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FAMILIE LEDEBOER: TERUGKEER NAAR NEDERLAND (1926) ist einer der wenigen noch heute erhaltenen Familienfilme aus der niederländischen Kolonie Nederlands-Indië, dem heutigen Indonesien. Der Dokumentarfilmer Willy Mullens zeigt hier das Verhältnis der niederländischen Kolonialherren und ihren kolonisierten Anderen in einer sehr persönlichen, wenngleich auch nicht alltäglichen Form. Anlässlich der Rückkehr der Familie in die Niederlande werden ausgewählte Begegnungen zwischen der Familie Ledeboer und ihren Angestellten dargestellt, in denen der abstrakte, kolonial-ideologische Gegensatz zwischen dem "Selbst" und dem "Anderen" konkrete Form annimmt. Obgleich der Film den Daheimgebliebenen zeigen sollte, wie man in der Kolonie lebt und wie es einem in der Fremde ergeht, sollte zugleich durch Bilder von Ordnung und Stabilität und die Betonung der Loyalität der Angestellten und der guten Fürsorge über diese die Kolonialideologie einer weißen Überlegenheit gestützt werden. Dies gewinnt insbesondere vor dem Hintergrund zunehmender Konflikte und eines aufkeimenden Nationalismus in der Kolonie und einer damit einhergehenden Infragestellung der kolonialen Ordnung zu dieser Zeit an Bedeutung. Der Familienfilm diente so zur Konstruktion von Normalität und zur Bestätigung der eigenen Identität als Familie und als Europäer in der Fremde, zur Bestätigung von Status und Zugehörigkeit und zur Vergewisserung des eigenen Selbstbildes auf der individuellen wie auch kollektiven Ebene. Dennoch bleibt die Darstellung des Verhältnisses von Kolonialherren und Kolonisierten ambivalent. Obschon versucht wird, bei aller Fürsorglichkeit auch soziale Distanz und Überlegenheit zu transportieren, merkt man dem Umgang auch die Vertrautheit der tagtäglichen Nähe und Interaktion an.
Der Aufsatz ist eine launige Hommage an das Frühe Kino. Er lässt die zeitgenössischen Quellen sprechen, die belegen, wie in den Pionierjahren des Films, vor dem Ersten Weltkrieg, das Ereignis "Kino" wahrgenommen wurde. Erinnert wird somit an einen Abschnitt der Filmgeschichte, der zu unrecht vergessen wurde bzw. ein Schattendasein führt - gemessen am nachfolgenden Schema der Langfilme und der zivilisierten Lichtspieltheater.
Ausgelotet wird in diesem Aufsatz das Spektrum der ästhetischen und technischen Entwicklung des ältesten Genres, das der Film hervorgebracht hat: der Reisefilm. Schwerpunkt der Analyse ist das Frühe Kino und dessen filmästhetische Besonderheiten. rnNeue experimentelle Formen - wie die "Cartes postales Video" von Robert Cahen und filmkünstlerische Verwandlungen historischer Reisefilme durch die Mailänder Künstler Yervant Gianikian und Angela Ricci Lucchi - greifen zeitgenössisch auf dieses kreative Potential der Frühzeit des Kinos zurück. rn
Die Untersuchung zeichnet die Geschichte des frühen Kinos in der lothringischen Kleinstadt St. Avold bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges nach und arbeitet wesentliche Charakteristika des lokalen Kinogewerbes in diesem Zeitraum heraus; sie stützt sich dabei vor allem auf die Bestände der zeitgenössischen deutschsprachigen Lokalzeitungen in den Archives municipales de Saint-Avold. Für St. Avold lassen sich vom ersten Nachweis eines Wanderkinematographen im Jahr 1901 bis 1914 drei Phasen der Kinogeschichte unterscheiden, die getrennt betrachtet werden: die Phase der Wanderkinematographie bis 1908, eine Übergangsphase vom Wanderkino zum ortsfesten Kino, in der zumindest zeitweilig eine kontinuierliche Kinoversorgung gewährleistet war, sowie die Phase des ortsfesten Kinos ab Dezember 1910. Besonderes Augenmerk gilt den Wanderkinematographen, die bis in die Zeit des ortsfesten Kinos die Stadt bereisten " der letzte Besuch eines Wanderkinos ist für das Jahr 1911 belegt. Ausgehend von einem Überblick über Akteure und Unternehmen werden Eintrittspreise und Besucherstruktur, Aufführungssituation und Programm, mögliche Konkurrenzsituationen, Werbestrategien der Kinematographenbetreiber und die öffentliche Wahrnehmung des Kinos in St. Avold betrachtet; dabei finden auch Filmvorführungen des Flottenvereins und anderer Institutionen und Vereinigungen Berücksichtigung. Was die Untersuchung der Kinematographenprogramme betrifft, so kann im Rahmen der Arbeit " nicht zuletzt aufgrund der Quellenlage " keine vollständige Programmstrukturanalyse vorgenommen werden. Stattdessen wird exemplarisch versucht, anhand jeweils eines vollständig überlieferten Programms aus der Übergangsphase und der Zeit des ortsfesten Kinos Tendenzen der Programmierung aufzuzeigen. Die Studie zeigt, dass die Entwicklung der Kinolandschaft in der Kleinstadt St. Avold im Vergleich zu größeren Städten verzögert ablief. Für die Zeit vor der Eröffnung des Eden-Theater-Kinematographen ist darüber hinaus festzustellen, dass Saalspieler häufiger belegt sind als Jahrmarktkinematographen. Ein Grund dafür war neben der größeren Flexibilität der Saalspieler bei der Wahl des Veranstaltungstermins möglicherweise auch das Transportproblem vom Bahnhof in die Stadt, das in erster Linie die Jahrmarktkinematographen mit ihren mobilen Kinobauten betraf. Die Befunde für St. Avold deuten darauf hin, dass in diesem Kontext aber auch die Größe der ambulanten Kinematographen eine Rolle gespielt hat. Im Gegensatz zur Wanderkinophase bis einschließlich 1908, in der gelegentlich noch große zeitliche Abstände zwischen den einzelnen kinematographischen Vorführungen lagen, ist die Übergangsphase 1909 bis 1910 dadurch gekennzeichnet, dass die Vorstellungen örtlicher Veranstalter teilweise kontinuierlich über mehrere Wochen stattfanden. Zwar war das Angebot kinematographischer Vorführungen und damit der Wettbewerb in diesem Zeitraum am größten, dennoch überschnitten sich die Aufenthalte der Kinematographen auch in dieser Phase nicht. Auch der Übergang vom Kurzfilm- zum Mischprogramm mit Lang- und Kurzfilmen erfolgte in St. Avold verspätet. Im Kontext des Programms der Übergangsphase und des ortsfesten Kinos muss auch die Bedeutung von Lokalfilmen hervorgehoben werden. Zwar ist keine der vier bis Kriegsbeginn nachgewiesenen Aufnahmen aus St. Avold erhalten, entsprechende Angaben in Anzeigen und Zeitungsberichten zeigen aber, dass mit Kirchausgängen und Kaiserparaden auch in der lothringischen Provinz die für diese Lokalbilder typischen Sujets aufgenommen wurden. Besondere Bedeutung kam den Aufnahmen offensichtlich bei der Differenzierung des Kinoprogramms im Wettbewerb der Kinematographenunternehmer zu: Die Quellen deuten darauf hin, dass die Anziehungskraft dieser Bilder über den städtischen Bereich hinaus wirkte.
Weibliches Publikum, Programmgestaltung und Rezeptionshaltung im frühen deutschen Kino (1906-1918)
(2009)
Die vorliegende Dissertation analysiert die wechselseitigen Einflussnahmen von weiblichem Publikum und der Kino-Programmgestaltung in der Zeit von der Gründung erster ortsfester Kinos um 1906 bis zum Ende des 1. Weltkrieges. Dabei bilden der Kinobesuch von Frauen, die Konstruktion von Geschlechteridentität im und durch das Kinoprogramm und der wechselseitige Einfluss von weiblichem Publikum und Programmgestaltung, sowie die Veränderung von Filmgenres und -längen und die Veränderung des Rezeptionsverhaltens das Paradigma der Analyse. Der Fokus auf das weibliche Publikum ist bewusst gewählt, da Frauen auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts einen großen Anteil am Kino-Publikum ausmachten. Dies ist besonders bemerkenswert unter der Prämisse, dass Frauen traditionell aufgrund der bürgerlichen Trennung zwischen privater und öffentlicher Sphäre nicht Teil eines öffentlichen Publikums waren. Daher liegt es nahe zu vermuten, dass das Auftreten dieses völlig neuen Publikumssegments nicht spurlos am Kino vorbeigegangen ist. Es hat Einfluss genommen auf die Filme, aber auch auf das Kino als Ort und die Programmierung seiner Filme. Das Aufkommen eines weiblichen Publikums bewirkte, so die Leitthese der vorliegenden Dissertation, eine Veränderung der Kinoprogrammstruktur weg vom diversen Nummerprogramm des "cinema of attractions", das kürzere Slapstick-Filme, Trickfilme sowie kurze Filme mit Spielhandlungen mit dokumentarischem Material verband hin zu einem Programm, dessen Hauptattraktion ein, oder maximal zwei lange Filme mit fiktionalem Inhalt waren. Auf der Grundlage zweier Lokalstudien zum Kinoprogramm zweier mittelgroßer deutscher Städte analysiert die vorliegende Arbeit den Prozess, in dem das von klassen- und geschlechtsspezifischer sowie kultureller Diversität geprägte frühe Kino, dem Heide Schlüpmann eine heimliche Komplizenschaft mit der weiblichen Emanzipationsbewegung des Wilhelminischen Deutschlands zuspricht, abgelöst wird durch ein stabilisiertes, institutionalisiertes, nationalisiertes deutsches Kino. Eingeführt und ergänzt wird die tiefergehende Analyse der Kinoprogramme der untersuchten Städte durch eine auf historischen Quellen beruhende Untersuchung der Struktur und Wahrnehmung des weiblichen Publikums und der Programm- und Aufführungsmodalitäten in der Zeit zwischen 1906 und 1913 sowie während des Ersten Weltkriegs.
Der Schritt vom Stumm- zum Tonfilm in den späten 1920er Jahren wird meist mit einem singulären, vermeintlich ausschlaggebenden Ereignis assoziiert, nämlich der Premiere von Alan Croslands Film THE JAZZ SINGER am 6. Oktober 1927 in New York. Dieser Film wird in zahlreichen wissenschaftlichen Abhandlungen zum Übergang vom Stumm- zum Tonfilm als entscheidender Faktor beschrieben, welcher dem Tonfilm schlagartig und endgültig durch seinen enormen wirtschaftlichen Erfolg zum Durchbruch verhalf. Ferner soll dieser Erfolg auch die seinerzeit vermeintlich kurz vor dem Bankrott stehende Produktionsfirma Warner Bros. vor dem Ruin bewahrt haben. Diese Arbeit behandelt neben dem Mythos über die vermeintlich überwältigenden Auswirkungen von THE JAZZ SINGER hinaus noch weitere filmhistorische Legenden um den Film sowie seine tatsächliche Rolle innerhalb der ökonomischen Aktivitäten der Firma Warner Bros. Zu diesem Zweck wird die filmwissenschaftliche Kontroverse zwischen den zwei amerikanischen Autoren Douglas Gomery und Donald Crafton um die legendäre (und deshalb zweifelhafte) Bedeutung von THE JAZZ SINGER für den Wandel vom Stumm- zum Tonfilm untersucht - eine Darstellung eines wichtigen Diskurses, welche in deutscher Sprache bislang ausblieb.
Der Aufsatz umreißt die Konkurrenz auf kulturpolitischem Gebiet zwischen den beiden deutschen Staaten. Im Zentrum steht das neu erfundene Genre des Indianerfilms, das sich aus DDR-Sicht deutlich von den populären Karl-May-Filmen des Westens absetzen wollte. Leider mußte aus Kostengründen weitgehend auf Abbildungen verzichtet werden.
Auf Grundlage der Erschließung und Analyse des reichhaltigen Konvoluts an Kinoanzeigen in der Freiburger Zeitung beschreibt die Arbeit die Etablierung des Starsystems im Kinogewerbe vor dem Ersten Weltkrieg (1911-1914) am lokalen Beispiel der Stadt Freiburg im Breisgau. Im Zentrum stehen die Werbestrategien der Kinobetreiber, die dem Zeitung lesenden Publikum in ihren Inseraten den Besuch von langen Spielfilmen mit der dänischen Schauspielerin Asta Nielsen nahelegen. rnDie Kinoanzeigen in der Lokalpresse überliefern eine wichtige zeitgenössische Schnittstelle zwischen Filmindustrie und Kinopublikum. Sie enthalten die maßgebliche Information und Werbung zu einzelnen Filmprogrammen für potentielle Kinobesucher aus den "besseren" Kreisen. Chronologisch an den Freiburger Kinoanzeigen voranschreitend zeigt die Arbeit zunächst die innovativen Merkmale des Verleihs einzeln angebotener Filme mit Asta Nielsen bis hin zu Asta-Nielsen-Serien: Exklusiver Monopolfilmverleih, Blockbuchen von ganzen Filmserien im Voraus und die zunehmende Fokussierung der inhaltlichen und formalen Gestaltung der Kinoanzeigen auf die Hauptdarstellerin als ausschlaggebenden Werbeträger werden ausführlich dargestellt. Asta Nielsen wird als Marke beworben " gegenüber der Hauptdarstellerin treten die wechselnden Titel ihrer Filme in den Hintergrund.rnDie konkurrierenden Kinounternehmen antworten mit der Aufbietung der Namen von Autoren (wie Leo Tolstoi oder Charles Decroix), von fiktionalen Figuren wie dem Detektiv Nick Winter oder Komikern wie "Max" (Max Linder) oder "Moritz" (Charles Prince) und von DarstellerInnen wie Henny Porten, Wanda Treumann, Suzanne Grandais oder Waldemar Psilander. Diese Gegenstrategien sind selbst Indizien für den Erfolg der auf den Star zentrierten Werbung für Asta-Nielsen-Filme. Die Ankündigung von Filmen mit der schwedischen Schauspielerin Ida Nielsen profitiert sogar direkt vom gelungenen Aufbau der Marke Asta Nielsen. Vergleichende Datenerhebungen zur Nennung von DarstellerInnen in den Kinoanzeigen der Freiburger Zeitung ergeben, dass Asta Nielsen mit weitem Abstand den Spitzenplatz einnimmt. Auf diese Weise demonstriert die Arbeit einmal mehr, dass der Medienumbruch vom Nummernprogramm zum langen Spielfilm in Freiburg an den Kinoanzeigen für Asta-Nielsen-Filme signifikant abzulesen ist.