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Der 1581 erstmals erschienene Recueil de l'origine de la langue et poesie françoise von Claude Fauchet (1530-1602) kann als die erste systematische Darstellung altfranzösischer Literatur betrachtet werden. Im zweiten, wissenschaftlich besonders relevanten Teil des Recueil werden viele der Werke ausschnittweise zitiert, kommentiert und auch bereits unterschiedlichen Gattungen zugeordnet. Diese Vorgehensweise war im 16. Jahrhundert außergewöhnlich, nach heutigen Maßstäben wird sie beinahe als wissenschaftlich modern angesehen. Der erste Teil des Recueil ist dagegen völlig anders gestaltet und entspricht weit mehr den Interessen der Leserschaft des 16. Jahrhunderts. Hier werden Fragestellungen zur Sprach-geschichte und Sprache im Allgemeinen sowie des Französischen im Besonderen behandelt. Fauchets Betrachtungen zeigen bereits sprachwissenschaftliche Zusammenhänge auf, die auch aus heutiger Sicht wichtige Aspekte für die Entwicklung von Sprachen darstellen. Die in dieser Arbeit vorgelegte kommentierte Übersetzung des Recueil ermöglicht nicht nur eine leichtere Zugänglichkeit zu diesem Werk, sondern auch, da es sich um eine weitgehend wörtlich angelegte Übersetzung handelt, Fauchets Ausdrucksweise und Gedankengänge weit-gehend originalgetreu nachzuvollziehen. Die angeführten Kommentare erlauben erstmals einen systematischen Überblick über die Literatur, die Fauchet im Recueil verwenden konnte und die zum Teil in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Fauchets Umfeld rezipiert wurde. Diese neue Ausgabe ermöglicht es, den Recueil anhand der Kommentare in einen aktuellen literaturgeschichtlichen Kontext zu stellen und somit seinen hohen Stellenwert für die französische Literaturwissenschaft aus einer aktuellen Perspektive neu zu erkennen.
Medizin und die Psychologie in zwei Werken Émile Zolas: "Son excellence Eugène Rougon" und "Le Rêve"
(2005)
Émile Zolas 20-bändiger Zyklus der Rougon-Macquart ist in der Forschung eingehend behandelt worden. Forstet man die einschlägigen Bibliographien, Schlagwortverzeichnisse, EDV-Kataloge oder Datenbanken durch, so fällt auf, dass Werke wie Germinal, Nana oder L'Assommoir unter den verschiedensten Blickwinkeln analysiert worden sind. Zugleich aber bemerkt man, dass Son Excellence "Eugène Rougon" (1876) und "Le Rêve" (1888) zu den weniger bearbeiteten Romanen des Rougon-Macquart-Zyklus zählen. Bei Son Excellence Eugène Rougon konzentrierte sich die Forschung bislang hauptsächlich auf die Frage, inwieweit in diesem Roman die politische und historische 'Wirklichkeit' wiedergegeben ist, bei "Le Rêve" auf so genannte mystische Aspekte. Die vorliegende Studie will zeigen, welche Funktion Medizin und Psychologie, die wie Physik und Chemie Pilotwissenschaften des 19. Jahrhunderts sind, in diesen beiden Romanen innehaben. Zwar hat auch die neueste Forschung, wie der folgende Bericht zeigen wird, der Rolle der Medizin und Psychologie im Hinblick auf den Rougon-Macquart-Zyklus durchaus Beachtung geschenkt, dabei aber die Werke Son Excellence Eugène Rougon und "Le Rêve" weitgehend außer Acht gelassen. Ein Grund dafür ist sicher darin zu sehen, dass mit Ausnahme einer - eher beiläufig erwähnten - ärztlichen Konsultation am Ende von "Le Rêve" (1) in keinem der beiden Romane eine Arztfigur vorkommt, so dass Medizin und Psychologie hier nicht durch einen "porte-parole" in den Vordergrund gerückt werden wie beispielsweise durch Doktor Cazenove in La Joie de vivre, Doktor Deberle in Une Page d'amour oder Doktor Pascal im gleichnamigen Abschlussroman des Zyklus. Ebensowenig agieren die Romanfiguren als Patienten, deren Krankheit anschaulich dargestellt würde, wie zum Beispiel die Kardiosklerose des Doktor Pascal (2). Dennoch sind Medizin und Psychologie, wie die vorliegende Studie darlegen will, weder in Son Excellence Eugène Rougon noch in Le Rêve außer Acht gelassen worden. Sie übernehmen in beiden Romanen wichtige Aufgaben: Die Dokumentation der Zeitgeschichte, die Plausibilisierung des Romangeschehens, die Sensibilisierung des Lesers und die Selbstbeobachtung des Autors. Der folgende Forschungsbericht gibt zunächst einen Überblick über die Medizin in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und nennt die für die Literatur relevanten Strömungen und Tendenzen. Danach werden die Wechselwirkungen von Medizin und Literatur sowie die wissenschaftliche Dokumentation Zolas in der Kritik dargelegt. Im Anschluss daran erfolgt die Aufarbeitung von vier zeithistorisch besonders bedeutsamen Themen, die für den Autor im Allgemeinen und für die medizinische Analyse der beiden Romane im Besonderen eine große Rolle spielen: Alkoholismus, Darwinismus, Hysterie und Religion. Diese Themen werden nach ihrer Beurteilung in der kulturgeschichtlichen, literaturwissenschaftlichen und medizinhistorischen Zola-Forschung zur Sprache gebracht. Auf dem Hintergrund dieser Aufarbeitung werden abschließend die offenen Fragen für Son Excellence Eugène Rougon und "Le Rêve" herausgestellt, die im Anschluss von der vorliegenden Studie untersucht und in einer kritischen Auseinandersetzung mit der Literatur diskutiert werden sollen. (1) Le Rêve, Bibliothèque de la Pléiade, Paris: Fasquelle et Gallimard, 1961, S.958. (2) Le Docteur Pascal, Bibliothèque de la Pléiade, Paris: Fasquelle et Gallimard, 1967, S.1174ff.
Im Jahr 1675 erscheinen in Köln die Memoiren der Herzogin von Mazarin: Hortense Mancini, Memoiren, die Aufsehen erregen, zunächst deshalb, weil eine Frau aus hohen Kreisen die Verfasserin ist, dann aber besonders auf dem Hintergrund des skandalösen Inhalts. Der Erfolg, vor allem bei dem Pariser Publikum, bleibt nicht aus: Jeder möchte Neuigkeiten ergattern über eine Ehe, die in aller Munde ist, aber man hofft auch, das eine oder andere Detail über den Hof und vor allem über Ludwig XIV. in Erfahrung zu bringen. Bereits ein Jahr später machen die Erinnerungen der Konnetabel von Colonna: Marie Mancini, einer Schwester Hortenses, von sich reden, eine Fälschung, die an den Erfolg der ersteren anknüpfen möchte und der ein großes Echo in der Öffentlichkeit beschieden ist. So verwundert es heute kaum, dass Maria sich genötigt sieht, ebenfalls zur Feder zu greifen, um eine Richtigstellung der in den apokryphen Memoiren verbreiteten Lügen und Diffamierungen entgegenzutreten. Sie nimmt den Skandal der Publizierung in Kauf und so erscheint 1678 in Leiden eine von Brémond überarbeitete Fassung, deren Titel "Apologie ou les véritables mémoires de Madame Marie Mancini, connétable de Colonna, écrits par elle-même" ist. Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob der Skandal, der durch die Publikationen hervorgerufen wird, beabsichtigt ist oder ob in Wirklichkeit eine Art von Selbstverteidigung dahintersteht: Wollten die beiden Frauen sich und ihre Ehre verteidigen, dies auch unter Inkaufnahme einer Bloßstellung in der damaligen Gesellschaft, in der sie auf dem Hintergrund ihres Verhaltens in der Ehe sowieso Zielscheibe diverser Angriffe und von Spott waren? Hierzu ist eine genaue inhaltliche, aber auch sprachlich-stilistische Untersuchung der Texte unter Berücksichtigung sonstiger Äußerungen der Hortense und Marie Mancini und ihrer Zeitgenossen notwendig, wobei zwischen den beiden Autorinnen wohl differenziert werden muss. Welche Rolle spielt Ludwig XIV., mit dem Marie eine Jugendfreundschaft verbindet und den auch Hortense bestens kennt? In welcher Beziehung stehen Skandal und Apologie? Inwieweit sind die Charaktere der beiden Frauen so unterschiedlich, dass sich dies auch auf die Beweggründe ihres Handelns auswirkt? Beide Verfasserinnen haben Gönner und Feinde, doch ist Hortense weitaus koketter und sonnt sich im öffentlichen Interesse am Skandal, während ihre Schwester zurückhaltender und diskreter erscheint. Sie schreibt ausdrücklich gegen ihren Willen, ob man ihr dies nun glaubt oder nicht, wohingegen Hortense Freude am Schreiben hat und gleichsam den Skandal nutzt, um sich noch mehr in das Licht der Öffentlichkeit zu begeben, was auch durch ihr weiteres Leben unterstrichen wird. Abgesehen von der philologischen und literaturgeschichtlichen Betrachtung haben die Memoiren der beiden Schwestern neben einer Bedeutung im geographisch-politischen Kontext ebenso eine gesellschaftlich-soziale Relevanz bzw. eine frauenemanzipatorische Dimension, die sie auch für den heutigen Leser noch gewinnbringend und interessant erscheinen lassen.