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In dieser Dissertation beschäftigen wir uns mit der konstruktiven und generischen Gewinnung universeller Funktionen. Unter einer universellen Funktion verstehen wie dabei eine solche holomorphe Funktion, die in gewissem Sinne ganze Klassen von Funktionen enthält. Die konstruktive Methode beinhaltet die explizite Konstruktion einer universellen Funktion über einen Grenzprozess, etwa als Polynomreihe. Die generische Methode definiert zunächst rein abstrakt die jeweils gewünschte Klasse von universellen Funktionen. Mithilfe des Baireschen Dichtesatzes wird dann gezeigt, dass die Klasse dieser Funktionen nicht nur nichtleer, sondern sogar G_delta und dicht in dem betrachteten Funktionenraum ist. Beide Methoden bedienen sich der Approximationssätze von Runge und von Mergelyan. Die Hauptergebnisse sind die folgenden: (1) Wir haben konstruktiv die Existenz von universellen Laurentreihen auf mehrfach zusammenhängenden Gebieten bewiesen. Zusätzlich haben wir gezeigt, dass die Menge solcher universeller Laurentreihen dicht im Raum der auf dem betrachteten Gebiet holomorphen Funktionen ist. (2) Die Existenz von universellen Faberreihen auf gewissen Gebieten wurde sowohl konstruktiv als auch generisch bewiesen. (3) Zum einen haben wir konstruktiv gezeigt, dass es so genannte ganze T-universelle Funktionen mit vorgegebenen Approximationswegen gibt. Die Approximationswege sind durch eine hinreichend variable funktionale Form vorgegeben. Die Menge solcher Funktionen ist im Raum der ganzen Funktionen eine dichte G_delta-Menge. Zum anderen haben wir generisch die Existenz von auf einem beschränkten Gebiet T-universellen Funktionen bezüglich gewisser vorgegebener Approximationswege bewiesen. Die Approximationswege sind auch hier genügend allgemein.
Auf der Mikroebene einer durch verwandtschaftliche Kohäsion verbundenen Personengruppe werden in einer prosopographischen Fallstudie Konsistenz und Persistenz sozialer Rangbildung im rheinisch-maasländischen Adel des späten Mittelalters untersucht. Ausgehend von dem wohl berühmtesten Vertreter der Familie von Schönau/von Schönforst, Reinhard von Schönau (ca. 1305-1376), dessen Karriere bereits in der zeitgenössischen Chronistik in Anbetracht seiner sozialen und wirtschaftlichen Ausgangsbedingungen als außergewöhnlich qualifiziert wurde, greift die Themenstellung sowohl auf dessen genealogische Aszendenz wie auch auf seine Deszendenz aus, um in mehr als 35 Biogrammen aus dem Zeitraum von ca. 1250 bis ca. 1450 in einem Längsschnitt über acht Generationen hinweg das überaus disparate Quellenmaterial für die einzelnen Familienmitglieder zusammenzutragen und in seinem historischen Kontext darzustellen. Der innerhalb verschiedener Stratifikationsdimensionen " wirtschaftliche Stellung, politische Position, Konnubium, administrative Funktionen in den miteinander konkurrierenden Landesherrschaften im Westen des Reiches sowie Selbst- und Fremdbezeichnungen " differenziert evaluierte soziale Status der einzelnen Familienmitglieder jenseits einer schematischen Zuweisung in 'hohen' und 'niederen' Adel erlaubt es, strukturelle von individuellen statusbildenden Faktoren zu unterscheiden und deren unterschiedliche Bedeutung für die Persistenz sozialen Ranges darzustellen. Diese Analyse mündet in die These, daß sich die Weitergabe sozialen Ranges in der Generationenabfolge im Rahmen eines Modells hierarchisierter statusbildender Faktoren beschreiben läßt. Dieses Modell ist nicht nur auf andere genealogisch definierte Personengruppen übertragbar, sondern kann im Ergebnis auch Gültigkeit über die Familie von Schönau/von Schönforst und den Rhein-Maas-Raum hinaus beanspruchen.
Medizin und die Psychologie in zwei Werken Émile Zolas: "Son excellence Eugène Rougon" und "Le Rêve"
(2005)
Émile Zolas 20-bändiger Zyklus der Rougon-Macquart ist in der Forschung eingehend behandelt worden. Forstet man die einschlägigen Bibliographien, Schlagwortverzeichnisse, EDV-Kataloge oder Datenbanken durch, so fällt auf, dass Werke wie Germinal, Nana oder L'Assommoir unter den verschiedensten Blickwinkeln analysiert worden sind. Zugleich aber bemerkt man, dass Son Excellence "Eugène Rougon" (1876) und "Le Rêve" (1888) zu den weniger bearbeiteten Romanen des Rougon-Macquart-Zyklus zählen. Bei Son Excellence Eugène Rougon konzentrierte sich die Forschung bislang hauptsächlich auf die Frage, inwieweit in diesem Roman die politische und historische 'Wirklichkeit' wiedergegeben ist, bei "Le Rêve" auf so genannte mystische Aspekte. Die vorliegende Studie will zeigen, welche Funktion Medizin und Psychologie, die wie Physik und Chemie Pilotwissenschaften des 19. Jahrhunderts sind, in diesen beiden Romanen innehaben. Zwar hat auch die neueste Forschung, wie der folgende Bericht zeigen wird, der Rolle der Medizin und Psychologie im Hinblick auf den Rougon-Macquart-Zyklus durchaus Beachtung geschenkt, dabei aber die Werke Son Excellence Eugène Rougon und "Le Rêve" weitgehend außer Acht gelassen. Ein Grund dafür ist sicher darin zu sehen, dass mit Ausnahme einer - eher beiläufig erwähnten - ärztlichen Konsultation am Ende von "Le Rêve" (1) in keinem der beiden Romane eine Arztfigur vorkommt, so dass Medizin und Psychologie hier nicht durch einen "porte-parole" in den Vordergrund gerückt werden wie beispielsweise durch Doktor Cazenove in La Joie de vivre, Doktor Deberle in Une Page d'amour oder Doktor Pascal im gleichnamigen Abschlussroman des Zyklus. Ebensowenig agieren die Romanfiguren als Patienten, deren Krankheit anschaulich dargestellt würde, wie zum Beispiel die Kardiosklerose des Doktor Pascal (2). Dennoch sind Medizin und Psychologie, wie die vorliegende Studie darlegen will, weder in Son Excellence Eugène Rougon noch in Le Rêve außer Acht gelassen worden. Sie übernehmen in beiden Romanen wichtige Aufgaben: Die Dokumentation der Zeitgeschichte, die Plausibilisierung des Romangeschehens, die Sensibilisierung des Lesers und die Selbstbeobachtung des Autors. Der folgende Forschungsbericht gibt zunächst einen Überblick über die Medizin in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und nennt die für die Literatur relevanten Strömungen und Tendenzen. Danach werden die Wechselwirkungen von Medizin und Literatur sowie die wissenschaftliche Dokumentation Zolas in der Kritik dargelegt. Im Anschluss daran erfolgt die Aufarbeitung von vier zeithistorisch besonders bedeutsamen Themen, die für den Autor im Allgemeinen und für die medizinische Analyse der beiden Romane im Besonderen eine große Rolle spielen: Alkoholismus, Darwinismus, Hysterie und Religion. Diese Themen werden nach ihrer Beurteilung in der kulturgeschichtlichen, literaturwissenschaftlichen und medizinhistorischen Zola-Forschung zur Sprache gebracht. Auf dem Hintergrund dieser Aufarbeitung werden abschließend die offenen Fragen für Son Excellence Eugène Rougon und "Le Rêve" herausgestellt, die im Anschluss von der vorliegenden Studie untersucht und in einer kritischen Auseinandersetzung mit der Literatur diskutiert werden sollen. (1) Le Rêve, Bibliothèque de la Pléiade, Paris: Fasquelle et Gallimard, 1961, S.958. (2) Le Docteur Pascal, Bibliothèque de la Pléiade, Paris: Fasquelle et Gallimard, 1967, S.1174ff.
Die vorliegende Promotionsarbeit "Konzept, Aufbau und Probleme eines zweisprachigen (Lerner-)wörterbuchs. Untersuchungen an Hand von Götz Schregles "Deutsch-Arabischem" Wörterbuchs" beschäftigt sich mit einem Thema, das erst in jüngster Zeit in den Fokus linguistischer Analysen gekommen ist und in der Schnittstelle zwischen linguistischer Forschung und lexikographischer Umsetzung anzusiedeln ist. Die Arbeit ist lexikographiegeschichtlich und lexikographiekritisch angelegt. Sie stellt ein Konzept eines zweisprachigen Lernerwörterbuchs für das Sprachenpaar Deutsch-Arabisch, das metalexikographisch und lernerorientiert legitimiert und für ausgewählte Beispielartikel exemplifiziert wird. Durch diesen Theorie-Praxis-Bezug kann einerseits eine Neuorientierung der zweisprachigen Lexikographie Deutsch-Arabisch/Arabisch-Deutsch in Gang gesetzt werden. Andererseits werden durch die Fokussierung auf die Benutzer- und Benutzungsorientierung der Wörterbuchschreibung sowie die Ausarbeitung von Probeartikeln neue direkte Impulse für die Ausarbeitung eines effektiven Lernerwörterbuchs gegeben. Die Arbeit umfasst fünf Hauptkapitel. Das erste Kapitel behandelt den Stand der Forschung und gibt einen geschichtlichen Überblick über die Lexikographie mit Arabisch. Das zweite Kapitel beschäftigt sich ausführlich mit der Darstellung und Kritik der bisherigen Wörterbücher des Sprachenpaars Deutsch-Arabisch. Im dritten Kapitel wird auf die Grundfragen der Lernerlexikographie eingegangen. Das vierte Kapitel enthält ein neues Konzept eines Lernerwörterbuchs für das Sprachenpaar Deutsch-Arabisch. Die Arbeit wird mit einer Zusammenfassung und einem ausführlichen Literaturverzeichnis abgeschlossen.
Das bauliche Erbe der Befestigungs- und Verteidigungssysteme im SaarLorLux-Raum vom 16. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg. Möglichkeiten und Probleme seiner Inwertsetzung unter besonderer Berücksichtigung freizeit- und tourismusorientierter Nutzungsformen. Seit der Teilung des karolingischen Großreichs 843 entwickelten sich in der heutigen Europaregion SaarLorLux vielfältige territoriale Auseinandersetzungen und zahlreiche Grenzverschiebungen, die zu einer außergewöhnlichen Konzentration von Festungs- und Verteidigungsanlagen aus verschiedenen Epochen in diesem Raum führten. Dass dies als einzigartig anzusehen ist, machte der Metzer Geograph Francois Reitel deutlich, der die Region SaarLorLux als "das größte Freilichtmuseum der Welt, was die Fortifikation angeht" bezeichnete. Kaum eine andere Region kann auf ähnlich eindrucksvolle Weise räumlich konzentriert die neuzeitliche Evolution des Festungswesens aus fünf Jahrhunderten dokumentieren. Die ausgeprägte epochale Vielfalt der Festungen macht sie für einen abwechslungsreichen Be-sichtigungstourismus interessant. Im SaarLorLux-Raum sind daher Freizeit und Tourismus wichtige Zielsetzungen für die Konversion von Festungs- und Verteidigungsanlagen. Sie bieten ein großes Freiraumpotential und stellen nur teilverbaute, extensiv oder gar nicht genutzte Flächenreserven dar. Es besteht jedoch eine große Diskrepanz zwischen vielen bisher stark vernachlässigten und wenigen, zum Teil hervorragend inwertgesetzten Festungsbauwerken. Damit besitzen die Festungsanlagen des Saar-LorLux-Raumes eine große Relevanz für den Kulturtourismus, die noch weitgehend unerkannt ist. Untersuchungsgegenstand der Dissertation sind insgesamt 333 Bauwerke aus den drei neuzeitlichen, feuerwaffengeprägten Festungsbauepochen. Im Einzelnen handelt es sich dabei um die Epoche der bastionären Festungsanlagen (16.-18. Jh.), die Epoche der Forts und Großfestungsanlagen (19.Jh.) und um die Epoche der Territorialfestungen (20. Jh.). Ein grundlegendes Ziel war die Erfassung der festungsbaulichen Substanz des SaarLorLux-Raumes zur Dokumentation von Art, Umfang, Funktion und Besonderheiten der vorhandenen Objekte. Die in der Bestandsaufnahme erfassten Bauwerke wurden hinsichtlich ihrer Eignung für besucherorientierte Nutzungsmöglichkeiten beurteilt. Dadurch war es möglich 25 Einzelfestungen und Ensembles zu identifizieren, die bislang noch keine Konversion erfahren haben, aber herausragende Potentiale für eine zukünftige Nutzung im Freizeit- und Tourismusbereich darstellen. Bereits festungstouristisch genutzte Anlagen werden analysiert und bewertet. Dabei finden die Vereine als hauptsächliche Träger der Erschließung und Inwertsetzung besondere Berücksichtigung. Nach Abschätzung der Stärken und Schwächen der aktuellen touristischen Strukturen werden freizeit- und tourismusorientierte Nutzungsperspektiven für das festungsbauliche Erbe des SaarLorLux-Raumes entwickelt.
This doctoral dissertation examines two authors of German descent who are representatives for the development of Canadian literature and its regional focus on the prairies: Frederick Philip Grove (1879-1948) and Robert Kroetsch (*1927). Kroetsch, in his essays and talks, has repeatedly referred to Grove as one of his "literary ancestors". Although there exist monographs and numerous articles on both authors, the present study is the first-ever comparative approach. This study's main access is provided by the motif of disguise and masquerade, which plays a central role in the authors' works. Even if critics have looked at the traditional motif (cf. Homer's Odyssey, or many Renaissance plays) in Kroetsch's writing sporadically, and have used it to examine Grove's biography, no approach has attempted a larger contextualization within/among both writers' oeuvres. According to Lloyd Davis, however, the motif can be seen as "representing the cultural dialogism, rather than any particular thesis, of selfhood" (Davis 16). Hence, it helps interrogate a topic that within Canada - the former colony and current multicultural immigrant society - had and has a specific relevance. As an analytical tool, the motif allows for highlighting both the similarities and the differences between the œuvres of Grove and Kroetsch as key-figures of a (post)colonial literature of Western Canada on the one hand, and for general questions pertaining to the characterisation of figures, the definition of narrative positions and even of genres on the other hand. Following the preface, two theoretical chapters outline conceptions of identity and their deducible forms and functions of disguise and masquerade, including a discussion of John Richardson's Wacousta (1832), which is the first Canadian example for the motif's constitutive use. The second major section sketches, in two separate chapters, the poetics and mentalities (Mentalitätsgeschichte) of each writer within the context of their complete works by looking at biographical data as well as the critics' assessments. After immigrating into Manitoba in 1912, Grove soon became the first representative of a literary prairie-realism. Before, he had faked his suicide in 1909 and stripped off his 'original' identity as the German translator (e.g., Wilde, Wells, Flaubert) as well as modestly successful poet and novelist Felix Paul Greve to leave behind debts and a notorious lover and to reinvent himself in the New World. The protean role-plays of 'FPG' - decoded only 23 years after his death - are manifested in his creation of literary characters, in a "collectivity of identities" (Cavell 12) or number of metonymic personae that keep his critics busy to this date. Providing a different story, Kroetsch's family of German background immigrated into Canada in the mid-19th-century. Kroetsch has been thematizing his native province, Alberta, just as much as general national dispositions or questings in the course of his literary career spanning five decades now. His progressive and experimental writing has earned him, for instance, the label of "Mr Canadian Postmodern" by Linda Hutcheon (Canadian Postmodern 183). Particularly important among his specifically postmodern instruments is the principle of archaeology as derived from Foucault and employed as both metaphor and method; further methodological tools are Barthes' theories on reading/writing as an erotic act, Bakhtin's notion of (the) carnival(ization of literature) and a great sensibility for the myths as well as oral traditions of the North American Natives. If the third section analyzes two of FPG's novels to illustrate his transfer, or literal translation, from a German to a Canadian cultural context, the fourth section represents this study's core with three one-to-one comparisons of the two writers' central prose texts. In spite of all affinities between both authors, however, this section already indicates what section five further underlines: Kroetsch clearly transcends Grove's achievements (which ultimately reduce all his characters and texts to nothing but his own will- and wishful projections and identity-configurations); on the level of narrativity, genre and gender, Kroetsch not only goes far beyond parodying Grove, but proves to be an innovator whose mis-en-scène of the motif of disguise provides both more psychological depth and relevance for socio-historical contexts. This comparative study has been informed by research in the Special Archives and Collections at the University of Manitoba (Grove Papers) and at the University of Calgary (Kroetsch Papers), by related talks at Lund, Belfast and Winnipeg as well as by an occasional quotation from an interview I conducted with Robert Kroetsch as early as 1996.
Im Zentrum dieser Arbeit stehen die Darstellung und Analyse der Leitbilder und Konzeptionen für tugendhaftes Verhalten, bürgerliche Werte und Normen, wie sie in den niederländischen Moralischen Wochenschriften über beinahe die gesamte Dauer des 18. Jahrhunderts diskutiert wurden. Die Moralischen Wochenschriften richteten sich an den "Bürger" und "Mitmenschen", den sie zu einem "nützlichen" Mitglied der Gesellschaft zu bilden gedachten. Dem an Orientierung interessierten Leser konnten sie dabei mehr und anderes bieten als das bis dahin gängige Schrifttum. In regelmäßiger Folge und in unterhaltsamer fiktionaler Form behandelten sie Fragen der Religion und der Ethik, sowie aus der Lebenspraxis des Alltags. Aus diesem nur scheinbar unpolitischen Blickwinkel heraus berührten die Moralischen Wochenschriften einige der zentralen Aspekte der politischen Philosophie: die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem individuellen Glück des Menschen und dem Zustand der Gesellschaft, die Aporien der Freiheit und der Gleichheit, die Frage nach dem Verhältnis der Geschlechter und der Generationen, die Thematik von Geschichte und Fortschritt sowie Aspekte der Zeitkritik und Polemik. Ausgehend von ihrer klassisch-republikanisch inspirierten Staats- und Gesellschaftsauffassung nach der die gesamte Einwohnerschaft eines "guten" Gemeinwesens in ihrer gemeinsamen sittlichen Aufgabe, das Gemeinwohl zu verwirklichen, unlöslich miteinander verbunden war, entwickelten die Wochenschriftenschreiber ein ganz auf die Bedürfnisse eines modernen kommerziellen Gemeinwesens wie den nördlichen Niederlanden ausgerichtetes Ideal "guter" Bürgerschaft. Die Grundlage einer freien, auf Handel und Gewerbe beruhenden Republik wie der Niederländischen, so lautete die Kernbotschaft, beruhe auf dem offenen und zivilisierten Austausch zwischen verantwortungsbewussten und gebildeten Einwohnern. Von tugendhaften Bürgern erwarteten die Wochenschriftenschreiber, dass sie bei der Verfolgung ihrer individuellen Interessen in allen Lebensbereichen immer auch zugleich auf das Wohl und das Interesse des Gemeinwesens als Ganzem - der res publica - im Blick behielten und stets so handelten, dass die Maximen ihres eigenen Tuns auch Prinzip für das Wollen und Tun anderer sein könnten. Das für die Autoren der Moralischen Wochenschriften offenbar reizvolle an diesem Konzept bürgerlicher Tugend war, dass es ermöglichte, an die Verantwortlichkeit aller Mitglieder des Gemeinwesens zu appellieren, ohne die bestehende politisch-soziale Ordnung in Frage stellen zu müssen. Die - bei aller Kritik an den bestehenden Zuständen - im Kern stets konservative Tugendbotschaft der Moralischen Wochenschriften verlor erst seit den frühen 1780er Jahren an Glaubwürdigkeit, als die bestehende aristokratische Verfassung der niederländischen Republik unter dem Eindruck innenpolitischer Unruhen sowie revolutionärer Vorgänge in Amerika und in den benachbarten Ländern ihren paradigmatischen Wert als bestmögliche freiheitliche Ordnung zusehends einbüßte. So lag es nicht nur an der gegen Ende des 18. Jahrhunderts altmodisch gewordenen literarischen Form, dass die Moralische Wochenschrift in den 1790er Jahren als Gattung vom niederländischen Zeitschriftenmarkt verschwand, sondern auch an ihrer durch die revolutionären Umbrüche überholten politisch-sozialen Botschaft.
Die wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Veränderung in der V.R. China seit den 70er Jahren haben zu einem viel stärker ausdifferenzierten beruflichen Umfeld für Absolvierende chinesischer Deutschabteilungen geführt. Nicht länger steht ihnen lediglich der universitäre Bereich offen, viel häufiger ist das spätere Arbeitsumfeld in einem Unternehmen mit ausländischer Kapitalbeteilung, z.B. einem deutsch-chinesischen Joint Venture Unternehmen angesiedelt. Auf diesen neuen, wesentlich komplexeren Berufsalltag muss anders vorbereitet werden, denn es haben sich offensichtliche Defizite in der Ausbildung gezeigt, insbesondere was interkulturelles Wissen und interkulturelle Kompetenz betrifft. Dies wird von der Unternehmensseite bemängelt und fällt auch in Form von Forderungen an das Können der Studierenden auf die Universitäten zurück. Somit ergeben sich andere Lernerbedürfnisse, denen mit modifizierten Lehrinhalten zu begegnen ist, was von Seiten der Deutschabteilungen bereits erkannt wurde und was sich in neuen Schwerpunktsetzungen im Unterricht Deutsch als Fremdsprache, insbesondere unter dem Stichwort "Wirtschaftsdeutsch" zeigt. Dies zwingt darüber hinaus auch zu neuen Überlegungen bei der Erstellung von Curricula und Lehrwerken und bedeutet für die konkrete Unterrichtspraxis, dass Lehrwerke konzipiert werden müssen, die diesen Anforderungen entsprechen bzw., dass bereits verfügbare Lehrmaterialien adressatenspezifisch mit Blick auf das neue berufliche Umfeld überarbeitet werden müssen. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, wie in Deutschland bereits etablierte methodisch-didaktische Konzepte für den Bereich Deutsch als Fremdsprache mit neueren Überlegungen aus der angewandten Psychologie bzw. Soziologie (unter dem Stichwort "interkulturelles Handlungstraining) in Verbindung gebracht und für einen Unterricht Wirtschaftsdeutsch in China nutzbar gemacht werden können.
Religiosität der Gegenwart ist geprägt durch Vielfalt und Individualisierung. Wie kann man sie systematisch beschreiben? Was sind ihre Ausdrucksformen? Welche Lebensbedeutungen werden mit den verschiedenen Religiositäten verknüpft? Mit impliziter Religiosität wird ein weit gefasstes Religiositätskonstrukt vorgestellt, das verborgene Formen der Religiosität zu identifizieren vermag. Grundlage ist die Entwicklung einer interdisziplinären Theorie, die drei universalreligiöse Komponenten postuliert: Mythos, Rituale und Transzendierungserlebnisse. Die Komponenten werden mit Blick auf ihre Deutungsgeschichte, ihre Aktualität und psychologische Bedeutung dargestellt und als Ausdrucksformen von Sinnstiftung untersucht. Im Rahmen einer qualitativen Erhebung werden sie empirisch mit Inhalten und subjektiven Bedeutungen angereichert. Anhand der Inhalte erfolgt eine phänomenologische Darstellung impliziter Religiosität(en), deren Grundgerüst aus einer statistischen Datenanalyse abgeleitet wird. Die in der Erhebung identifizierten Lebensbedeutungen werden psychometrisch erfassbar gemacht und der resultierende Fragebogen zu Lebensbedeutungen (LeBe) ausführlich dargestellt. Er erlaubt die reliable und valide Erfassung einer breiten Palette von Lebensbedeutungen sowie der subjektiv erlebten Sinnerfüllung. Von besonderem Interesse sind nicht zuletzt die Beziehungen zwischen Sinnerfüllung, Lebensbedeutungen und Persönlichkeit. Ergebnisse einer Fragebogenstudie weisen darauf hin, dass Persönlichkeitseigenschaften nur moderat mit dem Ausmaß der Sinnerfüllung korrelieren, dass aber enge Zusammenhänge zu den verwirklichten Lebensbedeutungen bestehen. Das vorliegende Werk stellt theoretische wie auch praktische Ansätze vor, die eine systematische Erhellung der Religiosität der Gegenwart ermöglichen. Obwohl diese bisher vor allem als idiosynkratisch und beliebig angesehen wurde, kann gezeigt werden, dass auch neue Formen der Religiosität sich in Denk-, Verhaltens- und Erlebensmustern ausdrücken, die als typisch für traditionelle, explizite Religiosität gelten. Weit entfernt davon, reiner Modetrend zu sein, dient implizite Religiosität dem Ausleben und Ausdruck persönlich relevanter Lebensbedeutungen. Auch wenn Blickwinkel und Methodik des Buches vorwiegend psychologisch geprägt sind, können doch auch Leser mit soziologischem, theologischem oder kulturwissenschaftlichem Interesse von den Erkenntnissen profitieren.
Mit der Globalisierung des Tourismus und der Technisierung der Tourismusbranche hat die Bedeutung elektronischer Tourismusmärkte im Zeitablauf zugenommen. In dem Zusammen-hang ist das Internet in jüngster Zeit zunehmend in den Mittelpunkt der öffentlichen und wissenschaftlichen Debatte gerückt, da es zum einen seitens der Tourismuswirtschaft ver-stärkt zur weltweiten Vermarktung von Angeboten und zum anderen auch von den Nachfragern vermehrt als Informations- und Buchungsmedium genutzt wird. Der Vergleich zwischen traditionellen und elektronischen Märkten zeigt, dass sie durch eine Vielzahl von Merkmalen gekennzeichnet sind. Beiden Marktmodellen ist jedoch das Zusammenführen von Anbietern und Nachfragern gemeinsam. Bereits bei der historischen Agora, dem Marktplatz des antiken Athen, wo griechische Händler Waren und Neuigkeiten aus aller Welt austauschten, handelte es sich um einen Raum der Rhetorik, des Marketings und der Public Relations. Das grundsätzlich Neue an elektronischen Tourismusmärken, wie dem Internet, ist, dass sie virtuelle Begegnungsräume darstellen und durch ihre Ubiquität eine globale und augenblickliche Reichweite erlangen. Aufgrund dieser besonderen Eigenschaften erhalten Tourismusanbieter die Möglichkeit, weltweite Länderzielgruppen schneller und einfacher zu bewerben, was aufgrund des zunehmenden internationalen Wettbewerbs von strategischer Relevanz ist. Vor diesem Hin-tergrund gewinnt auch die Erschließung neuer touristischer Quell- und Wachstumsmärkte, z.B. der Asien-Pazifik-Region, wo sich Tourismus und Internetnutzung stark entwickeln, eine besondere Bedeutung für Anbieter touristischer Leistungen. Es stellt sich jedoch die Frage nach den Merkmalen des touristischen Konsumverhaltens unterschiedlicher Nationalitäten im Internet und den Strategien von Tourismusunternehmen zur Vermarktung von Angeboten an verschiedene Länderzielgruppen. Um diese Problematik zu klären, wird im Rahmen einer Untersuchung zum touristischen Konsumverhalten im Internet das Internetnutzerverhalten verschiedener Nationalitäten am Beispiel Deutscher, Australier, Neuseeländer und Singapurer analysiert und im Kontext der aktuellen Diskussion zur Theorie der Standardisierung des Konsums hinterfragt.