum Teil überhaupt erst durch diesen intensiven Austausch unter den Malern so erfolgreich und konnten erst durch eine ökonomische Produktionsweise in großer Menge für den freien Kunstmarkt hergestellt werden. Bei der Gegenüberstellung der Kooperationsbedingungen in Deutschland und in den Niederlanden wurden signifikante Gründe für die unterschiedliche Entwicklung der künstlerischen Zusammenarbeit herausgestellt. Im Alten Reich unterschieden sich im 16. und 17. Jahrhundert die sozial-ökonomischen Verhältnisse deutlich von denen in den südlichen und nördlichen Niederlanden. Die Grenzen zwischen der werkstattinternen Arbeitsteilung und der Kooperation zwischen autonomen Meistern verliefen fließend. Die Entwicklung in der Arbeitsweise der Maler verlief über einen langen Zeitraum und kann nicht als homogener Entwicklungsstrang festgeschrieben werden. Waren es anfangs die herrschaftlich motivierten Ansprüche für die Ausstattung der Residenzen oder für exorbitante Memorialprojekte, welche die bekanntesten Maler an einem Projekt unter der Koordination eines Höflings wirken ließen, so ging mit dem Erstarken des freien Kunstmarktes die Künstlerkooperation mit dem Ziel einer effektiven und absatzstarken Gemäldeproduktion einher. Die Produktionsverfahren des 18. und 19. Jahrhunderts folgten, mehr und mehr politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Motiven, wobei die Künstlerkooperation als soziales Arbeitsmodell bestätigt wurde. Damit wurde gleichsam der Weg für Künstlergemeinschaften und Künstlerkolonien geebnet, die vor allem im 20. Jahrhundert ein globales Phänomen darstellten und das künstlerische Selbstverständnis bis zum heutigen Tag prägen.
Im Mittelpunkt der Arbeit steht der spätgotische Kirchenbau der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts im alten Erzbistum Trier. Dabei soll besonderes Augenmerk auf die unter Erzbischof und Kurfürst Johann II. von Baden (1456-1503) neu entstandenen und/oder umgebauten bzw. "modernisierten" Kirchen gelegt werden. Diese wurden in der bisherigen Forschung, bis auf Einzelmonographien, nicht in einer Zusammenschau betrachtet. Auch auf die Bau- und Stiftungspolitik Johanns II. von Baden, der scheinbar sämtliche in seiner Regierungszeit entstandenen Baumaßnahmen durch sein Wappen kennzeichnete, und deren Hintergründe, soll näher eingegangen werden. Neben den bekannteren Bauten in den Zentren des Erzstiftes Trier " Trier und Koblenz - entstanden in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts im gesamten Erzbistum bedeutende spätgotische Bauten, so etwa in St. Wendel, in Klausen oder die Kirche des ehem. Kreuzherrenklosters Helenenberg. Neben den allgemein bekannteren Bauten sollen in der geplanten Dissertation aber vor allem auch die zahlreichen ländlichen Pfarrkirchen in Eifel, Hunsrück, Westerwald und Rhein-Lahn-Kreis gewürdigt werden. Diese blieben in der bisherigen kunsthistorischen Forschung außen vor, obwohl sie zum Teil von großer künstlerischer Qualität zeugen und einen wesentlichen Beitrag der Kunst- und Kulturgeschichte des Trierer Raumes leisten. Mit einer solchen Arbeit könnte eine Lücke der bisherigen Forschung zum spätmittelalterlichen Kirchenbau in Westdeutschland geschlossen werden, was nicht nur aus kunsthistorischer Sicht, sondern auch aus lokal-historischer, sozial- und kirchengeschichtlicher Sicht dringend erforderlich wäre.
Die Dissertation ist der Kuünstlerpersönlichkeit und dem Werk des Kubaners Wifredo Lam gewidmet. Lam wurde 1902 auf Kuba als Sohn eines Chinesen und einer Kubanerin geboren und starb 1982 in Paris. Die vielen unterschiedlichen Lebensstationen des Künstlers bezeugen seine Mobilität und Reiselust, zeichnen aber auch gleichzeitig die historischen Turbulenzen und Umbrüche des 20. Jahrhunderts nach. Lam gilt heute als einer der Hauptvertreter der lateinamerikanischen Kunst des 20. Jahrhunderts und als Künstlerikone Kubas. Zu Lams Freunden und Bekannten gehörten unter anderem Pablo Picasso, André Breton, Michel Leiris, Pierre Mabille, Alejo Carpentier, Lydia Cabrera, Aimé Césaire, Benjamin Perét und Asger Jorn. Sein Werk ist durch den Kubismus und den Surrealismus beeinflusst. Auch interessierte er sich für die lokalen Gegebenheiten, Kulturen und Traditionen seiner jeweiligen Aufenthaltsorte. Er setzte sich unter anderem mit der Rezeption des "Primitiven" der europäischen Avantgarde vor dem Zweiten Weltkrieg, wie auch - zurück in der Heimat Kuba - mit der afrokubanischen Mischreligion Santeria auseinander und fühlte sich politisch wie intellektuell mit der karibischen Négritude verbunden. Diese und andere Eindrücke und Einflüsse hinterließen Spuren in Lams Werk, die er in eine Formensprache umsetzte, die seinem Œuvre einen unverwechselbaren Ausdruck verleiht. Dem poliperspektivistischen und semantisch mehrfach aufgeladenen Werk jedoch stehen eine erstaunlich einseitige und nicht selten stereotype internationale Repräsentation und Rezeption gegenüber. Die Dissertation jedoch stellt eine andere, eine neue Positionierung des Künstlers und seines Werkes vor, die ohne primitivistische Zuschreibungen und biografische Bezeugungen auskommt. Dies gelingt zum einen durch die Auseinandersetzung mit den Rezeptions- und Repräsentationsmechanismen, die den Künstlermythos Lam ausgebildet haben. Daran schließt sich eine detaillierte Analyse repräsentativ ausgewählter Einzelbildbeispiele an. Aber auch die Auseinandersetzung mit dem Gesamtwerk des Künstlers ist relevant. Denn es zeigt sich, dass die über Jahrzehnte hin praktizierte Wiederholung von Bildformeln und die Homogenität in der Darstellungsweise Teil des künstlerischen Programms von Wifredo Lam sind. Diese stilistische Formalität wurde von den Kritikern des Lamschen Werkes bisher nicht beachtet. Auf der Basis dieser neu erarbeiteten Erkenntnisse kann Wifredo Lam als Fallbeispiel für übergeordnete Fragestellungen dienen und zentrale Aspekte der cultural studies illustrieren. Denn Lams künstlerische Formgestaltung verweist auf ein alternatives ästhetisches Identitätsmodell, das Synkretismus und Hybridität nicht als Verlust von Identität, sondern als eine Praxis von Differenz versteht. Diese Ausrichtung der Lesart ermöglicht es, das Gesamtwerk als eine künstlerische Antwort auf Fragen kultureller Identität und Multikulturalität zu deuten.
Gegenstand dieser bauarchäologischen Analyse ist die Baugeschichte von Saint-Jacques zu Dieppe von ihrem Beginn bis zur 1543 abgeschlossenen Chorwölbung. Die Untersuchung stützt sich auf eine detaillierte Bauanalyse sowie auf die Auswertung des spärlichen Quellenmaterials, das neue Aufschlüsse zur ursprünglichen Bestimmung des Baus und zum Zeitpunkt der Gründung lieferten. Zu Beginn lieferten Bauten der Niedernormandie mit Caen als Zentrum die Vorbilder und die Anregungen. Nach einem kurzen Aufscheinen der kronländischen Architektur, insonderheit Mello, kommen hauptsächlich Roueneser Kirchenbauten als Inspirationsquellen für die Architektur vor. Die Pfarrkirche Saint-Jacques konnte aufgrund ihrer langjährigen Entstehungsgeschichte nicht als Gesamtkonzept rezipiert werden. Dort wurden aber Teillösungen entwickelt, die in normannischen Nachfolgebauten wiederzufinden sind. Die Rose des Südquerhauses von Saint-Ouen in Rouen stellt das bedeutendste Beispiel dafür dar. Ob der im Bauverlauf zu Beginn des 13. Jahrhundert konstatierte Formen- und Vorbilderwechsel auf die politischen Ereignisse zurückzuführen ist, konnte ebenso wenig für Dieppe wie auch für die Kathedrale Notre-Dame in Rouen beantwortet werden. Außer Zweifel steht, dass Saint-Jacques eine wichtige Rolle für das Verständnis der Entwicklungsgeschichte der normannischen Gotik spielt, indem dort etwa 350 Jahre Baukunst dokumentiert sind.
Entre stéréotypes et affirmation identitaire : quatre artistes contemporains d'Afrique occidentale.
(2007)
Die Arbeit beabsichtigt eher, die Frage der Konstruktion der Identität in der zeitgenössischen afrikanischen Kunst zur Sprache zu bringen. Wo befindet sich die Genauigkeit der Identitätsbehauptung, wenn es Identitätsbehauptung gibt? Ist es möglich, die Umrisse einer "Afrikanität", einer spezifischen Identität in der derzeitigen Kunst Afrikas einzukreisen? Das Werk von Frédéric Bruly Bouabré wird auf zwei Elementen gegründet, das es dem Sinn zugänglich machen: die Zeichnung und der Text. Die Schrift besonderes nimmt eine grundlegende Stelle in der Gesamtheit der Arbeiten von Bruly Bouabré ein. Sein ganzes Werk in der Tat konvergiert in Richtung der Forschung und der Konzeption eines zuerst afrikanischen Schriftsystems, danach universell. Bruly Bouabré stellt auf dem Konto des Fehlens einer Schrift die Niederlage der Afrikaner angesichts der Europäer. Ousmane Sow versteht den Körper als ein Gedächtnisort, ein durch das Gedächtnis geprägter Raum. Er setzt seine Werke auf den Körpern der Völker in oder schon verschwundener Löschgefahr zusammen. Das Werk von Sow ist eine Art der Rehabilitation der Völker, die die Geschichte verurteilt hat, nicht nur besiegt zu werden. Man müßte das künstlerische Konzept von Ousmane Sow in der Bewegung der Négritude eintragen, mit der es viele gemeinsame Punkte hat. Bei Romuald Hazoumé ist es also nicht erstaunlich, in seinem Werk die Spuren der vodun Religion wiederzufinden. Seine mit dem Vodou-Geist gefüllten "Kanister Masken", sind eine Metapher für die Konsumgesellschaft, aus der Hazoumé sie entnimmt und sie ihres Status als Ausschuss entledigt, um sie in den Rang von Kunstwerken zu erheben. So lädt er zum Nachdenken ein über die der Materialität beigemessenen Bedeutung und die ihr innewohnende Spiritualität. Die Malerei von Suzanne ist gewalttätig, aggressiv und gewagt, sie malt mit harten Farben (schwarz, grau, dunkelbraun und blutrot) und hat nichts mit ästhetischen oder dekorativen Erwägungen im Sinn. Wenn sie Tiere malt, dann vor allem, um die menschlichen Fehler darzustellen (Egoismus, Hochmut, Futterneid): sie sind blutig mit besorgten, gefolterten, aggressiven. Ihrem Kampf widmet sie zahlreiche Werke: dem Kampf um die (Lebens-) Bedingungen der afrikanischen Frau. Jedoch ist die Problematik einer spezifischen Identität im Bereich der Kunst, alles andere als wirklich einschlägig zu sein. Sicherlich erlaubt sie dem Künstler, der davon benutzt, sich eine Originalität zu bauen. diese Originalität ist fiktiv, und stellt sich auf Grundlagen auf, die manchmal veraltet sind, und die zu einer phantasierten Vergangenheit gehören. die Echtheit eines Kunstwerkes kann sich nicht ab der geographischen Zugehörigkeit oder von der kulturellen Zugehörigkeit des Künstlers definieren. Das Paradigma der Echtheit fälscht von Anfang die Behauptung des Künstlers (Künstlerin) und des Werkes, die Universalität herzustellen. Es scheint, daß einige Künstler von der Beharrlichkeit der exotischen Klischees, von der Folklore sich nicht täuschen lassen, daß die Kuratoren und die westliche Öffentlichkeit von ihnen erwarten. Und wenn einige sich für das Spiel eignen, ist es, um den internationalen Markt besser zu infiltrieren.
Reisen ist zum Spiegelbild einer Welt in Bewegung und ihrer Beschwörung grenzenloser Mobilität geworden. Dabei geht es nicht nur um die konkrete Bewegung zwischen Orten, sondern auch um das damit verbundene Bedeutungsnetzwerk, jene Imaginationen und Narrationen, die die Orte als Heimat und Ferne, Provinzen oder Urlaubsparadiese, Flucht- oder Treffpunkte erst entstehen lassen. Der vorliegende Band bietet einen multiperspektivischen Blick auf diese Topologien des Reisens, die utopische wie dystopische Raum- und Identitätsentwürfe evozieren. Neben geographischen und tourismuswissenschaftlichen Überlegungen zur Gestaltung und Nutzung von konkreten Tourismusräumen versammelt er vor allem kunst- und literaturwissenschaftliche Reflexionen über die Darstellung von Heimat und Fremde in Kunst und Literatur wie auch ethnologische Studien über das Leben spezifischer Personengruppen in der Migration. Häufig werden dabei Fragestellungen aus Postcolonial und Gender Studies zugrunde gelegt, die neben der politischen Dimension des Reisens auch die perspektivische Engführung bisheriger Erklärungsansätze aufzeigen, die beispielsweise in der analytischen Trennung von Reiseformen und Akteursperspektiven sowie in der Ignoranz gegenüber bestimmten Reiseformen ihren Ausdruck fand. rnSo steht der Band nicht nur für die Vielfalt an zeitgenössischen Reiseformen und -imaginationen im Zeitalter von Massentourismus, Migration und Virtualisierung, sondern auch für eine andere, theoretisch wie empirisch kritische Betrachtung eines globalen Phänomens. Inhalt: Alexandra Karentzos, Alma-Elisa Kittner, Julia Reuter Einleitung: Topologien des Reisens Julia Reuter Einleitung: Tourismus und Migration Andreas Ackermann Reisende Kulturen? Das Konzept der Diaspora in den Kulturwissenschaften, illustriert am Beispiel der Yeziden Jacqueline Knörr Vom "Expat Brat" in Afrika zum "Third Culture Kid" in Deutschland Ramona Lenz Migration und Tourismus als Gegenstand wissenschaftlicher und künstlerischer Projekte Alexandra Karentzos, Alma-Elisa Kittner Einführung: Holiday in Art - Kunst und Tourismus Christian Kravagna The Artist as Traveller. Aus den Reisealben der (Post-)Moderne Peter Schneemann "Miles and More". Welterfahrung und Weltentwurf des reisenenden Künstlers in der Gegenwart Hanna Büdenbender Massimo Vitali: Traumstrand versus Touristenmassen Thomas Küpper Einführung: Reisen in die heile Welt Ute Dettmar Berge voll Glück. Literarische Wege ins Reiseparadies Schweiz Christiane Holm Hier und Jetzt. Zur "Heilen Welt" in Reisetagebüchern und Weblogs von Frauen Peter Gendolla Phantome des Südens. Zur utopischen Differenz der Literatur im virtuellen Raum. Karlheinz Wöhler Tourismusräume: Virtualisierung des Realen - Realisierung des Virtuellen Viktoria Schmidt-Linsenhoff, Dorothea Coskun Einführung: Wandernde Objekte. Die Bedeutung der Mobilität der Dinge Gabriele Genge Grand Tour der reisenden Objekte: Performative Strategien in der afrikanischen Gegenwartskunst Jens Baumgarten Transformation asiatischer Artefakte in brasilianischen Kontexten
Die Dissertation behandelt die Sakralarchitektur Triers des 13. und 14. Jahrhunderts, die mit Ausnahme der Liebfrauenkirche in der bisherigen Forschung keine ausreichende Würdigung erfahren hat. In Trier werden drei Rezeptionsstränge gotischer Architektur ins Reich deutlich: Nach der anfäng-lichen Übernahme einzelner Neuerungen aus dem zisterziensischen Architekturkreis und der Aneignung einzelner Strukturen werden schließlich ganze Konzepte rezipiert. Das Zisterzienserkloster Himmerod kann entgegen der bisherigen Forschungsmeinung nicht als Auslöser des gotischen Baubooms in Trier gelten - keinerlei Quellen weisen darauf hin. Um 1221 beginnen die in Stadt gelangten Dominikaner und Franziskaner, später die Augustiner-Eremiten und Karmeliter mit dem Bau ihrer Kirchen, die neben der champagnesischen Baugruppe eine eigenständige Bautengruppe bilden. Bettelordenarchitektur verdeutlicht eine ordensinterne Repräsentationsstrategie, die sich in der Ablehnung des Hauptbaus der champagnesischen Baugruppe - der Liebfrauenkirche - zeigt und die auf der Wiedererkennung als Bettelordenkirche in einem Stadtgefüge basiert. So ist die Sakralarchitektur Triers das Ergebnis unterschiedlicher Repräsentationsbedürfnisse des Erzbischofs bzw. der Bettelorden. Trier muss aufgrund der enormen und frühen Bautätigkeit als frühgotisches Zentrum des Reiches gelten.
Im 18. Jahrhundert manifestierte sich ein grundlegendes Kennzeichen moderner Kunst: ihr Öffentlichkeitsanspruch. Dessen diskursiven Verdichtungen konkretisierten sich in der zeitgenössischen Kunsttheorie und -literatur, in der Kunstkritik, in Beschreibungen und bildlichen Darstellungen, und ebenso in vielfachen impliziten Strategien zur Adressierung bildender Kunst. In der Entstehung der Kunstausstellung, der Kunstkritik, dem Wandel des Patronagesystems und den damit verbundenen Kommunikationsstrategien bildender KünstlerInnen wird nicht nur eine historisch reale Figur beschrieben, sondern zugleich ein imaginäres Konstrukt entworfen: das Kunstpublikum. Am Beispiel zweier bedeutender Kunstzentren des 18. Jahrhunderts, Paris und London, wird der Umgang mit dieser neuen Öffentlichkeit in der bildenden Kunst, Kunstliteratur und Ausstellungspraxis verfolgt. Tatsächlich ist die Anrede des "enlightened public" oder "public éclairé" allgegenwärtig, doch ist es oft schwierig, die Grenzen zwischen höflicher Leerformel, Euphemismus und Ironie richtig zu lesen. Das Sprechen über Öffentlichkeit ist nicht einfach eine Quelle für einen historisch-soziologischen Wandel, sondern stellt ein Symptom der zunehmenden Emphatisierung des Öffentlichkeitsbegriffs im Zuge der Aufklärung dar. Dabei ist das "Publikum" auch eine Konstruktion, die Leerstellen auffüllen muss, und der ihm zugewiesene Platz wechselt immer wieder. Die Formierung des Öffentlichkeitsbegriffs geschah nicht nur als Prozess der Öffnung, sondern auch der Abgrenzung. Ebenso bedeutend wie die positiven Formulierungen sind die negativen Zerrbilder des Publikums, die im 18. Jahrhunderts vielfach entwickelt werden. Am Beispiel zweier solcher Negativbilder, des "Connaisseurs" und der "multitude" werden die Verbindungen zur ästhetischen Theorie untersucht. Traditionelle Öffentlichkeitstheorien hinterlassen noch weit in das 18. Jahrhundert hinein ihre Spuren. Dies führt zu Begrifflichkeiten, die nicht emanzipatorisch oder demokratisch geprägt sind und zu einem Verständnis von Öffentlichkeit, das nicht nur prinzipiell kritisch oder widerständig, subversiv oder oppositionell gedacht werden kann, sondern mit jeder Öffnung auch eine Schließung unternimmt. Das "Kunstpublikum" entwickelt sich in einem konfliktreichen Prozess, in dem sich die Zugangsberechtigungen zur Institution Kunst immer wieder verändern und neu ausdifferenzieren.
Das Motiv "Wasser" in der Kunst " unter Berücksichtigung der Werke Bill Violas und Fabrizio Plessis
(2008)
Wasser ist ein beliebtes Motiv in allen Kunstepochen. Der Grund für die Beliebtheit des Wassers als Sujet bei Künstlerinnen und Künstlern liegt einerseits an seiner existenziellen und kulturellen Bedeutung für das menschliche Leben und andererseits an seinen physikalischen Eigenschaften mit den daraus resultierenden vielfältigen gestalterischen Möglichkeiten. Auch in der Videokunst wird es häufig als Gegenstand aufgegriffen. Insbesondere Bill Viola (1952, USA), der tief von der östlichen Philosophie beeinflusst ist, und Fabrizio Plessi (1940, Italien) stellen in ihren Werken ein je besonderes Verhältnis zwischen Video und Wasser dar. Die vorliegende Arbeit befasst sich zunächst mit einer vergleichenden Be-trachtung der Bedeutung des Wassers in der westlichen und östlichen Kultur und einem Überblick über das Motiv in der Kunst vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert. Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Untersuchung der Videoskulpturen, Videoinstallationen und Videobänder Bill Violas und Fabrizio Plessis. Erörtert werden folgende Fragen: In welcher Weise hat das Wasser ästhetische, formale, inhaltliche oder symbolische sowie persönliche Bedeutung für die einzelnen Künstler? Auf welche Art haben sie ihre Vorstellungen in die Arbeiten umgesetzt? Wie weit wird dieses tradierte Thema und in welcher Form wird das natürliche Element in der Videokunst durch das moderne, technische Medium wieder aufgegriffen, weiter entwickelt oder modifiziert? Aus diesen Beobachtungen heraus zeigt die Autorin die Charakteristika der mit technischen Medien produzierten Kunstwerke der besprochenen Künstler bei der Verwendung des Motivs Wasser auf.
Kunst wird in erster Linie mittels ihrer Reproduktionen rezipiert " auch und gerade von der Kunstgeschichte. Dennoch würdigt die Wissenschaft sie nur selten einiger Aufmerksamkeit " und wenn doch, werden die Reproduktionen gegenüber den Originalen zumeist abgewertet. Die Dissertation setzt sich mit diesem eigentümlichen Verhältnis in dreifacher Hinsicht auseinander: Sie versteht sich als Skizze einer noch ungeschriebenen Geschichte der Kunstreproduktion, untersucht, wie die Industrialisierung der Bildproduktion um 1800 zur Konstitution der universitären Disziplin Kunstgeschichte beitrug und diskutiert schliesslich exemplarisch, dass die geringe Aufmerksamkeit der Kunstgeschichte für ihr Material kein unglücklicher Zufall, sondern grundlegend für die Disziplin ist.
Die Natur hat sich gewandelt. Dieser Wandel, der wichtige Fragen bezüglich Wahrnehmung, Darstellung, Neuschöpfung und Übermittlung der Natur mit einschließt, wird auch von künstlerischer Seite reflektiert. Tatsächlich ist in den vergangenen Jahren erneut ein wachsendes Interesse seitens der Künstler am Thema Natur abzulesen. Dieser vorläufige Höhepunkt des Trends ist vor allem auf das Ende der 1990er Jahre zu datieren. Zu dieser Zeit setzten sich auch verstärkt Ausstellungen und Publikationen mit diesem Themenkomplex auseinander. Mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Vorstellungen entwickelten Künstler darin eigene, ganz verschieden künstlerische Konzepte, analysieren, erforschen und kritisieren die Gesellschaft, die Umwelt und die Natur des Menschen. Ein Trend, der bis heute anhält. Die vorliegende Arbeit möchte anhand ausgesuchter Künstler und Arbeiten genauer untersuchen, wie Künstler gegenwärtig mit der Natur umgehen, wie sie das Verhältnis zur Natur definieren und auf welche Traditionen sie gegebenenfalls zurückgreifen. Alle vorgestellten künstlerischen Positionen werden thematisch oder hinsichtlich konkret fassbarer Probleme gegliedert und vorgestellt. Exkurse über historische Entwicklungen oder thematische Schwerpunkte begleiten die Übersicht. Ziel der vielfältigen Blickpunkte ist es, im Vergleich mit den einzelnen Positionen neue Standorte zwischen Natur und Kultur vorzustellen, neu zu definieren oder erst zu entwickeln.
Aus dem Spektrum dadaistischer Kunst greift die Arbeit den Teilaspekt Masken und Puppen heraus und behandelt sie im Hinblick auf primitivistische und performative Intentionen. Angesprochen sind die Aufhebung von nationalen, künstlerischen und personalen Grenzen, die Permissivität kultureller Systeme, die Dynamik und Medialität von Kunst sowie Interaktionsprozesse von Künstlern und Rezipienten. Der gewählte Ansatz fasst die Puppen und Masken des Dada Zürich unter den Begriff des "Agenten": Sie waren plastische Objekte, die aufgeführt wurden und sich selbst aufführten, die nicht nur "performative" (Handlungen vollziehende), sondern "performatorische" (Handlungen provozierende) Funktionen hatten. Sie waren in der Lage, Kräfteverhältnisse von Künstlern, Werken und Betrachtern zu erzeugen und zu beeinflussen. Sie stehen außerdem für die objektgewordene Auseinandersetzung mit Fragen von Alterität und Genderstereotypen. Alterität bezeichnet im Dada nicht nur die labile Beziehung zwischen Individuen und ihren Repräsentationen, sondern auch die performative Relation von Künstlern und Objekten, von Künstlern und Rollenbildern und von Künstlern zueinander. Das Künstlersubjekt wird ebenso wie seine Objekt-Beziehung als wandelbar erfahren und das Konzept von Autorschaft in einem System des "Geschehenlassens" aufgehoben.
Die Arbeit befasst sich mit der malerischen Darstellung von Sibyllen im Italien des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts. Die Sibyllen sind ursprünglich heidnisch-antike Prophetinnen, finden aber später einen Platz innerhalb des christlichen Heilsgeschehens. Seit dem fünfzehnten Jahrhundert häuft sich ihre bildliche Darstellung in Italien und erlebt bis zum Ende des sechzehnten Jahrhunderts einen Höhepunkt in der Freskomalerei, wobei meistens mehrere Sibyllen in einem zyklischen Zusammenhang auftreten. Zu Beginn des Seicento erscheint die Prophetin unvermittelt als Einzelfigur in der Bologneser Tafelbildmalerei, namentlich in Werken von Guercino und Domenichino. Verschiedene Aspekte dieses auffälligen Wechsels sowohl des Mediums als auch der Anzahl der Figuren in der sibyllinischen Darstellung werden untersucht. Ausgegangen wird dabei von einem letzten großen Freskenzyklus des sechzehnten Jahrhunderts, dem des Oratorio del Gonfalone in Rom, welcher bereits wissenschaftlich bearbeitet wurde. Insofern konnte auf fundiertes Material zurückgegriffen werden, um sich intensiver auf die inhaltliche Problematik der Sibyllendarstellungen zu konzentrieren, welche bisher vernachlässigt wurde. Die bislang von der Kunstgeschichte angewandten Methoden " namentliche Identifikation der einzelnen Sibyllen, Spekulation über die variable Anzahl der dargestellten Figuren und Interpretation der von ihr verkündeten Worte " werden dabei als verfehlt entlarvt. Stattdessen wird ein neuer, tiefergehender Ansatz vorgeschlagen, der dem allgemeinen Bedeutungsgehalt der Prophetin und dem Gesamtzusammenhang des Bilderzyklus, in welchem sie erscheint, Rechnung trägt und sinnvolle Ergebnisse zeitigt. Im Fall des Oratorio del Gonfalone wird so der Bezug der Sibylle zum Goldenen Zeitalter, der Eucharistie und dem Heiligen Grab analysiert. Dieser Versuch, das Verständnis der Sibylle über ihre bloße Rolle als prophetische Verkünderin zukünftiger Ereignisse auszuweiten, erscheint ebenso angemessen und tatsächlich notwendig hinsichtlich der Tafelbilder des siebzehnten Jahrhunderts, in welchen die Figur als isolierte Halbfigur in porträtähnlicher Manier auftaucht. Die Bedeutung dieser Figuren ist nicht mehr in einem übergeordneten Zusammenhang zu suchen, sondern muss sich aus den Ideen und Vorstellungen zum "sibyllinischen Charakter" erklären. Zwei besonders eminente Merkmale werden untersucht: die sibyllinische Melancholie und die reuige Buße der Figur. Durch die Betrachtung der für die Arbeit ausgewählten Bildbeispiele ergibt sich schließlich eine weitere Entdeckung: Die grobe Einteilung in Fresken vor und Tafelbilder nach 1700 wird genauer fassbar. Die Fresken zeigen einerseits Sibyllen, deren körperliche Präsenz im Bild stark hervorgehoben wird, während andernorts die mimetische Darstellung der Figuren zugunsten einer Betonung der beigefügten Orakeltexte deutlich vernachlässigt wird. So schälen sich schließlich nicht zwei, sondern drei verschiedene Arten bildlicher Sibyllendarstellung heraus, welche in der Arbeit erstmals präzise beschrieben und in ihren wichtigsten Teilaspekten interpretiert werden.
Erstmals wird der gesamte Zeichnungsnachlass des in Aachen tätigen Goldschmieds Reinhold Vasters (1827-1909) wissenschaftlich bearbeitet. Schwerpunkt ist ein Katalogteil, der die 1079 Zeichnungen (Inv.Nrn. E.2570- bis E. 3649-1919) zu Objekten in Gruppen ordnet. Die Katalognummern erfassen alle Entwürfe eines Objektes (Angabe von u. a. Maßen, Literatur) mit Farbabbildungen, stellen historische Vorbilder höfischer Sammlungen (Wien, München, Paris) und Ideengrundlagen gegenüber sowie Verbindungen im Konvolut her. Des weiteren sind liturgische Geräte chronologisch aufgeführt, deren Zahl im Vergleich mit profanen Arbeiten klein ist und für die sich im Gegensatz zu diesen meist kein Entwurf erhielt. Texte zu den Objektgruppen geben einen Überblick und erläutern exemplarisch die für Vasters typischen und symptomatischen Vorgehensweisen. Biographische Erkenntnisse (unter anderem ein Stammbaum) informieren über Ereignisse in seiner Vita und revidieren den Wissensstand - zum Beispiel war Vasters nicht erst 1853 in Aachen nachzuweisen, sondern schon 1849 als 'Goldarbeiter zu Crefeld'. Kapitel zur Ausbildung und Werkstatt ergänzen das Bild. Schließlich wird das Thema 'Vasters als Fälscher' beleuchtet und die Beziehungen zum Kunsthändler Frédéric Spitzer, dem Kanonikus Franz Bock und dem Pariser Goldschmied Alfred André.
Die Arbeit bietet die erste umfassende und vergleichende kunsthistorische Untersuchung der hoch spannenden und komplexen lokalen Helena-Traditionen von S. Croce in Gerusalemme Rom, der Trierer Kirche mit ihren Sondertraditionen in den Abteien St. Maximin und St. Eucharius/St. Matthias sowie der niederrheinischen Thebäer-Stifte Köln, Bonn und Xanten. Den Hintergrund bildet an jedem der fuenf Orte eine spezifische lokale Tradition, die unter verschiedenen Vorzeichen die Gruendung der jeweiligen Kirche durch die Mutter Konstantins postuliert. In Rom und Trier gilt sie darueber hinaus als Stifterin bedeutender Reliquien und Vorbesitzerin der Gebaeude, in denen die betreffende Kirche eingerichtet wurde. Umso interessanter ist die Frage nach dem Auftraggeber- und Nutzungskontext der untersuchten Helena-Darstellungen des 13. bis 18. Jahrhunderts, vor allem in Trier, wo die Helena-Tradition in einem komplexen Spannungsfeld politischer Legitimationsverhaeltnisse steht.
A. F. Bluntschli studierte in Zürich bei Gottfried Semper. 1863 ging er nach Florenz, im folgenden Jahr an die Ecole des Beaux-Arts Paris. 1866 zog er nach Heidelberg und 1870 nach Frankfurt am Main. Dort unterhielt er mit C. J. Mylius ein erfolgreiches Architekturbüro. Von 1881 bis 1914 lehrte Bluntschli am Züricher Polytechnikum. Bereits vor Abschluss des Studiums hatte er sich "Renaissance" als Lebensmotto gewählt. Auf dem Höhepunkt seines Schaffens war Bluntschli eine international anerkannte Autorität. Als er 1930 starb galt sein Å’vre als unzeitgemäß. Der seiner Bedeutung keinesfalls gerecht werdenden Beachtung in der Literatur steht bisher nicht ausgewertetes Material in selten reichem Umfang gegenüber. Dieses wird vorgestellt und ausgehend davon gezeigt, daß Bluntschli in einer Breite wie kaum ein anderer über Jahrzehnte zur Lösung verschiedenster Gebäudetypen für sich ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stellende sowie gewandelte oder erweiterte Bauaufgaben beigetragen hat, wobei neueste Entwicklungen stets Berücksichtigung fanden. Priorität hat dabei die Suche nach einer der Aufgabe entsprechenden individuellen Entwicklung von Grundriß und Raumgefüge, was zu neuen Lösungen führt. Stil muss für ihn entwicklungsfähig, an moderne Bedürfnisse anpassbar sein. Alfred Friedrich Bluntschlis Renaissancebegriff trennt nicht streng zwischen den auf "antiken Prinzipien" basierenden Stilen. Seine Position zwischen späterem Klassizismus und Moderne wird von Festhalten an Traditionellem und Offenheit gegenüber "gewachsenem" Neuen, jedoch Ablehnung "ahistorischer" Architektur gekennzeichnet.
Das 19. Jahrhundert ist besonders im Rheinland durch eine außergewöhnliche Produktivität im Bereich des Kirchenbaues gekennzeichnet. Der starke wirtschaftliche Aufschwung und ein damit einhergehendes Bevölkerungswachstum veranlasste viele Gemeinden, ihre Kirchen zu erweitern oder aber die zum Teil baufälligen mittelalterlichen Pfarrkirchen durch Neubauten zu ersetzen. Diese umfangreichen Baumaßnahmen im Bereich der Sakralarchitektur stellte die wissenschaftliche Aufarbeitung und die Denkmalpflege aufgrund der Anzahl der zu bearbeitenden Objekte vor eine schwierige Aufgabe. Da viele Kirchenbauten des 19. Jahrhunderts das Aussehen der wachsenden Ortschaften mitbestimmt haben, ist ihre baugeschichtliche Dokumentation eine wichtige Voraussetzung für das Verständnis und die Erhaltung dieser, die Pfarrgemeinden prägenden Zeitdokumente. Durch die Erstellung eines Werkkatalogs der Kirchenbauten der Architekten Carl Rüdell und Richard Odenthal, wird ein Baustein zur Inventarisierung und Aufarbeitung in diesem Bereich geliefert. Zum ersten Mal liegt ein solcher nun sowohl für die Erweiterungsbauten als auch für die Neubauten im Bereich der Sakralarchitektur des bislang vor allem als Kölner Maler bekannten Carl Rüdell (1855 " 1939) in der Architektengemeinschaft mit dem weithin unbekannten Richard Odenthal (1855 " 1919?) vor. Das Duo arbeitet im letzten Drittel des 19. bis in das erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Die vorliegende Arbeit analysiert die stilistischen Merkmale im Oeuvre der beiden Architekten, beleuchtet im werkimmanente Vergleich die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Kirchenbauprojekten, klärt Fragen zur Baukonstruktion und Materialästhetik und bewertet die historische Bedeutung von Rüdell und Odenthal für den Kirchenbau ihrer Zeit. Dass Hinzuziehen von architektonischen Vorbildern bereichert die Analyse der Kirchbauten. Der Werkkatalog und die genau kunsthistorische Betrachtung wird ergänzt um Kapitel zur Wirtschafts- und Firmengeschichte des Büros Rüdell&Odenthal. Die Dissertation schließt somit an die intensive Forschungsdiskussion zur sakralen architektonischen Hinterlassenschaft des 19. Jahrhunderts an.
The painter Marianne Werefkin (born 1860; died 1938), from the circle of artists known as the Blue Rider (Der Blaue Reiter) in Munich and lifelong companion of Alexej Jawlenskys, lived in Russia and Latvia the first 36 years of her life. She received her artistic education in Moscow and St. Petersburg. Nevertheless the influence of Russian art on her Munich creative phase has been until now been omitted from research literature. Hence it lacks an important basis for the understanding of her creative output. In many respects Marianne Werefkin led the way in bringing the goals of so-called Russian Realism (russischen Realismus) onto another level, one in which the transmission of emotions was seen as a central aspect. The way the pictures of her teacher Ilja Repin had nothing to do with superficial emotion through simple moralistic categorization, but rather the painter demonstrated life's interconnectedness. After a new artistic beginning in Munich Werefkin took out the historical-daily context from her motifs, since, in the spirit of her time, she had recognized that everything visible was illusion. However she made use of actual reality as a repertoire of symbols for her own feelings, representing universal situations and allowing the total picture space to be the bearer of emotions. In that respect she is different from Wassily Kandinsky, who employed abstraction until reference to reality dissolved. Art for Werefkin involved no self-purpose, but should have a positive influence upon the observer. Narrative instruction is pushed to the background through the way it interacts, which depends upon knowledge of psychology and spiritual groups.
Hamanns Rittergrabmäler
(2002)
Hamanns knight tombs - Reception and transformation of a French type The thesis deals with an important group of tombs in the history of medieval art. The object of research is a particular group of figurative tombs for nobles from Marburg, Cappenberg, Bielefeld and Münstereifel. These tombs were brought to art historians attention by Richard Hamann in the year 1929. For the first time the research at hand considers the tombs as particularly instructive examples thus strengthening the basis for medieval studies. They also explain the function of memorial sculpture in medieval history. Interdisciplinary approaches of medieval studies are combined with critical valuation of historical research as well as fundamental research and the interpretation of sources. The up-to-date unpublished sources from the starting point for the specific research of the tombs. Biographic-genealogical aspects, actual church law, the historical-social context and the memorial purpose are the research areas from which the meaning of tombs was elaborated, as well as taking into consideration the medieval mentality about death and memory. The results of the research give a new valuation of these tombs, which form a key position regarding the spectrum of their statement for the development of art history and memorial history in the 14th century. The tombs reveal contact between artist and patron. They help to find out more about social circumstances intertwined with medieval art comissions. These memorials prove the existence of artistic grave specialists in the western German region of the 14th century, who were recommendet in turn by the closely related noble familiy. On a social-cultural level these memorials show the importance of royal French art as a distinctive model further more expressing the need for oneself to express social status by the means of art. These memorials are closely related to certain people. They are crucial to the research of medieval memorial sculpture. The memorial from Cappenberg is a paradigm for the shift from a cult ideology to a pure economic ideology thus showing proof of patroned memorials. Whereas the tombs in Marburg, Bielefeld and Münstereifel are keyworks showing the relevance of spontaneous and private memorial of the dead.