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Islam und Menschenrechte: Sind dies zwei Begriffe, die sich gegenseitig ausschließen? Auf den ersten Blick nicht, denn mit der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Islam" von 1981 und der "Kairoer Erklärung der Menschenrechte" von 1990, seien nur zwei Beispiele genannt, die versuchen Menschenrechte und Islam in Einklang zu bringen. Bei genauerem Hinsehen erblickt man jedoch wesentliche Problemfelder, die Zweifel zulassen, ob die islamischen Menschenrechtserklärungen eine ähnliche Garantie wie die "AllgemeinernMenschenrechtserklärung" der UN-Vollversammlung von 1948 bieten. Augenscheinlichster Unterschied ist, dass die Scharia in den genannten Erklärungen absolut gesetzt wird, und somit die Garantien und Freiheiten, insbesondere im Hinblick auf "Nichtgläubige" und Frauen, eingeschränkt werden. Kann man also von einer Menschenrechtserklärung sprechen, wenn nicht alle Menschen unabhängig von Religion und Geschlecht gleich sind? Dennoch darf nicht der Fehler gemacht werden, Islam und Menschrechte in ein Ausschlussverhältnis zu setzen: Wie die Autorin zeigt, gibt es Bewegungen, die sich für eine Neuausrichtung in der islamischen Menschenrechtsdebatte einsetzen und sich im Hinblick auf Opfer von Menschenrechtsverletzungen engagieren. Wer letztendlich im Streit um die Allgemeingültigkeit der Menschenrechte oder aber der Scharia obsiegen mag, ist noch offen.
Dürfen Frauen aus islamischen Kulturkreisen aus freien Stücken heiraten? Ist die "Zwangsehe definitiv unislamisch"? Warum verabschiedete jedoch die "Deutsche Islamkonferenz" im April 2012 eine "Erklärung gegen häusliche Gewalt und Zwangsheirat"? Warum nehmen Frauenrechtlerinnen wie Serap Çileli, Necla Kelek oder Seyran Ate so engagiert Stellung gegen das Phänomen Zwangsheirat im islamischen Kulturkreis? Liegt die Problematik vor allem in Traditionen, unzureichender Bildung, mangelnden materiellen Resourcen, in Machtmissbrauch oder doch in der Religion begründet? Auf der UNO-Welt-Konferenz des Jahres 2000 in Peking wurden Zwangsehen erstmalig als Verletzung der Menschenrechte anerkannt. In Deutschland wurden sie mit dem 01.07.2011 unter -§ 237 StGB ins Strafrecht aufgenommen; sie können nun in Deutschland mit 6 Monaten bis 5 Jahren Gefängnis bestraft werden. Verlässliche Statistiken zur Zahl der Zwangsehen in westlichen Ländern existieren zwar nicht; in einzelnen Städten wie Berlin oder Hamburg werden allerdings mehrere Hundert Fälle pro Jahr dokumentiert. Ihren Opfern gebührt unsere volle Unterstützung, und auch innerhalb der islamischen Gemeinschaften sollte die Problematik der Zwangsehe beständig thematisiert werden.
Mord im Namen der "Ehre", die Strafe für die Missachtung einer klar definierten Rolle der Frau, findet weder im Koran noch in der Theologie des Islam eine Grundlage. Dennoch ereignen sich Ehrenmorde vor allem in islamischen traditionellen Gesellschaften, in denen sehr eindeutig und streng definierte Normen für Mann und Frau, die mit religiösen Anordnungen begründet werden, im Kollektiv überwacht und Grenzüberschreitungen vor allem Frauen schuldzuschreibend zur Last gelegt werden. Nicht nur in islamisch geprägten Ländern, sondern auch im Westen sind nahöstliche Auffassungen weiblicher und männlicher Geschlechterrollen wie auch die Ehrenmorde selbst zu einem Thema von immenser Bedeutung geworden. Geht es doch zunächst darum, sich mit kulturell-religiös begründeten Sichtweisen von Zuwanderergemeinschaften zu beschäftigen. Dann aber muss es, allein im Zuge der brennenden Fragen von Integration und der praktischen Gestaltung eines konstruktiven Zusammenlebens, auch um eine fundierte Auseinandersetzung über die Grenzen kultureller Toleranz und um konkrete Menschenrechtsverletzungen gehen. Ist es Zufall oder Zwangsläufigkeit, dass gerade in der dritten Generation muslimischer Migranten diese Problematik besonders aufbricht? Es ist Zeit zur Aufklärung und zum Handeln.
Kommt die Scharia auch in Deutschland zur Anwendung oder wäre die Inkorporation bestimmter Teile der Scharia in deutsches Recht zumindest wünschenswert? Könnte Großbritannien hier Vorbild sein, wo Schlichtungsgerichte für muslimische Streitparteien ebenso wie die staatlicherseits anerkannten Schariagerichtshöfe fest etabliert sind? Und wie sind islamische Friedensrichter in Deutschland zu bewerten, die vielerorts eine vermittelnde Rolle zwischen muslimischen Tätern und deutschen Strafverfolgungsbehörden übernehmen? Schiedssprüche zwischen Konfliktparteien gleich welcher Religionszugehörigkeit können nur dann als vorteilhaft beurteilt werden, wenn sie geeignete, rechtstreue, ausgebildete Personen durchführen, die nach rechtsstaatlichen Prinzipien urteilen und der gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Schiedsverfahren dürften traditionellem Schariarecht nicht folgen, da es in seiner klassischen Auslegung staatlichem Recht widerspricht und ebenso wie das Operieren von "Friedensrichtern" integrationshemmend wirkt.