Die Frage, wie die Lesekompetenz der Lernenden effizienter entwickelt werden kann, beschäftigt die Leseforschung im Bereich Chinesisch als Fremdsprache (ChaF) seit vielen Jahren. Bis heute werden dabei schriftstrukturelle Aspekte in den Vordergrund gestellt, so z. B. die Frage, wie den Lernenden der Aufbau der Schriftzeichen systematisch näher gebracht werden kann oder auch korpusrelevante Ansätze, die in Sammlungen hochfrequenter Schriftzeichen und Wörter ihren Niederschlag finden. So sinnvoll diese Herangehensweisen beispielsweise für die Entwicklung von Lehrwerken sind, so bleibt doch festzuhalten, dass die Wortebene (Wortschatzkenntnis und Worterkennung), die den Befunden der L1- und L2-Leseforschung zufolge der Schlüssel für das Verstehen von Texten ist, bis heute sowohl in der lesedidaktischen Diskussion als auch in den Lehrwerken stark vernachlässigt wird. In den letzten zwanzig Jahren ist von Seiten der ChaF-Leseforschung, insbesondere in den USA und in China, eine Reihe von psycholinguistischen Studien zur Entwicklung der Lesekompetenz, der Worterkennung und von Wortschatzkenntnissen sowie zur Beziehung dieser Kompetenz- und Wissensbereiche publiziert worden. Auch der Leseprozess geübter L1-Leser ist inzwischen gut erforscht. Allerdings lassen sich aus den Ergebnissen einzelner psycholinguistischer Studien, in denen unter Anwendung unterschiedlicher Forschungsparadigmen bestimmte Subprozesse des Lesens untersucht werden, nicht direkt Schlussfolgerungen für die nach kohärenten Erklärungen des Leseprozesses verlangende Lesedidaktik ziehen. Für die Entwicklung eines evidenzbasierten Ansatzes zur wortschatzzentrierten Lesevermittlung in ChaF wurde daher in der vorliegenden interdisziplinären Studie die gesamte relevante empirische Evidenz zum Lesen und zur Wortverarbeitung in ChaF kritisch im Rahmen konsensfähiger Theorien zur Sprachverarbeitung analysiert. Ergebnis dieser Analyse war, dass " ebenso wie in anderen Fremdsprachen auch " umfassende und gut vernetzte Wortschatzkenntnisse sowie eine automatisierte Worterkennung, die den zuverlässigen Abruf phonologischer Informationen mit einschließt, Grundvoraussetzungen für das fließende Lesen chinesischer Texte sind. Gleichzeitig verdeutlichen die empirischen Befunde auch, dass der Erwerb vertiefter Wortschatzkenntnisse aufgrund der sprachlichen Distanz des Chinesischen für westliche ChaF-Lernende eine große Herausforderung darstellt. Auch die Entwicklung der Worterkennung ist aufgrund der phonologischen Intransparenz der chinesischen Schrift und auch weil beim Lesen eine zusätzliche Wortsegmentierung vorgenommen werden muss, mit großen Schwierigkeiten verbunden. Im letzten Kapitel der Dissertation werden Empfehlungen für eine wortschatzzentrierte Lesedidaktik formuliert, die Ansätze aus der evidenzbasierten westlichen L2-Lesedidaktik mit der traditionellen Methode des lauten Lesens verbindet und die den Lernenden gleichzeitig die Möglichkeit bietet, im Rahmen inhaltsbezogener rezeptiver, reflexiver und produktiver Übungen aktiv mit chinesischen Wörtern umzugehen und deren Verwendung wiederholt einzuüben.
Die vorliegende Studie untersucht die Besonderheiten diskursiver Strategien, sowie struktureller und sprachlicher Merkmale der japanischsprachigen Textsorte Literatur-Rezension. Auf der Grundlage der herausgearbeiteten textlinguistischen Merkmale werden Didaktisierungsbeispiele für den Fachtext-Leseunterricht entworfen. Ziel ist somit der Entwurf einer textlinguistischen Fundierung der (Fach-)textlektüre am Beispiel der Textsorte Rezension.
Die Materialbasis der vorliegenden Studie bilden 45 Rezensionen literarischer Neuerscheinungen aus dem wöchentlich erscheinenden Rezensionsorgan Tosho shinbun (Die Bücherzeitung) des Jahres 1999.
Die Kriterien für die Analyse werden aus einem Modell des Textsortenwissens von Fix 2006 abgeleitet (Teil I). Bei der Analyse stehen daher Aspekte im Zentrum, die den Aufbau von Wissen (Schemata) über die Textsorte bzw. Textsortenkonventionen und deren struktureller und sprachlicher Realisationen dienen können. Übergeordnete Phänomene wie Tempusgebrauch oder Fachsprachlichkeit werden ebenfalls untersucht. Eine quantitative Auswertung der Ergebnisse ermöglicht Rückschlüsse auf die didaktische Relevanz eines beobachteten Phänomens (Teil II).
Kriterien zur Textauswahl und Progression bei der Didaktisierung ausgewählter Rezensionen liefert ein Ansatz von Sandig 2000, die eine Klassifizierung von Texten auf der Grundlage der Prototypentheorie vorschlägt. Danach verdichten sich bestimmte Kommunikationsmuster zu mentalen Textschemata mit unterschiedlichen Ausprägungen je nach Prototypikalität der Texteigenschaften.
Das konstruktivistische Leseprozessmodell von Wolff 1990 schließlich liefert die Vorgaben, nach denen die Ergebnisse der Textanalyse anhand ausgewählter Beispiele lesedidaktisch aufbereitet werden (Teil III).
Der Anhang (Teil IV) bietet eine Zusammenstellung von in den untersuchten Rezensionen verwendeten Ausdrücken, der sich auf die Darstellung, Interpretation, Analyse und Bewertung von literarischen Werken beziehen.