Rechtspolitisches Forum
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Das Grundgesetz ist keine bloße Neuauflage, sondern vielmehr eine Weiterentwicklung der Weimarer Reichsverfassung. Obwohl dem Namen nach gar keine „Verfassung“, wird das Grundgesetz spätestens seit der Wiedervereinigung nicht mehr als vorläufige, sondern als endgültige gesamtdeutsche Verfassung angesehen. Strikte Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit, umfassender Grundrechtsschutz und die Einführung der sog. „Ewigkeitsklausel“ (Art. 79 Abs. 3 GG) sind nur einige Elemente, mit denen „Bonn“ korrigierte, was „Weimar“ noch nicht vermochte. Nicht zuletzt die umfangreiche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat das Grundgesetz zu dem umfassenden Regelwerk gemacht, das nunmehr 70 Jahre ohne eine größere Verfassungskrise überdauert hat.
Die in dieser Ausgabe zusammengefassten Beiträge, die im Mai 2019 im Rahmen einer Festveranstaltung im Rokoko-Saal der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier gehalten wurden, beleuchten aus unterschiedlichen Perspektiven die Hintergründe der deutschen Verfassungsrechtsgeschichte und bieten eine Bestandsaufnahme über aktuelle Entwicklungen.
79
Major threats to the Spanish Constitutional Court’s independence and authority have come, first, from political parties and the media and, second, by the Catalonian secession movement. The authority and the legitimacy of the Constitutional Court were tested in the stormy
proceedings on the Statute of Autonomy of Catalonia of 2006 that ended in 2010 and, above all, in the period of 2013–2017, when successive acts directed at the secession of were recurrently Catalonia challenged before the Court and subsequently overturned, and to stop the continued disobedience its rulings the of Court was given extended execution powers for its judgments. These new powers include the temporary replacement of any authority or public official that does not comply with a Court’s ruling and the ordering of a substitutive execution through the central government. The Court declared the new powers to be consistent with the Constitution (with three dissenting votes by four constitutional judges) and it even used them for the first time to enforce its prohibition of the referendum on the independence of Catalonia of 1 October 2017. Nevertheless, the Venice Commission has raised doubts about the opportunity of those powers, which are unusual in European constitutional jurisdiction models. At the end, the Court’s powers were not enough to stop the Catalonian secession process, and on 27 October 2017 the state government implemented the federal coercion clause and suspended Catalonian autonomy until new elections were held.
78
Tschechien hat nach deutschem Vorbild ein sehr starkes Verfassungsgericht. Das Gericht besitzt die Kompetenz, nicht nur verfassungswidrige Gesetze aufzuheben, sondern auch alle Entscheidungen anderer Gerichte, wenn sie die Grundrechte verletzen.
Im grundsätzlichen Urteil des Plenums des Verfassungsgerichts Pl. ÚS
27/09 (Nr. 318/2009 Sb., Fall Melčák) hob das Verfassungsgericht
sogar das Verfassungsgesetz über die Verkürzung der fünften Wahlperiode der Abgeordnetenkammer auf. Das Verfassungsgericht stimmte so der Auslegung zu, dass es die Befugnis hat, auch das Verfassungsgesetz aufzuheben, falls dieses eine unzulässige Änderung der wesentlichen Erfordernisse eines demokratischen Rechtsstaats bedeutet (Art. 9 Abs. 2 der Verfassung). Die fünfzehn Richter des Verfassungsgerichts werden vom Präsidenten der Republik mit Zustimmung des Senats auf zehn Jahre ernannt; ein Verfassungsrichter muss mindestens vierzig Jahre alt sein, über eine juristische Ausbildung und eine zehnjährige Praxis verfügen (Art. 84 der Verfassung); Wiederernennung ist möglich und kommt in der Praxis vor. Im Gegensatz zu anderen Verfassungsorganen genießt das Verfassungsgericht das besondere Vertrauen der Öffentlichkeit.
Der Beitrag von Dr. Wintr fasst die wichtigsten Urteile des tschechischen Verfassungsgerichts zusammenfassen.
77
Although geographically it belongs to Europe, as far as the constitutionality control of the statutory provisions is concerned, Greece follows the American system. That means that there is no Constitutional Court and, on the contrary, every court (even those of first instance) are entitled, and indeed obliged, to control the constitutionality of the laws (Articles 87 par. 2 and 93 par. 4 of the Greek Constitution). The Greek Courts examine only the substantial and not the formal constitutionality of the statutory provisions. If a court comes to the result of the unconstitutionality, then the statutory provision is not annulled and removed from the legal order, but it is not applied by the court in the relevant court procedure. The only – rather rare – case where a statutory provision is erga omnes annulled is when this is ordered by a decision of the Highest Special Court (Article 100 of the Greek Constitution), following a disagreement between two of the three highest Courts, namely between Symvoulio tis Epikrateias (highest Administrative Court), Areios Pagos (Cassations Court in Civil and Criminal procedures) and Elegtiko Synedrio (Court of Audit).
The presentation is going to examine the origins of the Greek system of the constitutionality control. It will also focus on the advantages and disadvantages of the Greek system and on the scientific and political discussion. Last but not least, the presentation will examine the role of the Council of State, which, although formally not a Constitutional Court, in practice issues the vast majority of the court decisions which accept the unconstitutionality of statutory provisions.
76
Mit dem am 10. Juli 2015 in Kraft getretenen „Gesetz zur Tarifeinheit“ wird der durch das Bundesarbeitsgericht im Jahre 2010 aufgegebene Grundsatz der Tarifeinheit durch den Gesetzgeber reaktiviert. Das Ziel des Gesetzes ist es, die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie durch die Auflösung von Tarifkollisionen zu sichern. Schon das Gesetzgebungsverfahren wurde durch vielstimmige Gutachten und Stellungnahmen begleitet, die sich nicht nur mit der verfassungsrechtlichen Problematik der gesetzlichen Regelung auseinandersetzen, sondern auch mit deren Anwendung in der tarifrechtlichen Praxis. Denn mit dem Instrument der Verdrängung eines geltenden Tarifvertrags im jeweiligen Betrieb nach dem Mehrheitsprinzip in Fällen einer Tarifkollision hat der Gesetzgeber zugleich in vielerlei Hinsicht „Neuland“ betreten.
Mit der vorstehenden Thematik befasst sich dieser Forums-Beitrag von Dr. Jürgen Treber, Richter am Bundesarbeitsgericht. Er geht dabei insbesondere auf Inhalt und Regelungssystematik der zentralen Kollisionsauflösungsregelung des § 4a Abs. 2 TVG ein.
75
Eine unabhängige Zentralbank auf europäischer Ebene war immer ein besonders deutsches Petitum. Seit 2010 ist die Unzufriedenheit mit der Geldpolitik der EZB jedoch gerade in Deutschland beständig gewachsen. Mit dem OMT-Programm vom September 2012 hat die EZB aus Sicht vieler Beobachter die Grenzen zulässiger Geldpolitik überschritten. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seiner historischen ersten Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union diese Auffassung geteilt; der Gerichtshof ist ihm aber nicht gefolgt und hat im Juni 2015 das OMT-Programm für europarechtskonform erachtet. Der vorliegende Beitrag – der auf einem Vortrag vor der abschließenden Bundesverfassungsgerichtsentscheidung beruhte – ordnet die Rechtsfragen des Verfahrens europarechtlich und verfassungsrechtlich ein. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.06.2016 wird dabei punktuell noch berück sichtigt. Der Verfasser erläutert zunächst die für die Tätigkeit der EZB und ihre Aufgabe der Geldpolitik bestehenden europa- und verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen. Sodann stellt er die durch die Rechtsprechung des BVerfG entwickelten verfassungsrechtlichen Kontrollmaßstäbe dar, die zu einer Verschränkung der beiden Rechtsebenen führen können und eine Kontrolle der europäischen Integration durch das BVerfG ermöglichen. Schließlich widmet sich die Abhandlung dem durch die globale Finanzkrise seit den Jahren 2007/2008 und die sich hieran anschließende EURO-Staatsschuldenkrise eingetretenen Wandel der Geldpolitik insbesondere den von der EZB als Reaktion auf die anhaltende Krise eingesetzten „unconventional monetary policy measures“ und den hierzu bisher anhängigen Verfahren auf europäischer und nationaler Ebene. Ein besonderer Fokus liegt hierbei freilich auf dem OMT-Programm.
74
Der vorliegende Artikel hat das Ziel, den Forschungsgegenstand der Unbestimmtheit in der europäischen Rechtswissenschaft herauszustellen. Es wird der Sinn der Unbestimmtheit in der Philosophie, einschließlich der modernen Philosophie, analysiert. Der Artikel unterbreitet den Vorschlag, die Unbestimmtheit als eine positive Eigenschaft des Rechtes zu betrachten. Zu den Erscheinungsformen der Unbestimmtheit im Recht gehören Prinzipien des Rechtes, Rahmengesetze, Bewertungsbegriffe u. a. Besondere Aufmerksamkeit wird dem rechtsanwendenden Ermessen, einschließlich dem gerichtlichen, zugeteilt. Es wird auch vorgeschlagen, die Konkretisierung, vor allem die rechtsschöpfende, als Mittel des Übergangs der Unbestimmtheit zur Bestimmtheit im Recht anzuerkennen. Unbestimmtheit kann als logisch-sprachliche Störung rechtlicher Regelung begriffen werden. Zu unterscheiden sind die logische, die sprachliche und die graphische Unbestimmtheit. Die logische Unbestimmtheit tritt in Form von Widersprüchen in Rechtsnormen und von Lücken in der Gesetzgebung auf.
Besondere Aufmerksamkeit wird der Rolle des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bei der Überwindung der rechtlichen Unbestimmtheit zugeteilt.
73
Subject of this publication is torture as an interrogational instrument in criminal proceedings from a legal history point of view. Thereby, the paper at hand is the continuation of Volume I (published in 2014, number 68 of the Legal Policy Forum).
Volume II covers the following historical periods: Late Middle Ages and Early Modern Age; the latter ending with the 18th century as the so called Century of Enlightenment, being the actual beginning of the Modern Age in criminal law and criminal procedure law.
The paper ends with critical remarks against the predominant view that the torture's reign of terror in the former inquisitionsprozess merely was the inevitable consequence of the unreasonable kaw on evidence applicable at that time.
72
Wladimir Putin beherrscht seit 15 Jahren die politische Bühne in Russland. In dieser Zeit hat kein anderes Land in Europa vergleichbar dramatische Änderungen der gesellschaftlichen Verhältnisse, der wirtschaftlichen Ordnung und des politischen Systems erfahren. Die Verknüpfungen zwischen Wirtschaft, Militär, Sicherheitsdiensten, Politik und organisierter Kriminalität haben ein gefährliches Milieu geschaffen. Dort sind Gefahren und Bedrohungen entstanden, die über die Grenzen Russlands hinausreichen. Die Folgen dieser besorgniserregenden Entwicklung, bei der die Staatsfinanzen, aber auch die Aktivitäten der russischen organisierten Kriminalität wie etwa die Geldwäsche eine besondere Bedeutung haben, sind unter anderem Gegenstände dieser Schrift, die zum ersten Mal die strategischen und sicherheitspolitischen Zusammenhänge sowie die konkreten kriminellen Methoden der Beteiligten beschreibt.
71
Das Bundesverfassungsgericht ist an der Schnittstelle zwischen Recht und Politik angesiedelt. Seine Entscheidungen haben eine hohe politische Relevanz und sehen sich nicht selten auch harscher Kritik ausgesetzt. Der Vorwurf, das Gericht würde als Ersatzgesetzgeber originäre Rechte des Parlaments beschneiden und zunehmend Politik betreiben, ist dabei oftmals zu hören. In der Bevölkerung hingegen genießt das Gericht seit jeher ein besonders hohes Vertrauen. Ihm wird die Sachkompetenz zugesprochen, das Verfassungsrecht politisch neutral zu schützen und zeitgemäß auszulegen. Wo aber liegen die kompetenziellen Grenzen zwischen Gericht und Gesetzgeber? Wie weit reicht die Entscheidungsbefugnis? Über diese spannenden und grundlegenden Fragen diskutierte ein hochkarätig besetztes Podium im Rahmen des vom Institut für Rechtspolitik veranstalteten Rechtspolitischen Kolloquiums am 18. Juli 2014.
70
Der vorliegende Artikel ist das Manuskript des Vortrages zum Thema "Rechtspolitik im Kontext der Globalisierung", der anlässlich der jährlichen Zeugnisvergabe an die Absolventen der Fachspezifischen Fremdsprachenausbildung im Juli 2014 an der Universität Trier gehalten wurde. Er verdeutlicht die wachsende Bedeutung der vergleichenden Rechtspolitik in einer globalisierten Welt. Besonders bei integrativen Prozessen, wie sie auf Ebene der Europäischen Union und der Eurasischen Wirtschaftsunion stattfinden, sei die Forschung im Bereich der vergleichenden Rechtspolitik von großer Bedeutung, weshalb der Autor eine aktivere Zusammenarbeit verschiedener rechtspolitischer Forschungseinrichtungen anregt.
69
Gerade in Zeiten des NSU-Skandals und internationaler Spionage-Affären ist eine Institution in der Bundesrepublik wieder mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt: der Verfassungsschutz. Die Rolle des Verfassungsschutzes bei der inneren Sicherheit wird in diesem Beitrag vom Präsidenten des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes sowie zwei seiner Mitarbeiter genauer dargestellt. Dabei werden zunächst die Strukturen und Kompetenzen der Behörde erläutert (Teil I). Zwei besondere Tätigkeitsfelder - die des Rechtsextremismus sowie des Islamismus - werden im Anschluss daran (Teile II und III) genauer beleuchtet und einige wichtige Erkenntnisse aus diesen Bereichen präsentiert.
68
Subject of this publication is torture as an interrogational instrument in criminal proceedings from a legal history point of view. Thereby, the author makes a distinction between torturing the accused on the one hand and, on the other hand, torture as an instrument to force a witness' incriminating testimony against third parties (in German: Zeugenfolter), torture as a means to avert dangers (lifesaving torture), torture as an additional cruelty to the accused's punishment (in German: Straffolter), and corporal punlishment for lying in a court. Only the first manifestation, namely torturing the accused intending to extort his confession, is the real subject of this paper.
67
Der vorliegende Artikel widmet sich der Eurasischen Wirtschaftsunion, die im Jahr 2015 als Ergänzung zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gegründet werden soll. Bei der Schaffung und Sicherstellung funktionierender rechtlicher Grundlagen dieser supranationalen Organisation sowie der Bestimmung ihrer rechtlichen Natur soll einerseits auf die positiven Erfahrungen der bereits heute auf dem postsowjetischen Raum existierenden zwischenstaatlichen Vereinigungen und Organisationen sowie andererseits auf die Erfahrungen der Europäischen Union zurückgegriffen werden.
66
Als Instrument der Regelung des rechtlichen Lebens tritt die Rechtspolitik auf, die sich dabei unbedingt einer vergleichenden Herangehensweise bedient. Sowohl für die Annahme von Lösungen, die über die Nutzung der ausländischen rechtlichen Erfahrung gefunden werden, als auch für die Absage an diese Lösungen ist es nötig, nicht nur die Prozedur der vergleichenden rechtlichen Analyse, sondern auch vergleichende rechtsstaatliche und vergleichende politikwissenschaftliche Expertise zu verwenden. Außerdem ist es bei der Findung der für die Gesellschaft annehmbaren Lösungen nötig, sich auf die Prozedur des sozialwissenschaftlichen Monitorings zu stützen, die periodische Umfragen in verschiedenen Gruppen der Öffentlichkeit durchführt. Es ist sehr wichtig, sich bei der Durchführung der Forschungen nicht auf den Monopolismus irgendwelcher bestimmten (z.B. hauptstädtischen oder regierungsnahen) wissenschaftlichen Strukturen zu beschränken, sondern die juristischen Fakultäten außerhalb der Hauptstadt - besonders bei der Durchführung der Umfragen der öffentlichen Meinung - aktiv einzubeziehen.
55
In a case of robbery, some people actually use violence to steal - but others may supply information or weapons, make the plans, act as lookouts, provide transport. Certainly the actual robbers are guilty - but what of the others? How does Hong Kong's version of the common law answer this question now? How should the question be answered in the future?
54
Schon seit geraumer Zeit wird darüber diskutiert, ob die Besetzung der Rundfunkgremien im Allgemeinen und beim ZDF im Besonderen mit dem aus der Rundfunkfreiheit abzuleitenden Gebot der Staatsferne vereinbar ist. Nachdem sieben der vierzehn Verwaltungsratsmitglieder des ZDF im September letzten Jahres gegen den Vorschlag des Intendanten Markus Schächter gestimmt haben, den Vertrag von Nikolaus Brender als Chefredakteur zu verlängern, hat diese Diskussion an Brisanz gewonnen. Kritiker halten die aus ihrer Sicht zu staats- und politiknahe Besetzung des ZDF-Verwaltungsrates und des Fernsehrates für unvereinbar mit dem Grundgesetz. So will die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen mit einem Normenkontrollverfahren, für das sie allerdings ein Viertel der Mitglieder des Bundestages benötigt, durch das Bundesverfassungsgericht klären lassen, ob die im ZDF-Staatsvertrag vorgesehene Zusammensetzung des Fernseh- und des Verwaltungsrates mit der Rundfunkfreiheit vereinbar ist. Nunmehr hat auch das Land Rheinland-Pfalz ein solches Normenkontrollverfahren angekündigt. Dabei geht es um eine wichtige Frage. Die Rundfunkfreiheit mit einem unabhängigen, staatsfernen und qualitätsvollen öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts für die Demokratie schlechthin konstituierend.
57
Die erst vor einigen Jahren als System zur Qualitätssicherung eingeführte Akkreditierung von Studiengängen steht aktuell auf dem Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts. Wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit derrnAkkreditierungspflicht in Nordrhein-Westfalen hat das Verwaltungsgericht Arnsberg ein Klageverfahren ausgesetzt und den Fall dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, das nun über die Vereinbarkeit der Vorschriften mit dem Grundgesetz zu entscheiden hat. Welchen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet das deutsche Akkreditierungssystem im Einzelnen? Welche Erfolgsaussichten hat die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht? Welche Konsequenzen hätte es für das gesamtdeutschernAkkreditierungswesen, wenn das Bundesverfassungsgericht die Akkreditierungspflicht für verfassungswidrig erklärt? Diesen und anderen Fragen widmet sich der vorliegende Beitrag.
56
In recent years, Islamic banking has been one of the fastest growing markets in the financial world. Even to German banks, Islamic finance is not as 'foreign' as one might think. Indeed, several banks are already operating so-called "Islamic windows" in various Arab countries. However, German banks are still reluctant to offer 'Islamic' products in Germany, despite the fact that approximately 3.5 million Muslims currently live there. Potential reasons for this reluctance include widespread misunderstanding of Islamic banking in Germany and prevailing cultural prejudice towards Islam generally. The author seeks to address these concerns and to take an objective approach towards understanding the potential for Islamic banking in Germany. Legally, Islamic law cannot be the governing law of any contract in Germany. Therefore, the aim must be to draft contracts that are both enforceable under German law and consistent with the principles of Shari'a " the Islamic law. In this paper, the author gives a detailed legal analysis of the most common Islamic banking products and how they could be given effect under German law, while attempting to address widespread concerns about arbitration or parallel Shari'a courts. This publication is one of the first legal analysis of Islamic banking products in Germany. As such, its goal is not to be the final word, but rather to begin the conversation about potential problems and conflicts of Islamic banking in Germany that require further investigation.
53
Der Beitrag skizziert rechtsstaatliche Entwicklungen unter besonderer Berücksichtigung der aktuellen terroristischen Bedrohungslage und der ihr folgenden Reaktionen der deutschen Sicherheitsgesetzgebung. Dabei zeigt der Beitrag grob auf, was heutzutage unter dem Begriff "Rechtsstaat" verstanden wird und wie sich die Prinzipien "Sicherheit" und "Freiheit" innerhalb eines modernen Rechtsstaatsverständnisses bedingen. Die Darstellung beschreibt darauf hin die aktuelle terroristische Bedrohungslage, die als ein diffuses und unbestimmtes Risiko empfunden werden kann und die aufgrund der Bedrohungslage, den komplexen Netzwerkstrukturen, dem Schadensausmaß und schließlich ihrer abschreckungsresistenten und anonymen Akteure mit einem technischen oder natürlichen Großrisiko verglichen werden kann, auf das alleine mit einem effektiven Risikomanagement präventiv reagiert werden kann. Dass dieser Präventionsgedanke bereits in aktuellen Sicherheitsgesetzen vorhanden ist, wird anhand einigen legislativen und judikativen Akten deutlich gemacht und einer kritischen Würdigung unterzogen. Insbesondere Vorhaben wie die Vorratsdatenspeicherung oder das 2009 in Kraft getretene Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttatenrn(GVVG) sind Indikatoren für eine zunehmend präventiv und risikosteuernd agierende deutsche Sicherheitsarchitektur. Außerdem sind die präventiv ausgerichteten Sicherheitsbehörden zunehmend auf die heimliche Sammlung von Informationen angewiesen. Der Beitrag warnt davor, dass damit das gesamte Sicherheitsrecht auf eine einzige Extremsituation ausgerichtet wird und somit den "Ausnahmezustand" zu einem normalen Sicherheitsrisiko reduziert.
52
Dans la jeune République turque qui n"a pas adopté le sécularisme anglais, mais plutôt le système de laïcité française comme modèle, il faut se poser aujourd"hui la question des évolutions respectives de ces systèmes. À l"heure du centenaire de la laïcité française, de la loi de 2004 encadrant le port de signes ostentatoires à l"école, nous souhaitons envisager l"histoire de la laïcité et son application actuelle en France afin de mieux comprendre, critiquer et éventuellement adapter ce système à la Turquie qui se prépare pour son entrée dans l"Union européenne.
51
Fälle von Kindesmisshandlung schrecken immer wieder die Öffentlichkeit wach und haben den Ruf nach einem früheren Tätigwerden des Staates immer lauter werden lassen. Der Beitrag geht der Frage nach, ab wann und mit welchen Mitteln sich der Staat im Interesse des Kindesschutzes in die Familie hineinbewegen kann und darf. Damit soll ein kleiner Beitrag zur Schnittstelle zwischen Elternprimat und staatlicher Verantwortung für den Kindesschutz auf den zwei Ebenen Kinder- und Jugendhilfe einerseits sowie Familiengericht andererseits geleistet werden.
50
Vom 23.-25.9.2009 sind die wichtigsten Entscheidungen für die europäische und internationale Finanzmarktarchitektur seit langem gefallen. Die Europäische Kommission hat Vorschläge für die Bildung eines Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) und eines Europäischen Systems für die Finanzaufsicht (ESFS) vorgelegt und die G-20-Staaten haben sich in Pittsburgh auf neue internationale Regeln für die Finanzmärkte geeinigt. Der Autor nimmt in seinem Beitrag eine erste kritische Beurteilung dieser Vorschläge vor.
49
The article deals with the responsibility of the financial sector under criminal law in Germany. This question has been of special interest since the beginning of the financial crisis. The author argues that the transactions of asset-backed securities based on American subprime mortgages fulfill all legal elements of the criminal offence "breach of trust" (Untreue). From the author's point of view, the people's legal loyalty would be severely affected if there were no criminal proceedings against such bankers who purchased those toxic asset-backed securities without sufficient information on their structure and value. Refraining from criminal prosecution even in cases causing high loss would send a dangerous signal towards the investment banking industry.
48
Der Beitrag befasst sich mit dem Einsatz der deutschen Marine bei der Bekämpfung des Terrorismus im Rahmen der Operation Enduring Freedom (OEF), bei der Verhinderung einer Verbreitung von Massenvernichtungswaffen im Rahmen der Proliferation Security Initiative (PSI) und bei dem Kampf gegen die Piraterie im Rahmen der EU-Operation Atalanta. Dabei hat die Marine u.a. die Befugnis, verdächtige Schiffe aufzubringen, an Bord zu gehen, Untersuchungen durchzuführen und ggf. verdächtige Personen in Gewahrsam zu nehmen. Die Autorin beleuchtet, inwieweit solche Maßnahmen mit der Schifffahrtsfreiheit, einem der fundamentalen Prinzipien des Seevölkerrechts, vereinbar sind. Sie geht außerdem der Frage nach, ob die im Zuge der Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias erfolgende Übergabe mutmaßlicher Piraten an Kenia zum Zwecke der Strafverfolgung mit den grund- und menschenrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland im Einklang steht.
47
Investitionsbeschränkungen im deutschen Außenwirtschaftsrecht. Europa- und völkerrechtliche Probleme
(2009)
Der Verfasser beschäftigt sich in seinem Beitrag mit den Möglichkeiten des Schutzes vor Unternehmensbeteiligungen und -übernahmen durch ausländische Investoren. Dabei stehen die Überprüfungs- und Untersagungsbefugnisse, wie sie das 13. Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung vom 18. April 2009 hervorgebracht hat, im Mittelpunkt seiner Ausführungen. Diese neuen Befugnisse werden bezüglich ihrer Europa- und Völkerrechtskonformität untersucht. Beachtung findet insoweit vor allem ein möglicher Verstoß gegen die Kapitalverkehrs- sowie die Niederlassungsfreiheit. Auf völkerrechtlicher Ebene beschäftigt sich der Autor mit den Schranken des internationalen Wirtschaftsrechts, wie sie etwa der OECD-Kodex oder das GATS-Übereinkommen errichten.
46
Analyzing the role of Germany as a law-exporting nation the essay deals with a very specific aspect of the Rule of Law principle in criminal proceedings. The author describes the division of functions among police, public prosecution and criminal courts within criminal law enforcement in Germany adding some comparative law remarks. He furthermore provides an overview of structure and organization of the public prosecution in Germany. He focuses on the relationship and interaction between public prosecution and police in preliminary proceedings emphazising the importance of both being allocated in different ministries of the executive branch. Thus he points out yet another aspect of the constitutional principle of the Rule of Law: the role of public prosecution as guardian of the law towards the police in criminal proceedings.
45
Die Notwendigkeit einer rechtlichen Regelung der Sterbehilfe ist seit langem Gegenstand intensiver Diskussion in Deutschland, die Rechtsunsicherheit bezüglich zulässiger bzw. unzulässiger Sterbehilfe heute aber größer denn je. Der erste Beitrag setzt sich mit den Gründen dieser Entwicklung auseinander und zeigt Möglichkeiten auf, wie der Bereich zulässiger Sterbehilfe im Strafrecht ohne Verlust an Einzelfallgerechtigkeit präzisiert werden kann. Der sich anschließende Beitrag geht auf die luxemburgische Gesetzgebung zur Sterbehilfe ein. Schließlich werden die Beiträge aus der Sicht eines Palliativmediziners unter Heranziehung von Fällen aus der Praxis diskutiert.
44
Vor dem Hintergrund der im Herbst 2008 begonnenen Finanzmarktkrise beschäftigt der Beitrag sich mit der verfassungsrechtlichen Betrachtung der im Zuge dessen ergriffenen politischen Maßnahmen. Er beleuchtet kritisch das Verhältnis von Staat und Kapital, gegliedert nach Funktionen des Staates als Garant des Kapitals, als Regelungsinstanz internationaler Kapitalströme und als Wirtschaftssubjekt aufgearbeitet. Dabei wird sowohl das Europäische Verfassungsrecht als auch das Völkerrecht als Verfassungsrecht der Internationalen Gemeinschaft in die Überlegungen einbezogen. Der Autor problematisiert die begrenzte Steuerungskraft der Verfassungsrechtswissenschaft im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise, fordert aber von dieser, dass sie innerhalb ihrer Möglichkeiten zur Gefahrenabwehr handelt. Außerdem müsse sie verhindern, dass aufgrund der Finanzmarktkrise entstandene Schäden im deutschen und europäischen Verfassungsrecht verbleiben.
43
Germany as law-exporting nation is a worldwide role model especially for its criminal law and criminal procedure law which has influenced several East Asian countries. The author offers a short historical overview on the establishment of the rule of law in Germany. He describes the role of the German Federal Constitution as source of criminal procedure law by referring to fundamental constitutional principles as well as giving specific case examples. The second part of the essay focuses on the relevance and application of the European Convention on Human Rights. The author points out basic principles of the European Convention on Human Rights and illustrates its influence on German legal practice.
42
Der Beitrag setzt sich mit der Frage auseinander, ob die Todesstrafe eine rechtlich begründbare Strafe darstellt, bzw. aus welchen Gründen ihre Abschaffung im Rechtsstaat erforderlich ist. Dabei unterwirft die Autorin die Todesstrafe einer Überprüfung von einem fundamentalen Verständnis des Rechts aus, wobei sowohl empirische als auch pragmatische Gesichtspunkte in eine Gesamtbetrachtung einfließen. Weiter wird die Vollstreckung bzw. die Aussetzung der Vollstreckung der Todesstrafe erörtert. Die Rechtslagen in Korea sowie seinen Nachbarländern Japan und China, zwischen denen aufgrund der geographischen Lage und zum Teil gemeinsamen kulturellen, sowie rechtshistorischen Wurzeln, Wechselwirkungen bestehen, werden aufgezeigt und einer vergleichenden Betrachtung unterzogen.
41
Das israelische Religionsrecht ist gegenwärtig trotz des jüdischen Charakters des Staates Israel grundsätzlich als System der Trennung von Staat und Religion bei gleichzeitiger Kooperation des Staates mit den Religionen beziehungsweise Religionsgemeinschaften zu charakterisieren. Mit Blick auf den aktuellen Verfassungsentwurf des israelischen Parlaments stellt sich die Frage, welche Konsequenzen seine Annahme für das Religionsrecht haben würde: Würde Israel Züge eines religiösen Staates annehmen, oder bildet das Regelungswerk lediglich den Ist-Zustand ab? Die Beantwortung dieser Frage hängt zum einen von dem Charakter der neuen Regelungen ab, die der Entwurf enthält, und zum anderen davon, ob die bestehende Rechtssubstanz durch die Transponierung in eine formelle Verfassung ihr Wesen verändern würde.
40
Stellt die direkte Demokratie ein (Alternativ-)Modell für Deutschland dar? Bisher gab es seit 1974, mehr oder weniger unbeachtet von der Öffentlichkeit, drei parlamentarische Erörterungen zu diesem Themenfeld. Der letzte Vorstoß scheiterte 2002 an der für Verfassungsänderungen erforderlichen 2/3-Mehrheit. Gemeinhin wird die Einführung von direkter Demokratie in Deutschland mit dem Verweis auf die schlechten Erfahrungen unter der Weimarer Reichsverfassung abgelehnt. Aus der Sicht des Autors wurde dieses Instrument aber nicht so eingesetzt, dass es für das Entstehen des totalitären Regimes des Dritten Reichs verantwortlich gemacht werden könnte. Dennoch scheint es in Deutschland die Befürchtung zu geben, dass die Bevölkerung nicht mit dem Mittel direkter Demokratie verantwortungsbewusst umzugehen weiß. Demgegenüber stehen die positiven Erfahrungen der Schweiz mit der Zulassung von mehr Mitgestaltungsrechten für die Bevölkerung. Kann es schließlich eine bessere Bekämpfung autokratischer Willkür geben als durch die Bürger, die sachlich und gemeinwohlorientiert zu entscheiden in der Lage sind? Es scheint an der Zeit zu sein in einen neuen Abwägungsprozess einzutreten und von den Erfahrungen anderer Länder zu profitieren.
39
Islam und Menschenrechte: Sind dies zwei Begriffe, die sich gegenseitig ausschließen? Auf den ersten Blick nicht, denn mit der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Islam" von 1981 und der "Kairoer Erklärung der Menschenrechte" von 1990, seien nur zwei Beispiele genannt, die versuchen Menschenrechte und Islam in Einklang zu bringen. Bei genauerem Hinsehen erblickt man jedoch wesentliche Problemfelder, die Zweifel zulassen, ob die islamischen Menschenrechtserklärungen eine ähnliche Garantie wie die "AllgemeinernMenschenrechtserklärung" der UN-Vollversammlung von 1948 bieten. Augenscheinlichster Unterschied ist, dass die Scharia in den genannten Erklärungen absolut gesetzt wird, und somit die Garantien und Freiheiten, insbesondere im Hinblick auf "Nichtgläubige" und Frauen, eingeschränkt werden. Kann man also von einer Menschenrechtserklärung sprechen, wenn nicht alle Menschen unabhängig von Religion und Geschlecht gleich sind? Dennoch darf nicht der Fehler gemacht werden, Islam und Menschrechte in ein Ausschlussverhältnis zu setzen: Wie die Autorin zeigt, gibt es Bewegungen, die sich für eine Neuausrichtung in der islamischen Menschenrechtsdebatte einsetzen und sich im Hinblick auf Opfer von Menschenrechtsverletzungen engagieren. Wer letztendlich im Streit um die Allgemeingültigkeit der Menschenrechte oder aber der Scharia obsiegen mag, ist noch offen.
37
Mord im Namen der "Ehre", die Strafe für die Missachtung einer klar definierten Rolle der Frau, findet weder im Koran noch in der Theologie des Islam eine Grundlage. Dennoch ereignen sich Ehrenmorde vor allem in islamischen traditionellen Gesellschaften, in denen sehr eindeutig und streng definierte Normen für Mann und Frau, die mit religiösen Anordnungen begründet werden, im Kollektiv überwacht und Grenzüberschreitungen vor allem Frauen schuldzuschreibend zur Last gelegt werden. Nicht nur in islamisch geprägten Ländern, sondern auch im Westen sind nahöstliche Auffassungen weiblicher und männlicher Geschlechterrollen wie auch die Ehrenmorde selbst zu einem Thema von immenser Bedeutung geworden. Geht es doch zunächst darum, sich mit kulturell-religiös begründeten Sichtweisen von Zuwanderergemeinschaften zu beschäftigen. Dann aber muss es, allein im Zuge der brennenden Fragen von Integration und der praktischen Gestaltung eines konstruktiven Zusammenlebens, auch um eine fundierte Auseinandersetzung über die Grenzen kultureller Toleranz und um konkrete Menschenrechtsverletzungen gehen. Ist es Zufall oder Zwangsläufigkeit, dass gerade in der dritten Generation muslimischer Migranten diese Problematik besonders aufbricht? Es ist Zeit zur Aufklärung und zum Handeln.
38
Der Autor beschäftigt sich mit der Frage, ob Angriffskriege ein probates Mittel für die Bekämpfung des internationalen Terrorismus darstellen. Unter Einbeziehung der aktuellen politischen Debatte in Deutschland rund um die Vorschläge zur gezielten Tötung von Terroristen fragt er zunächst nach dem Wesen des Terrorismus und analysiert die Reaktionen der westlichen Politik auf diesen. Ein eingehender Blick erfolgt dabei insbesondere auf die Außen- und Sicherheitspolitik der einzig verbliebenen Supermacht USA und die von ihr ausgehenden Kriege gegen Afghanistan und den Irak als Mittel der Terrorismusbekämpfung. Der Autor kommt schließlich zu dem Ergebnis, der Terrorismus sei als eine Art der Kriegsführung zu begreifen, der mit Mitteln des hergebrachten klassischen Staatenkrieges nicht beizukommen sei. Schließlich beleuchtet er auch die dem Rechtsstaat drohende Gefahr, wenn im Zuge der Terrorismusbekämpfung die Bereitschaft wachse, rechtsstaatliche Gewährleistungen abzuschwächen.
36
Der Autor führt in das taiwanesische Strafverfahrensrecht unter Darstellung der Rechtsgrundlagen und der Entstehungsgeschichte ein, welches maßgeblich durch kontinental-europäische Einflüsse geprägt war. Ferner analysiert er die aktuellen Entwicklungstendenzen in Richtung des anglo-amerikanischen Rechtssystems, welche insbesondere im Rahmen der Beweiserhebung deutlich werden und skizziert die aus seiner Sicht hiermit verbundenen Problematiken. Abschließend bietet der Autor einen Ausblick unter Einbeziehung der aktuellen Reformansätze und hinterfragt kritisch die hierfür vordergründig genannte Notwendigkeit der Verstärkung des Menschenrechtsschutzes.
35
"Scharia". Dieses Einzige ist an sich weder uniform, noch evident. Einförmigkeit und Eindeutigkeit sind aber Weisen unseres Verständnisses von gesichertem Wissen. Doch fehlt dem Ausdruck Scharia, zumindest dem ersten Anschein nach, diese Klarheit und Eindeutigkeit. Dass dem nicht so ist, dass sie ein historisch erwachsenes Ereignis darstellt, welches einen näher bestimmbaren Anfang, eine rekonstruierbare Entwicklung und schließlich einen präzisierbaren Abschluss gehabt hat, dass die zeitgenössische Auffassung von Scharia eigentlich wiederum etwas Neuartiges zu sein scheint, dies ist das Thema dieser Explikationen. Denn die sogenannte hermeneutische Situiertheit des Gegebenen oder Gegenwärtigen ist von größter Bedeutung. Fehlt seine hermeneutische Situation, so kann geschichtlich Existierendes nicht erkannt, verstanden und eigentlich erlebt werden. Ohne eine vorausgehende historisch-hermeneutische Analytik jedoch, lässt sich weder die sogenannte gottgesetzte Ordnung, noch der geschichtliche Sinn einer islamischen Normativität verstehen. Den Sinn von Scharia verstehen wir nur, wenn sie innerhalb eines sinnstiftenden historischen Rahmens ins Bewusstsein getragen wird.
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Der moderne Terrorismus hat sich weltweit zur Bewährungsprobe für die Rechtsstaatlichkeit entwickelt. Einerseits haben terroristisch motivierte Anschläge mittlerweile eine fast unübersehbare Anzahl von Menschenleben gefordert. Insbesondere der islamistischfundamentalistische Terror hat eine globale Gefahrenlage herbeigeführt, in der die Sicherheitsbehörden vor schwierigste Aufgaben gestellt sind. Andererseits ist der Eindruck entstanden, dass sich manche Strategien der Gefahrenabwehr und der Verfolgung mutmaßlicher Täter verselbständigt haben. Eine der Folgen scheint die systematische Missachtung grundlegender Freiheitsrechte zu sein. Zudem werden Techniken und Mittel der Kriegsführung zur Verbrechensbekämpfung eingesetzt. Der Beitrag setzt sich kritisch mit der Frage auseinander, ob Folter und Entführung legitime Mittel der Verteidigung einer Rechtsordnung gegen schwerste Angriffe sein dürfen. Er erinnert auch an die Europäische Tradition der Menschenrechte und versucht Gesichtspunkte zu entwickeln, die für die notwendige Unterscheidung zwischen Staatsraison und Regierungskriminalität nützlich sein könnten.
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Am 03.03.2004 verkündete das Bundesverfassungsgericht sein Urteil zum Großen Lauschangriff, in dem es die akustische Wohnraumüberwachung unter eng begrenzten Umständen für zulässig erklärte. Der Beitrag setzt sich, beginnend mit rechtsgleichenden Betrachtungen, eingehend mit dem Urteil auseinander und beleuchtet die Entscheidung ebenso wie die abweichenden Voten kritisch. Dabei zeigt der Autor Probleme auf, die sich bei der Anwendung des Urteils in der Praxis ergeben und plädiert für die Normierung auch des sog. kleinen Lauschangriffs.
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Betriebswirtschaftlich ausgerichtete Reformen zur Verbesserung der Effizienz und Effektivität werden zunehmend auch in der Rechtsprechung eingesetzt. Dort stoßen sie vor dem Hintergrund der Gewährleistung der richterlichen Unabhängigkeit zum Teil auf erhebliche Vorbehalte. Bei richtigem Verständnis der Reformmaßnahmen ist dies aber unbegründet. Die Maßnahmen erstrecken sich insbesondere auf Modelle zur Erfolgsmessung, auf die Gestaltung der Geschäftsprozesse sowie auf betriebswirtschaftliche Instrumente (Balanced Scorecard und Kosten- und Leistungsrechnung). Sie müssen nicht nur auf die speziellen Bedingungen der Rechtsprechung abgestimmt sein. Zu den Faktoren für eine erfolgreiche Anwendung gehört vor allen Dingen die Vermittlung betriebswirtschaftlichen Wissens in der Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter.
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Das Streben nach besserer Gesetzgebung ist ebenso alt wie die Klage über die unzureichende Qualität und die schier haltlose Flut der erlassenen Vorschriften. Symptomatisch für die vielfältigen Defizite heutiger Gesetzgebung auf nationaler Ebene sind systematische Unstimmigkeiten und oftmals kaum auflösbare innere Widersprüche von Gesetzen. Die Probleme und Herausforderungen, die sich aus der europäischen Rechtsetzung für die Verwirklichung der Zielsetzung einer guten Gesetzgebung ergeben, sind bis dato weitgehend unbehandelt. Der Beitrag befasst sich mit den Schwierigkeiten der gemeinschaftlichen Rechtsetzung, der Mitwirkung der Mitgliedstaaten und der Umsetzung in nationales Recht.
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Die Kernaufgaben der Justiz
(2005)
Die Herbstkonferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder hat am 25.11.2004 die Entwicklung des Gesamtkonzepts für eine Große Justizreform beschlossen. Deregulierung durch Vereinheitlichung der Prozessordnungen und generelle Beschränkung auf eine Tatsacheninstanz, Aufgabenübertragung und Aufgabenauslagerung, Konzentration und Qualitätssicherung lauten die nahezu einstimmig beschlossenen Kernaussagen. Dem Beschluss liegt das Konzept zugrunde, der Justiz die notwendige Leistungsstärke und Zukunftsfähigkeit langfristig zu sichern. Da die Ressourcen in Zeiten wirtschaftlicher Umbrüche, von Sparzwängen der öffentlichen Haushalte und Einschnitten in die sozialen Sicherungssysteme nicht beliebig vermehrbar sind, soll die Justiz zu diesem Zweck auf ihre Kernaufgaben zurückgeführt werden. Hiermit gerät der Inhalt der Kernaufgaben von Rechtsprechung in das Zentrum der Diskussion. Was sind die für einen funktionierenden Rechtsstaat notwendigen Funktionen von Justiz? Welche Folgerungen ergeben sich hieraus für ihre Ausgestaltung? Diese grundlegenden Fragen, die in der rechtspolitischen Debatte meist vorausgesetzt, aber nicht reflektiert werden, sind Gegenstand des Vortrags.
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Rationale Rechtspolitik ist ein einleuchtendes Postulat. Man bestimmt einen normativen Maßstab, etwa Effizienz. Man stellt fest, dass ein Ausschnitt der Wirklichkeit hinter diesem Ziel zurückbleibt. Man listet die Interventionen auf, mit deren Hilfe die Wirklichkeit dem Ziel näher gebracht werden kann. Man wählt die Intervention, die den größten Fortschritt erwarten lässt. Bei näherem Zusehen ist jedes dieser Elemente problematisch. Es gibt eine Vielzahl normativer Währungen, die untereinander nicht kompatibel sind. Das rechtspolitische Problem lässt sich nicht aus dem größeren Zusammenhang herausschälen. Die Menge denkbarer Interventionen ist überreich. Ihre Wirkungen sind schwer zu prognostizieren. Was tun?
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Im Jahre 1898, während des Krieges der USA gegen Spanien, besetzten die USA die Bucht von Guantánamo, eine bedeutende Hafenanlage. Gemäß dem sog. Platt-Amendment, das die kubanische Verfassungsgebende Versammlung unter Druck akzeptieren musste (sonst wäre die vierjährige amerikanische Besetzung nicht beendet worden), sollte den Amerikanern eine oder mehrere Stützpunkte zugesprochen werden. Dies geschah im Pachtvertrag vom 23. Februar 1903, wodurch Kuba die Bucht von Guantánamo "for coaling and naval purposes, and for no other purpose" an die USA verpachtete. Bis 1934 bezahlten die USA $ 2.000 pro Jahr. Seit 1938 wurde die Summe auf $ 4.085 erhöht. Jedoch akzeptiert Kuba seit 1959 die amerikanische Präsenz auf kubanischem Boden nicht mehr und löst die Schecks nicht ein. Wie ist die amerikanische Präsenz in Guantánamo heute völkerrechtlich zu beurteilen?
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Islamismus, Kulturkonflikt, Terrorismus - was sind die Bedingungen von Eskalation und Deeskalation?
(2005)
In dem öffentlichen Diskurs über Gewalteskalation konkurrieren bislang zwei Erklärungsmuster: die deprivationstheoretische Erklärung, derzufolge wahrgenommene Benachteiligung für die Gewaltbereitschaft ursächlich, und die kulturalistische Erklärung, derzufolge unverträgliche kulturelle Traditionen zu fortschreitenden Spannungen und Konflikten führen, die schließlich auch mit Mitteln des Terrorismus ausgetragen werden können. Nun wissen wir, dass Benachteiligung in vielen Fällen nicht zur Revolte führt und ganz unterschiedliche kulturelle Traditionen durchaus friedlich nebeneinander existieren können. Hier soll darum eine dritte konflikt- theoretische Erklärung vorgestellt werden: Gruppenkonflikte, wie immer sie entstanden sind und worum immer sie gehen, enden in der Gewalt, wenn sie nicht in Institutionen aufgefangen werden.
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The Constitution of Latvia
(2004)
The article offers a concise view on the constitution of the Baltic state of Latvia. After an introduction focusing on constitutional history, the author explores basic principles and human rights in the text of the constitution and explains the main constitutional bodies and their functions in legislative, executive and judiciary. Chapters on citizenship and religious rights round up this introduction to the Latvian Constitution.
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Verschleiernde Rechtssprache
(2004)
Rechtssprache verschleiert praktisch immer. Bloss das Wie und Warum, die handelnden Personen und ihre Motive sind zu differenzieren. Der Terminus "verschleiernde Rechtssprache" darf nicht im Sinn einer pauschalen Distanzierung oder Diskriminierung verstanden werden. Tatsachen sind zu analysieren, die wir uns zu oft zu wenig bewusst machen, die wir darum auch oft nicht präzis und umfassend genug einordnen können. Positive oder negative Wertungen sind für den jeweiligen Zusammenhang möglich, nicht vorschnell und simplifizierend darüber hinaus. Der Autor befasst sich anhand zahlreicher Beispiele mit der Unschärfe von Sprache im rechtlichen Gebrauch. Insbesondere die Auslegung und deren Instrumentalisierung ist Gegenstand des Beitrages.
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In der Nacht vom 17. auf den 18. Juli 1998 wurde das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH-Statut) auf der Diplomatischen Bevollmächtigtenkonferenz der Vereinten Nationen zur Errichtung des Internationalen Strafgerichtshofs verabschiedet. Das IStGH-Statut ist am 01.07.2002 in Kraft getreten. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) ist zuständig für schwerste Verbrechen: Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, zudem " wenn auch erst zukünftig - Verbrechen der Aggression. Hierbei ersetzt der IStGH allerdings nicht die nationale Strafgewalt, sondern wird nur ergänzend zu den nationalen Gerichten tätig (Grundsatz der Komplementarität). Das IStGH-Statut ist bisher von 93 Staaten ratifiziert worden. Deutschland hat das Statut am 10.12.1998 unterschrieben und am 11.12.2000 ratifiziert. Die Verfasserin zeigt auf, wie die Verfahrensordnung des IStGH einerseits durch das Common Law, andererseits aber auch stark vom kontinental-europäischen Rechtssystem beeinflusst wurde und warum gerade der durch diese wechselseitige Beeinflussung entstandene Kompromiss die Verfahrensordnung des IStGH zu einem Modell eines universalen Strafverfahrensrechts qualifizieren könnte.
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Der Beitrag beschäftigt sich mit dem Verhältnis zwischen Deutschland und dem Völkerrecht nach dem Irak-Konflikt. Zunächst erläutert der Verfasser drei erkennbare Trends in der Völkerrechtsentwicklung, nämlich die Dominanz der USA, die Konstitutionalisierung des Völkerrechts und den Bedeutungsverlust des Staates in einigen Regionen der Welt. Zimmermann geht dann auf die Relevanz dieser Entwicklungen für Deutschland ein. In einem zweiten Teil widmet sich der Autor gezielt dem völkerrechtlichen Gewaltverbot und Deutschlands Rolle bei der Entwicklung in diesem Bereich. Der Irak-Konflikt dient ihm in allen Feldern dazu, die gegenwärtigen Entwicklungen zu verdeutlichen.